Von der Kontaktliste zur Sperrstunde um 23 Uhr - harte Zeiten für Wirte
George Clooney fliegt raus

Die Zapfhähne muss Abdel Hmadi, Wirt der Rathausschänke, gegen 22.30 Uhr hochklappen. Ab 22.45 Uhr wird kassiert, damit um 23 Uhr alle Gäste raus sind.  | Foto: Michael Kaprol
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  • Die Zapfhähne muss Abdel Hmadi, Wirt der Rathausschänke, gegen 22.30 Uhr hochklappen. Ab 22.45 Uhr wird kassiert, damit um 23 Uhr alle Gäste raus sind.
  • Foto: Michael Kaprol
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Im Frühjahr mussten Kneipen und Schankwirtschaften komplett schließen. Soweit sind wir aktuell noch nicht. Jetzt hat Bottrop eine Sperrstunde von 23 Uhr. Wie es den Wirten damit geht - der Stadtspiegel hörte sich um.

"Ich hatte gehofft, dass sie uns erspart bleibt, aber die zweite Corona-Welle hat uns erwischt und Gastronomie und Einzelhandel müssen mit großen Verlusten rechnen", seufzt Abdel Hmadi, Wirt der Rathausschänke. Als am 14. März dieses Jahres der erste Lockdown war, blieb seine Gaststätte für zwölf Wochen geschlossen. Miete und Sky-Abo mussten in voller Höhe weitergezahlt werden. Die riesigen Verluste konnte er gerade noch mit seinem Ersparten auffangen. "Einen Bringdienst konnte ich in den zwölf Wochen nicht einrichten - lauwarme Schnitzel schmecken genauso lecker wie lauwarme Pizza - das braucht doch keiner!", ist er überzeugt.
Als er am 16. Mai wieder öffnen konnte, standen auch DfB-Pokal und Meisterschaft auf der Liste der Fußballfans. "Dadurch, dass im Sommer viele Leute nicht wegfahren wollten oder konnten, hatte ich teilweise sogar bessere Zahlen als im Jahr 2019", blickt er zurück.
Heizpilze will er in der kalten Jahreszeit nicht aufstellen. "Das ist hier viel zu windig", weiß er aus langer Erfahrung. Er überlegt aber, wie im letzten Jahr bereits, ein Zelt draußen aufzustellen. "Das schafft eine gemütliche Atmosphäre, ist aber bei den Rauchern nicht so beliebt, weil Zelte wie Innenräume gesehen werden und man sich keine Zigarette anzünden darf."
Genug Platz hat er mit seiner 156 Quadratmeter großen Gaststätte trotz der Corona-Abstandsregeln auch ohne ein solches Zelt. Das Revierderby am letzten Samstag konnten mit fünf Gästen an 19 Tischen fast 100 Fans verfolgen.
Wer bei ihm Platz nimmt, muss zunächst die Corona-Gästekarte ausfüllen. Erst dann wird die Bestellung aufgenommen. "Wenn wir die Krankheit in den Griff kriegen wollen, müssen wir diszipliniert sein. Es ist unsere Verantwortung. Wer den Zettel ignoriert oder sich als George Clooney oder mit irgendeinem anderen Spaßnamen einträgt, mit dem spreche ich. Und wenn die Leute uneinsichtig sind, fliegen sie raus, ich habe ja Hausrecht." Um 22.30 Uhr nimmt er die letzte Bestellung auf, ab 22.45 Uhr wird kassiert, damit um Punkt 23 Uhr jeder Gast vor der Tür ist.
"Viele Gäste kommen erst gar nicht, wenn sie so früh wieder gehen müssen", sagt Ilhan Durdu, Chef vom Corretto. "Wir sind kein Restaurant, zu uns kommen die Gäste später - so ab 23 Uhr." Letzten Freitag war es abends ziemlich leer im Corretto und den umliegenden Betrieben, Samstag war es immerhin ein bisschen besser gefüllt. "Das letzte Wochenende war eine Vollkatastrophe", fasst Durdu die Situation für sich und seine Nachbarn auf der Kneipenmeile zusammen. "Abends geht aktuell nichts mehr, das merkt man deutlich." Wenn die Situation so bleibt, hofft er, dass sich die Gäste damit anfreunden werden: "Dann sollte man sich am Wochenende einfach früher, schon gegen 18 Uhr, treffen. Dann kann man immer noch viel Zeit miteinander verbringen und Spaß haben."

Riesige Verluste

  • Die Gastronomie in Deutschland hat seit dem Corona-Lockdown im Frühjahr beträchtlich an Umsatz eingebüßt. Zwischen März und August nahmen Restaurants, Cafés, Caterer und Bars preisbereinigt 40,5 Prozent weniger Geld ein als im Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte.
  •  Innerhalb der Branche besonders betroffen waren Lokale, die ihr Geld mit Getränkeausschank verdienen: Dort fiel der Umsatz von März bis August um mehr als 45 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Restaurants, Gaststätten und Imbisslokale konnten dagegen mit Lieferdiensten und Ab-Haus-Verkäufen etwas Boden gut machen und büßten noch etwa 29 Prozent der Erlöse ein. 
Die Zapfhähne muss Abdel Hmadi, Wirt der Rathausschänke, gegen 22.30 Uhr hochklappen. Ab 22.45 Uhr wird kassiert, damit um 23 Uhr alle Gäste raus sind.  | Foto: Michael Kaprol
Um Punkt 23 Uhr ist Schluss.  | Foto: Michael Kaprol
Autor:

Bettina Meirose aus Bottrop

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