Geschichten und Geschichte aus Bochum-Nord
Start in Gerthe – Baumfällung rund ums Schulzentrum

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Keine 45 Jahre nach der prachtvollen Eröffnung des Neuen Schulzentrums an der Heinrichstraße, wurde heute der Grundstock für dessen schmucklosen Abriss gelegt. Alles was ringsherum in Jahrzehnten und sogar Jahrhunderte gewachsen ist, wird an einem Tag vernichtet. Versprochen ist, weit weg, auch viele neue Bäume zu pflanzen, die meisten davon im Gerther Mühlenbachtal, wo es noch schön grün ist, aber wenig Schatten. Dafür gibt es Schatten genug an der Heinrichstraße. Das geplante Schulzentrum wird um die Mittagszeit der Heinrichstraße und den gegenüberliegenden alten Zechenhäusern großflächig Schatten spenden, leider wenig Sauerstoff.

Die Heinrichstraße, benannt in Erinnerung an das Mitglied des Grubenvorstands von Lothringen, Heinrich Grimberg, entstand zwischen 1908-1909. Der untere Teil zwischen Castroper Hellweg und Schwerinstraße war für die neuen Arbeiterfamilien, hauptsächlich angeworben aus Osteuropa, gebaut worden. Sie waren mit Plumsklo, aber auch mit Ställen und Gärten ausgestattet. Der obere Teil der Heinrichstraße in Richtung Kirchharpener Straße war den höheren Zechenangestellten, wie Steiger und Betriebsführer, vorbehalten.

Da in den sechziger Jahren die Gerther Schullandschaft für die vielen SchülerInnen rund herum nicht ausreichte, wurde von 1968-73 ein neues Additives Schulzentrum mit Haupt-, Mittelschule und Gymnasium für Gerthe geplant und von 1975-77 gebaut, eingeweiht und bezogen.
Der rechte Teil der unteren Heinrichtraße, aber auch einige Häuser auf der Schwerinstraße, gegenüber von Hanholz, fielen der Abrissbirne vollständig zum Opfer. Ich habe einen Zeitungsartikel vom 15. November 1976 aufbewahrt und hinzugefügt. Hätte nie gedacht, dass ich dafür noch Verwendung habe. Titel und Foto: „Zechenhäuser fallen für ein neues Schulzentrum“.

Heute, 05. Februar 2021, fielen die meisten damals gepflanzten Bäume dem Neuen Schulzentrum mittels Fällkran zum Opfer, modernes Vernichtungswerkzeug.

Bis Februar 2025 soll an deren Stelle, das ganz Neue Gerther Schulzentrum gebaut und das alte Neue Schulzentrum abgerissen sein. Das gibt dann Platz für einen Bürgerpark und auch für ein paar neue Pflänzchen. Diese dürfen aber nicht so alt werden, da die Halbwertzeit für Städtische Neubauten drastisch gesenkt wird. Die Bauten der Siebziger werden gerade überall abgerissen, siehe Landgericht oder neues Rathaus BVZ. Sie sind abgeschrieben und müssten renoviert werden. So etwas können sich nur Privatleute leisten. Siehe die Zechenhäuser auf der linken Seite der Heinrichstraße. Sie sind erst 112 Jahre jung und können gut gepflegt noch einige Hundert Jahre existieren. Auch die alte HVK an der Brandenbuschstraße wird noch viele Neue Schulzentren überleben.

Schade, dass ich schon so alt bin, ich möchte wetten, dass das Ganz Neue Schulzentrum höchsten 30 Jahre den Anforderungen Stand hält. Neue Stadtplaner und Baudezernenten wollen sich auch verwirklichen.

Ich selbst habe viele Erinnerungen an das Gerther Schulzentrum. Die Kinder sind hier zur Schule gegangen und wir haben ganz tolle Feiern und Veranstaltungen mit ganz vielen GertherInnen hier erlebt. Unvergessen sind die Karnevalsbälle mit dem TV Gerthe. Die Aula wird uns fehlen!

Die Fällaktion rund ums Schulgelände ist leider nur der Auftakt für weitere Aktionen. Nach dem Motto „Das Grün muss weg!“ geht es mit Gerthe-West weiter. Auch die Kirche beteiligt sich an der Wegräum- und Zubetonier-Aktion rund um Gerthe. Der Kirchgarten und der Krankenhauspark werden bebaut. Alles nur für den guten Zweck. Wir brauchen mehr und bessere Wohnungen. Alles für ein paar Jahre ganz sozial, für die Jugend und für die Alten. Wer würde ansonsten noch nach Gerthe ziehen? Es wird dabei hauptsächlich an die Menschen gedacht, die noch gar nicht hier wohnen. Die Belange, Bedürfnisse und Wünsche der Einheimischen, also wir Gerther Bürger und Bürgerinnen, spielen anscheinend keine Rolle.

Zum Abschluss noch ein bekanntes Adenauer Zitat, dass ein Bochumer Kommunalpolitiker an die Adresse der Bürgerinitiative „Gerthe West – So nicht!“ gerichtet hat.

„Wir haben alle den gleichen Himmel, aber einen anderen Horizont“
Und bei manchen geht er nur bis zum Gartenzaun!

Nachtrag vom 6.02.2021:

Um Missverständnissen vorzubeugen: Dieses Zitat eines Kommunalpolitikers soll verdeutlichen, wie einige von ihnen über die Bochumer Bürgerinnen und Bürger sowie Bürgerinitiativen denken. Es ist Absicht, nicht alle Maßnahmen im Zusammenhang darzustellen und bekannt zu geben. Da gibt es zum Beispiel eine Verkehrsplanung Nord, einige Konzepte zur Verbesserung der Innenstadtstruktur von Gerthe, einige Neuansiedlungen bzw. Pläne, z.B. der Bau einer Großküche für die katholischen Krankenhäuser in Bochum und Herne. Das Projekt Gerthe-West wird separat dargestellt und behandelt. Keine Angaben werden zu den Plänen von Vonovia veröffentlicht, die im Anschluss an Gerthe-West das östliche Gebiet rund um die Sodinger Straße besitzen und neu gestalten wollen. Die katholische Kirche wird in ihrem Kirchgarten einige neue Bauten für Altenpflege, Sozialstation, Betreutes Wohnen, eine KiTa sowie 2 Mehrgenerationenwohnen Häuser errichten. Das ganz alte Gerther Krankenhaus, das rechts vom Haupttrakt steht, sowie deren Anbauten werden abgerissen. Dort entsteht das neue Bildungszentrum der Krankenhäuser BIGEST - Bildungs¬institut für Berufe im Gesundheits¬wesen. Das Venenzentrum im Gerther Krankenhaus wird demnächst ausgelagert zur Gudrunstraße. Somit ist auch das gesamte Gerther Krankenhaus geräumt und abbruchreif? Das ist natürlich keine vollständige Aufzählung.

Also viele Einzelprojekte und noch kein Gesamtkonzept für uns einfachen Bürger und Bürgerinnen erkennbar.

Wollen wir hoffen, dass unsere aufgeklärten Kommunalpolitiker diese Übersicht haben und deren Horizont nicht nur bis zur Nasenspitze geht. Es täte uns allen gut, wenn wir miteinander offen über unsere Probleme, Wünsche, Ängste und Absichten reden würden und wir allen den gleichen Himmel und Horizont haben dürften!

Autor:

Klaus Gesk aus Bochum

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