Erziehung stirbt aus

Das Wort „Erziehung“ wird wohl bald aus unserem Wortschatz verschwunden sein. Wenn das geschieht , dann wird noch ein zweites Wort gleichzeitig verschwinden. Es heißt „Verantwortung“.
Das Wort „Erziehung“ ist natürlich ein altes Wort mit einem düsteren Nachgeschmack. Viele müssen bei diesem Wort auch gleichzeitig an Züchtigung denken. Früher wurden die Kinder geschlagen, wenn man sie erzogen hat. Diese Art von „Erziehung“ ist natürlich Vergangenheit oder sollte zumindest der Vergangenheit angehören. Die heutigen Eltern wollen nicht mehr erziehen , sondern ihr Kind begleiten. Hört sich natürlich auch schön an. Das Kind wird auf seinen Weg in seinem Leben „begleitet“. Eine wunderschöne Traumvorstellung und es ist auch so einfach. Die Eltern ziehen sich aus der Verantwortung.

Von kleinauf wird das Kind mit Fragen bombadiert. Möchtest du noch was essen? Was sollen wir heute kochen? Was möchtest du heute gerne machen? Schon Zweijährige müssen entscheiden, was Mutter heute auf den Tisch bringt. Das Kind übernimmt die volle Verantwortung. Die Mutter lehnt sich zurück und zeigt auf das Kind, wenn der Vater sich beklagt warum es schon zum dritten Mal diese Woche Nudeln mit Soße gibt. Und es macht den Kindern auch voll Spaß „Elternfragen“ zu beantworten und damit das gemeinsame Leben zu lenken. Es kommt sich schon so groß vor, wenn es das tägliche Leben mitbestimmen darf. So lernt es von jungen Jahren an, dass seine Antworten wichtig sind und es lernt Verantwortung zu tragen.
Etwas was das Kind aber in diesen Jahren brauch ist nicht „Verantwortung“ sondern „Geborgenheit“. Geborgenheit und Verantwortung passt nur nicht zusammen. Zumindest , wenn man Kind ist. Ein Kind fühlt erst Geborgenheit, wenn es weiß, dass jemand anderes die Verantwortung trägt. Und wenn es nur eine simple Frage ist wie : „ was sollen wir heute kochen?“ Wenn die Mutter stattdessen sagt, was heute auf den Tisch kommt ...gibt sie ihrem Kind damit Geborgenheit. Und wenn eine Mutter den Restaurant-Besuch beendet, weil das Kind sich unmöglich in diesem Restaurant aufführt…dann übernimmt sie Verantwortung . So zeigt sie ihren Kleinen, dass solches Verhalten Konsequenzen hat.
Auch ohne Schläge nennt man das Erziehung. Also Erziehung hat durchaus auch einen guten Aspekt. So lernt das Kind, dass Eltern die Verantwortung übernehmen und gleichzeitig erlebt das Kind ein Gefühl von Geborgenheit. Natürlich , wenn die Erziehung in einem vernünftigen Rahmen abläuft . Aber „ohne Erziehung“ kommen die Eltern nicht drumherum. Die Spätfolgen von früher Verantwortung muss das erwachsene Kind austragen. Dort wird es nach Geborgenheit suchen und die Verantwortung dafür bei den Eltern suchen. Aber dort wird sie es  nicht finden, weil die Eltern sagen: " Dafür übernehmen wir keine Verantwortung. Das hast du alles selbst gemacht" 

Autor:

Ruth Schindel aus Bochum

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