Das war 2011

Die KAB hat sich mit ihrem Anliegen durchgesetzt. Der Rat hat beschlossen, im kommenden Jahr nur noch drei verkaufsoffene Sonntage in der Innenstadt und zwei in den Stadtteilen zu genehmigen. Voraus gegangen war ein Monate dauernder Streit.
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  • Die KAB hat sich mit ihrem Anliegen durchgesetzt. Der Rat hat beschlossen, im kommenden Jahr nur noch drei verkaufsoffene Sonntage in der Innenstadt und zwei in den Stadtteilen zu genehmigen. Voraus gegangen war ein Monate dauernder Streit.
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Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Euro-Krise, Schuldenkrise - Bottrop kann sich in den Chor einreihen. „Wir sind Teil einer Leidensgemeinschaft“, sagt Oberbürgermeister Bernd Tischler. Knapp 40 Millionen Euro fehlen in der Kasse. Die Überschuldung aber kommt - Juchu! - ein Jahr später als gedacht, im Jahr 2015.

Text: Judith Schmitz

Fotos: Michael Kaprol

Immer mehr spüren die Bürger, was das für sie bedeutet. Mit der Bibliotheksfiliale in der Boy schließt die zweite Bücherei in einem Stadtteil. Die Brücke an der Lütkestraße muss abgerissen werden, für einen Ersatz ist aber kein Geld da. Die Straßen haben nach dem strengen Winter Ähnlichkeit mit Buckelpisten - es kann aber nur notdürftig geflickt werden. Überhaupt: der Winter! Die BEST musste viel Prügel einstecken, als vor ziemlich genau zwölf Monaten Bottrop mit Schnee und Eis kämpfte. Rutschende Autos, schlitternde Fußgänger, fluchende Anwohner. Für diesen Winter hat sich die BEST besser vorbereitet, nur der Schnee lässt auf sich warten.

Das erste Jahr als Innovation City hat Bottrop hinter sich, und so manche Blütenträume haben sich in Luft aufgelöst. Wer auf den Mann mit dem Geldkoffer gewartet hat, wartet vergeblich. Auf der Partnerkonferenz, zu der Anfang September rund 350 Gäste gekommen waren, gab es viele warme Worte. NRW-Ministerin Hannelore Kraft forderte: „Wir müssen das Projekt auf solide finanzielle Beine stellen!“ - doch genau dort liegt der Haken. Die Bottroper im Pilotgebiet hatten sich mehr Unterstützung erhofft, wenn sie sich zur Modernisierung ihrer vier Wände entschließen sollten. Auch die Eröffnung des Zentrums für Information und Beratung (ZIB) am Sündringcenter bringt nicht den großen Zuwachs an Interessierten. Im Spätherbst schickt das Innovation City-Team Studenten los, die von Haus zu Haus gehen, eine Befragung und Erst-Information vornehmen.
Mehr Bewegung verzeichnet die Stadt erleichtert im Hansa-Zentrum. Der Investor gibt bekannt, rund 50 Millionen Euro zu investieren, um aus dem Schandfleck wieder ein Schmuckstück zu machen. Das Gebäude soll eine zusätzliche Etage bekommen, in die ein Elektronik-Riese einziehen will. auf rund 11.000 Quadratmetern Fläche haben zwei sogenannte „Ankermieter“ und etwa 30 weitere Geschäfte Platz. Auch an Restaurants, Cafés und genügend Parkraum ist gedacht. Im Herbst beginnen die Arbeiten, im Frühjar 2013 soll die Eröffnung gefeiert werden. Nicht nur die Stadtspitze ist erfreut, auch die Geschäftsleute erhoffen sich eine Belebung der Innenstadt
Ein großes Bauprojekt plant auch die evangelische Kirche. Leicht ist es den Entscheidungsträgern nicht gefallen, doch ein Blick auf die Kosten macht klar: Das alte Gemeindehaus an der Osterfelder Straße ist nicht mehr zu halten. Anstehende Renovierungen und auch die Unterhaltung würden viel zu viele Mittel verschlingen. Ein Neubau wird geplant, der direkt hinter der Martinskirche entstehen soll. In ihm, so die Entwürfe, kann die Gemeinde dann konzentriert an einem Ort zusammen kommen. Das Filet-Grundstück an der Osterfelder Straße soll einen Teil der benötigten 2,5 Millionen Euro bringen, die die Neubaumaßnahme kosten wird.
Der Streit zog sich über Monate hin, die Fronten waren am Schluss verhärtet. Die KAB hat eine „Allianz für den freien Sonntag“ ins Leben gerufen - sie will die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage reduzieren. Naturgemäß ist der Handel nur mäßig begeistert, doch es wird klar, dass die KAB ein Bürgerbegehren durchsetzen könnte. Oberbürgermeister Bernd Tischler holt alle Beteiligten an einen Tisch, ein Kompromiss soll her, um Schaden von der Stadt abzuwenden. Dieser soll so aussehen: Ende Oktober darf am Sonntag nochmal geshoppt werden, im nächsten Jahr gibt es eine Reduzierung. Später zieht der Einzelhandelsverband seine Einwilligung zurück, die Vertreter der Allianz sind sauer. Der Rat beschließt dennoch die ausgehandelte Regelung - wenn auch denkbar knapp.
Schlagzeilen macht auch das Alpincenter. Einige der Stützen verschieben sich, auch Sicherungsmaßnahmen mit tonnenschweren Betonplatten können dies nicht völlig aufhalten. Die Gutachter streiten sich, wie groß die Abweichungen seien dürfen und die Stadt will zur Not die Halle schließen - Fortsetzung folgt.

u JANUAR: Das Thema Innovation City läutet das Jahr ein. Beim Neujahrsempfang der Stadt ist Bodo Hombach, Moderator des Initiativkreises Ruhr, der den Wettbewerb ausgeschrieben hatte, Gastredner.
u FEBRUAR: Bottrop ist ganz närrisch. Die Jecken schunkeln sich warm. In Kirchhellen gründet sich die Brezelversammlung - große Dinge werfen ihren Schatten voraus.
u MÄRZ: Die Reaktor-Katastrophe in Fukushima treibt alle um. Die Bottroperin Julia Ludes muss ihr „Traumland“ Hals über Kopf verlassen. Der Siegerentwurf für den Neubau der Hochschule Ruhr West wird vorgestellt.
u APRIL: Der Bär auf dem Berliner Platz wird so stark beschädigt, dass die Figur abgebaut werden muss. Im Herbst kehrt sie frisch repariert zurück. Die Zivis gehen, die Stadt wirbt um dringend benötigte Freiwillige.
u MAI: SPD-Parteichef Sigmar Gabriel ist Gastredner bei der Kundgebung zum 1. Mai. Der Neubau an der Marie Curie Realschule wird eröffnet. Die Volkszählung beginnt, Proteste bleiben aus.
u JUNI: In der Alten Börse fällt der Startschuss für den „Lokalkompass“, die Internet-Plattform des Stadtspiegels, auf der auch die Bottroper mitmischen können. Auf dem Berliner Platz findet die erste Veranstaltung des Fördervereins „Marketing für Bottrop“ statt.
u JULI: Das Museum für Ur- und Ortsgeschichte wird umgebaut und umgestaltet - es regt sich Protest gegen das Konzept. Bei der größten Extraschicht aller Zeiten sind tausende Besucher „Feuer und Flamme“.
u AUGUST: Japan will mehr über „Innovation City“ wissen und lädt Oberbürgermeister Bernd Tischler ein.
u SEPTEMBER: Wachwechsel beim Stadtspiegel: Claus Schwarz räumt nach über 30 Jahren den Chefsessel. Sein Nachfolger wird Norbert Hochstrat. Der Einzelhandelsverband feiert seinen 100. Geburtstag, Kirchhellen ist im Schützen- und Brezelfest-Taumel.
u OKTOBER: Der Insolvenzverwalter versucht Mengede vor der Pleite zu retten - vergeblich. Über 100 Mitarbeiter stehen auf der Straße. Der Bottroper Tisch schließt sich der bundesweiten „Tafel“ an.
u NOVEMBER: Ein Bombenfund legt einen Teil von Bottrop lahm, Anwohner werden evakuiert. Das neue Stadtprinzenpaar Dirk II. und Sylvia I. wird inthronisiert.
u DEZEMBER: Lange wurde protestiert, doch nun schließt die Bibliotheksfiliale Boy. Die Brücke Lütkestraße wird abgerissen, die Bezirksvertretung will zur Not Mittel für einen Ersatz bereit stellen.

Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

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