Eine Brücke in die Gegenwart
11. Station auf dem Stelenweg "Jüdisches Leben in Bochum" eingeweiht

Jugendliche des Jugendzentrums in Laer präsentierten zur Einweihung der 11. Station des Stelenwegs die Ergebnisse ihrer Recherche-Arbeiten. Fotos (2): Molatta | Foto: Andreas Molatta
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  • Jugendliche des Jugendzentrums in Laer präsentierten zur Einweihung der 11. Station des Stelenwegs die Ergebnisse ihrer Recherche-Arbeiten. Fotos (2): Molatta
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Passend zum jüdischen Feiertag Simchat Tora, dem Freudenfest auf die Tora, wurde jetzt in Bochum-Laer die elfte Stele zum Jüdischen Leben in Bochum und Wattenscheid eingeweiht: Der Stelenweg, ein Projekt der Evangelischen Stadtakademie Bochum unter der Regie ihres ehemaligen Leiters Dr. Manfred Keller, wächst damit weiter.

Die Erinnerungstafel blickt auf die jüdische Einwanderung der 1990er Jahre und das provisorische Gemeindezentrum in Laer in den Jahren 1995 bis 2007 zurück.

Recherche von Jugendlichen

Dass bei der Einweihungsfeier auf dem Platz vor der ehemaligen Fronleichnamskirche an der Alten Wittener Straße so viele junge Gesichter zu sehen waren, ist kein Zufall: Die Inhalte der Info-Tafeln recherchierten Jugendliche der Offenen Tür Laer unter Leitung von Stephan Kosel gemeinsam mit der AG Stelenweg. Bei einem gemeinsamen Seminarwochenende in Valbert beschäftigen sich die Jugendlichen intensiv mit dem jüdischen Leben in Laer, angeleitet von Manfred Keller und dem unlängst verstorbenen Bochumer Historiker Hubert Schneider. Die Ergebnisse ihrer Recherche präsentierten die Jugendlichen nun auch den Besuchern der Einweihungsveranstaltung.
Die neue Stele skizziert zunächst die Neuanfänge der Jüdischen Gemeinschaft in Bochum nach 1945. Ausführlich wird danach die Einwanderung jüdischer Kontingentflüchtlinge nach dem Zerfall der Sowjetunion in den 1990er Jahren dargestellt. Da sich ein Großteil der Zuwanderer, die der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Recklinghausen zugeteilt wurden, in Bochum ansiedelte, wurde eine Anlaufstelle notwendig, die die Stadt Bochum 1995 im Gebäude an der Alten Wittener Straße einrichtete.
Auf der zweiten Seite der Stele ist die Entwicklung jüdischen Lebens in dem provisorischen Gemeindezentrum mit allen Problemen und Chancen nachgezeichnet. Im Mittelpunkt stehen die Integrationsleistungen der Gemeinde und die Entwicklung eigener Aktivitäten der Zuwanderer in ihrer neuen Heimat.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Gründung der neuen „Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen“ am 1.1.1999. Sie entwickelte sich zur zweitgrößten jüdischen Gemeinde im Ruhrgebiet. Das anhaltende Wachstum führte zum Entschluss, in Bochum eine neue Synagoge zu bauen.
"Die Aufrichtung einer Stele zum jüdischen Leben in unserer Stadt ist ein Zeichen und ein Bekenntnis. Jede einzelne der elf Stelen, die wir in Bochum aufgestellt haben, ist ein Zeichen gegen Antisemitismus und Bekenntnis für jüdisches Leben, für sein Recht und für seinen Schutz", so Initiator Manfred Keller in seiner Rede zur Einweihung der neuen Tafel.

Bereits die zweite Station im Bochumer Osten

Die 11. Stele ist zugleich die zweite Stele im Bochumer Osten. Darauf wies Bezirksbürgermeister Dirk Meyer in seinem Grußwort zur Einweihung hin, ebenso auf die vielfältigen politischen Aktivitäten des Bezirks für ein friedliches Miteinander.
Auch Carina Gödecke, langjährige Landtagsabgeordnete, war zur Einweihung gekommen: "Ich kann mich gut an den Start des 'neuen jüdischen Gemeindezentrums' in Laer erinnern. Nicht nur, weil es mitten in meinem Wahlkreis war, sondern weil ich seit 1962 in Laer lebe." Jede Stele dieses Projektes mache jüdisches Leben - in Vergangenheit und Gegenwart in Bochum sichtbar, informiere und sensibilisiere. "Und zugleich ermahnen uns die Stelen, sorgsam und aufmerksam zu bleiben: 'Nie wieder' hat leider nichts an Aktualität verloren. Jede Form von Antisemitismus trifft auf unseren entschiedenen Widerstand. Auch dafür steht die Stele in Laer."
Der "Stelenweg" ist ein vor über zwanzig Jahren von der Evangelischen Stadtakademie entwickeltes Projekt, das an jene Orte in der Stadt erinnert, die in besonderer Weise mit jüdischem Leben verbunden waren.

Ganzheitlicher Blick

"Erinnert werden soll an die ganze Geschichte des Zusammenlebens von Juden und Nichtjuden in unserer Stadt, die barbarische, aber ganz bewusst auch an die bereichernde Seite eines einvernehmlichen Miteinanders“, betont der Initiator Manfred Keller und macht damit deutlich, dass bei der Beschäftigung mit dem jüdischen Leben in Deutschland nicht nur auf die Schrecken in der Zeit des Nationalsozialismus geschaut werden dürfe. "Dieser Teil der deutschen Geschichte darf nie ausgeblendet, nie verharmlost und nie vergessen werden. Aber er darf auch nie das letzte Wort behalten, wenn wir die jüdische Geschichte in Deutschland und speziell in Bochum betrachten." Denn dem Ende, das mache gerade diese Stele deutlich, folgte ein Anfang: "Ein erster Anfang war der jüdische Betsaal im Alten Amtshaus an der Brückstraße, der 1947 eingerichtet wurde. Der zweite Anfang war im Jahr 1995 die Einrichtung dieses Hauses hier in Laer, in dem es unverhofft wieder ein vitales jüdisches Gemeindeleben gab. Der Betsaal an der Brückstraße und das Gemeindezentrum Laer sind die beiden Pfeiler, auf denen die Brücke ruht, die zur neuen Synagoge am Erich-Mendel-Platz führte. Das zeigt diese Stele." Das Festjahr "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" 2021 habe viel zur Wertschätzung und Sichtbarmachung jüdischen Lebens in Deutschland beigetragen.
„Wir danken deshalb dem Verein ,1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland‘ für die großzügigen Mittel zur Finanzierung der Stele. Unser Dank geht außerdem an die vielen Spenderinnen und Spender, die uns seit vielen Jahren und auch diesmal unterstützen“, ergänzt Dr. Anja Nicole Stuckenberger, Leiterin der Evangelischen Stadtakademie. Der Dank der Initiatoren ging bei der Einweihungsveranstaltung auch an den Caritas-Verband Bochum für die Aufnahme der Stele auf dem Kirchengelände. "Ein schönes Beispiel ökumenischen Handelns", so Manfred Keller.

  • Begleitet wird der Stelenweg ab dem 28. Oktober mit einer Ausstellung im Stadtarchiv, das die 22 Infotafeln zum Stelenweg zeigt.
  • Außerdem ist von Manfred Kellers Buch „Im jüdischen Bochum - Spurensuche auf dem Stelenweg“ ein Nachdruck erschienen im Bochumer Verlag Gimmerthal, 112 Seiten, mit zahlreichen, teils farbigen Abbildungen. Das Buch ist in jeder Buchhandlung und in der Stadtakademie erhältlich.
Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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