Das ist besorgniserregend
Der Ärztemangel auf dem Land wird erheblich zunehmen
Viele ärgern sich, dass sie oft monatelang auf einen Termin beim Facharzt warten müssen. Jeder hat schon vom Ärztemangel auf dem Land gehört. Doch wie schlimm ist die Situation wirklich? Eine Podiumsdiskussion im Emmericher Stadttheater sollte das am letzten Montag klären und vielleicht eine Lösung aufzeigen.
Zu Beginn brachte Barbara Nickesen, Bezirksdirektorin der AOK Rheinland/Hamburg die Podiumsteilnehmer und die rund 100 Gäste mit einigen Zahlen und Statistiken auf den aktuellen Stand. In Emmerich und Rees fehlen zurzeit vier Hausärzte. Die beiden Städte haben bei der hausärztlichen Versorgung einen Versorgungsgrad von 98,80. Die beiden Werte hören sich auf den ersten Blick nicht besorgniserregend an. Wenn man aber berücksichtigt, dass acht Hausärzte über 60 Jahre und elf Ärzte bereits über 50 Jahre alt sind, wird klar, dass hier eine sehr große Lücke entstehen wird. Denn es sind keine Nachfolger in Sicht, der Ärztenachwuchs möchte nicht gerne aufs Land.
Ärztemangel in der Provinz
Wie man dem Ärztemangel in der Provinz begegnen kann, sollte bei der, von der Stabsstelle Demografie der Stadt Emmerich am Rhein, organisierten Diskussion, geklärt werden. Außer Barbara Nickesen begrüßte Antenne Niederrhein-Moderator Moritz Lapp die in Emmerich ansässigen Ärzte Dr. Birgit Magnus-Hawranek und Dr. Werner Regel, Dr. Frank Bergmann (Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung), Dr. Jochen Heger (ärztlicher Direktor des Willibrord-Spitals Emmerich), Karl-Ferdinand von Fürstenberg (stellvertretender Verwaltungsdirektor pro homine) und Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze.
Aus Sicht der kassenärztlichen Vereinigung machte Dr. Frank Bergmann deutlich, dass das Problem des Ärztemangels deutschlandweit vorhanden ist. Bis zur Wiedervereinigung gab es eine Ärzteschwemme, die massiv gebremst wurde, in dem die Anzahl der Studienplätze erheblich reduziert wurde. Das rächt sich jetzt. Während die Großstädte für junge Ärzte attraktiv sind, haben ländliche Gegenden das Nachsehen. Auch wenn die kassenärztliche Vereinigung auf ihren Börsen versucht junge Mediziner, beispielsweise an den Niederrhein zu locken, ist das nur sehr selten von Erfolg gekrönt.
Dr. Werner Regel betreut 60.000 Personen
Dr. Werner Regel betreibt seit über 20 Jahren seine Praxis für Orthopädie. Als einziger Orthopäde in Emmerich betreut er 60.000 Personen aus Emmerich und dem ländlichen Umland. In einem Quartal behandelt er 1.800 kassenärztliche Versicherte, die Wartezeiten für eine Erstuntersuchung liegen mittlerweile bei drei bis vier Monaten. „Meine Arbeitszeit beträgt im Wochendurchschnitt rund 60 Stunden.“ Doch laut Regel, sind junge Ärzte nicht mehr bereit zehn bis elf Stunden am Tag zu arbeiten. Viele wünschen sich geregelte Arbeitszeiten, Vertretungsmöglichkeiten und eine Absicherung im Krankheitsfall. Auch die Vergütung lässt zu Wünschen übrig. „Der Gesamtumsatz pro Behandlungsfall liegt in meiner Praxis, für ein Quartal, bei unter 34 Euro.“ erklärt Regel.
Keiner kann sich einen Arzt backen
Laut Dr. Frank Bergmann muss der Ärztemängel im Bereich der Regierungen gelöst werden, beispielweise durch Schaffung von mehr medizinischen Studienplätzen. Eine kurz- oder mittelfristige Lösung ist hier nicht zu erwarten. „Keiner kann sich einen Arzt backen“, meint Bergmann. Ein Zukunftsmodell könnten Gemeinschaftspraxen sein, in dem technische Geräte und administrative Bereiche gemeinsam genutzt werden. Dr. Birgit Magnus-Hawranek arbeitet mit drei anderen Ärzten in einer Emmericher Gemeinschaftspraxis zusammen. Dadurch lassen sich viele Patienten abdecken, aber falls nötig können sich die Ärzte gegenseitig vertreten. Magnus-Hawranek bemängelte aber viele bürokratische Hürden und ungerechte Budgetierungen.
Eine weitere Möglichkeit dem Ärztemangel zu begegnen, stellten Dr. Jochen Heger und Karl-Ferdinand von Fürstenberg vor. Wenn man die Krankenhäuser für die direkte Versorgung der Patienten öffnen würde, könnten Haus- und Fachärzte unterstützt werden.
Autor:Dirk Kleinwegen aus Rees |
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