Rechtsprechung im Sinne der Finanzkonzerne?
Banken dürfen ohne Begründung Konten kündigen

Kundgebung vor dem Verfahren gegen Kontokündigung eines Treuhänders einer Partei mit offenem Mikrofon | Foto: www.rf-news.de
  • Kundgebung vor dem Verfahren gegen Kontokündigung eines Treuhänders einer Partei mit offenem Mikrofon
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Nach einem Urteil des BGH (Bundesgerichtshof) vom 15.01.2013  - XI ZR 22/12) dürfen Banken (nicht Sparkassen) Kundenkonten ohne Begründung ordentlich kündigen. Dieses Urteil des BHG ist m.E. nach verfassungswidrig, da es die Banken gegenüber dem Kunden eindeutig bevorteiligt.

Obwohl die politische Weltanschauung der Kunden nach Angabe der Banken keine Rolle spielt,  wurde bei einer linken Partei das Konto bei der Commerzbank des Treuhänders dieser Partei aus sehr wahrscheinlichen politischen  Gründen gekündigt. Der ehemalige Vorsitzende dieser Partei, der MLPD, wurde durch eine verdeckte Ermittlung durch den Verfassungsschutz als Gefährder eingestuft. Dieser Vorwurf wurde durch juristische Gegenwehr der Beschuldigten deutlich entkräftet.

Trotzdem hat die Commerzbank die Konten des ehemaligen Parteivorsitzenden und jetzigen Treuhänders der MLPD  sowie seiner Frau, aber auch der Vorsitzenden der Organiation ICOR und der jetzigen Parteivorsitzenden gekündigt. Ich habe heute persönlich an einer Kundgebung der Partei MLPD vor dem Landgericht in Essen teilgenommen und später im Gerichtssaal die Verhandlung um eine Kontokündigung eines Treuhänders dieser Partei verfolgt. Das Urteil des Gerichts war voll im Interesse der Commerzbank: Die Kündigung des Kontos war rechtmäßig. Dabei bezog sich der Richter ausschließlich auf das Urteil des BGH. Indizien der MLPD, dass die Kündigung vielleicht auf die verdeckten Ermittlungen des Verfassungsschutzes zurückzuführen sein, wurden vom Gericht ignoriert.

Im Übrigen bezog sich das Urteil des BGH auf Konten einer faschistischen Partei, nämlich der NPD. Das Landgericht Essen meinte, dass dieses Urteil des BGH auch für alle linken Parteien gelte.

Dazu zitiere ich einen tagesaktuellen Bericht auszugsweise (Quelle: rf-news.de)

Heute verhandelte das Landgericht Essen in einer zweiten Verhandlung über die Klage von E., Leiter des theoretischen Organs der MLPD, und seiner Ehefrau gegen die Kündigung ihrer Konten durch die halbstaatliche Commerzbank (Aktenzeichen 6 O 198/21). Diese hatte das Konto der beiden im April 2021 ohne Angabe von Gründen gekündigt und die Kündigung im September wiederholt, weil die erste schwere Formfehler enthalten hatte.

Rechtsanwalt Frank St. informiert: „Das Gericht gab der Commerzbank in vollem Umfang Recht. Und das, obwohl ausführlich dargelegt wurde, dass die Kontokündigungen nur dadurch zu erklären sind, dass ausgehend vom Bundesamt für Verfassungsschutz gegen E. mindestens bis Juni 2020 eine verdeckte europaweite Fahndung organisiert worden war." Daraufhin wurden E. vier Kontoverbindungen von unterschiedlichen Instituten gekündigt. Auch das Konto von Monika Gärtner-E. (Internationalismusverantwortliche der MLPD), gegen die auch gefahndet wurde, wurde von der Commerzbank gekündigt. So wird gezielt die Geschäftstätigkeit von E. untergraben, der als Treuhänder der MLPD in Finanzfragen natürlich auf Konto- und Bankverbindungen angewiesen ist. Entsprechend richtete sich die Kontokündigung auch gegen die MLPD, eine zugelassene demokratische Partei, die gerade bei den Landtagswahlen in NRW antritt.

„Jeder im Saal wusste, dass es sich um eine politisch motivierte Kündigung handelt", meinte ein Prozessbesucher zur Verhandlung. Das Gericht wischte all das vom Tisch und rechtfertigte die Commerzbank mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs, nach dem für Banken Art. 3 Grundgesetz mit seinem Willkürverbot nicht gilt.

E. „Das ist eine erhebliche Verschärfung der Rechtsprechung, hatte doch die MLPD in der Vergangenheit eine ganze Serie von Prozessen gegen Kontokündigungen gewonnen. Das ist ein Freibrief für Großbanken und andere Konzerne, willkürlich ihre Monopolstellung auszunutzen, um demokratische Rechte und Freiheiten zu beschneiden." Hier hat offenbar die Diktatur der Monopole ihren Arm deutlich in den Gerichtssaal ausgestreckt, was unterstreicht, dass man keine Illusionen in die Klassenjustiz haben darf.

Rechtsanwalt Peter W.: „Es ist klar, dass wir gegen das Urteil beim Oberlandesgericht Hamm in Berufung gehen werden. Auch in der Rechtsprechung weht der Wind von rechts und das wird sich in diesen Krisen- und Kriegszeiten noch verschärfen. Hier geht es nicht nur um die Rechte von E. und der MLPD, sondern ganz grundsätzlich um den Erhalt und die Erweiterung demokratischer Rechte und Freiheiten gegen die Rechtsentwicklung.“

Lässt man politische Gründe für Kontenkündigungen außen vor, ist eine Kündigung eines Vertrages (dazu zählt der Kontoführungsvertrag mit einer Bank) ohne Begründung einer schwerer Verstoß gegen Treu und Glauben und kann verglichen werden mit einer ordentlichen Kündigung eines Mietvertrages ohne Begründung, was jedoch rechtswidrig ist!

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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