Emscher-Umbau
Die Emschergenossenschaft wird 120 Jahre alt

Historisch: Emscherverlegung | Foto: Emschergenossenschaft
5Bilder

Wasser macht an Stadtgrenzen nicht Halt – es war diese Erkenntnis, die vor 120 Jahren zur Gründung der Emschergenossenschaft am 14. Dezember 1899 führte. Ihre bekannteste Maßnahme ist das Generationenprojekt Emscher-Umbau, ihre aktuell größte Herausforderung die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Eine Herausforderung, der sich Deutschlands ältester und größter Wasserwirtschaftsverband einmal mehr gemeinsam mit seinen Mitgliedern stellt – als Dienstleister für die Region.

„Als öffentlich-rechtliches Unternehmen erbringen wir damals wie heute sowie auch in Zukunft effizient Aufgaben für das Gemeinwohl, mit dem Genossenschaftsprinzip als ständige Leitidee unseres eigenen Handelns: Wir investieren nachhaltig in die Modernisierung der Infrastrukturen in unserer Region – ohne Gewinnorientierung, sondern im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.Die Emschergenossenschaft war 1899 Deutschlands erster Wasserwirtschaftsverband und Vorbild für weitere Unternehmen ähnlicher Art. 1913 etwa wurde die Sesekegenossenschaft gegründet, aus der 1926 der Lippeverband hervorging.

Emscher-Umbau

Die bekannteste Maßnahme der Emschergenossenschaft ist das weltweit beachtete Generationenprojekt Emscher-Umbau. Wegen der durch den Bergbau verursachten Erdsenkungen sind unterirdische Kanäle früher nicht möglich gewesen, da sie beschädigt worden wären. Daher wurden die Emscher als zentraler Fluss des Ruhrgebietes und ihre Nebenbäche als offene Schmutzwasserläufe verwendet. Seit der Nordwanderung des Bergbaus sind keine Bergsenkungen mehr zu befürchten, so dass auch unterirdische Kanäle gebaut werden können.
Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit Land und Kommunen den Emscher-Umbau um. Jedes Gewässer erhält ein unterirdisches Pendant, durch das die Abwässer zu den Kläranlagen geleitet werden. Die Bäche sind damit abwasserfrei und können naturnah umgebaut werden. Über einen Zeitraum von rund drei Jahrzehnten investiert die Emschergenossenschaft mehr als fünf Milliarden Euro.

Dinslaken

Auch Dinslaken ist eine Emscher-Stadt – die Mündungsstadt: Noch stürzt die Emscher an einem Betonbauwerk mehrere Meter in die Tiefe. 2014 haben der Umbau und die Verlegung der Mündung begonnen. Unmittelbar am Rhein entsteht eine komplette neue ökologisch wertvolle Mündungsaue. Darüber hinaus wurde die Kläranlage an der Turmstraße in den vergangenen Jahren an das künftige Emscher-System angepasst.

Klimaresiliente Region

Das Ziel des Emscher-Umbaus, eine vom Abwasser befreite Emscher, wird Ende 2021 erreicht sein. Die nächste große Herausforderung steht jedoch nicht nur vor der Tür, sondern praktisch schon im Haus: der Klimawandel und seine Folgen. „Wir müssen lernen, mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen und entsprechende Anpassungsmaßnahmen vorantreiben. Das kann man aber nicht alleine schaffen. Einmal mehr müssen wir als Region an einem Strang ziehen und die Möglichkeit ergreifen, die Vorstellung von einer „Klimaresilienten Region mit internationaler Strahlkraft“ in die Tat umzusetzen“, sagt Paetzel.

Vorbild für andere Regionen

Der Grundstein dazu wurde am 15. November dieses Jahres gelegt: Knapp 120 Jahre nach der Gründung der Emschergenossenschaft unterzeichneten in Recklinghausen alle 16 Kommunen der Emscher-Region eine Verpflichtungserklärung mit dem Ziel, gemeinsam mit der Emschergenossenschaft als koordinierende Service-Stelle das Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ bereits ab Anfang 2020 mit Leben zu füllen. „Damit gehen wir auch die Herausforderung Klimawandel gemeinsam als Region an. Nur so lassen sich Lösungen für regionale Problemstellungen finden. Mit diesem Projekt können wir Vorbild für andere Regionen in Europa und in der Welt sein, so wie wir es bereits auch von unserem Emscher-Umbau kennen“, sagt Paetzel. Die ursprüngliche Erkenntnis ist dabei die gleiche wie 1899: Wasser macht an Stadtgrenzen nicht halt.

Die Gründung

Es war im Bochumer Ständehaus, als sich die damaligen Stadt- und Landkreise des Ruhrgebietes zwischen Dortmund und Duisburg zur Emschergenossenschaft zusammenschlossen. Zuvor hatte es in den jeweiligen Städten bereits Versuche gegeben, die Abwasserproblematik in der Region zu beheben, die jedoch allesamt erfolglos blieben. Daher ordnete der Staat an, einen Wasserwirtschaftsverband zur Lösung der Situation zu gründen. Denn durch die Industrialisierung und die rasant gestiegenen Bevölkerungszahlen erhöhte sich auch die Menge des anfallenden Abwassers. Aufgrund des Kohleabbaus war es Ende des 19. Jahrhunderts aber nicht möglich, unterirdische Abwasserkanäle zu bauen, da diese durch die damit verbundenen Bergsenkungen beschädigt worden wären.Also wurde das gesamte Schmutzwasser in die Emscher und ihre Nebenarme eingeleitet. Das Flusssystem war dadurch bald überfordert und setzte immer wieder ganze Stadtteile unter Wasser. Krankheiten wie Typhus und Cholera breiteten sich durch Fäkalien im Wasser schnell aus, sodass Lösungen gefunden werden mussten. Dies geschah nun gemeinsam im Verbund der Emschergenossenschaft, in der Bergbau, Industriebetriebe und Kommunen zusammengebracht wurden. Um die Abwassermassen in den Griff zu bekommen, baute man nun also das Emscher-System zu einem Netz offener Schmutzwasserläufe um. Im Zuge dieser Arbeiten wurden Betoneinfassungen in die Gewässer eingelassen und Pumpwerke gebaut, um ein geregeltes Abfließen des Abwassers zu gewährleisten.

Seit der Nordwanderung des Bergbaus Ende der 1980er-Jahre sind keine Bergsenkungen mehr zu befürchten, sodass nun auch unterirdische Abwasserkanäle gebaut werden können. 1992 fiel dann der Startschuss für den Emscher-Umbau.

Autor:

Lokalkompass Dinslaken-Voerde-Hünxe aus Dinslaken

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

27 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.