So starten Leser perfekt ins neue Jahr

Wer Bücher mag, macht sich auf den Weg zu Maria Heitkamp und ihren Kolleginnen in der Borbecker Stadtteilbibliothek. Dort warten 26.000 Medien auf ihre Nutzer. Foto: B. W. Pleuser
  • Wer Bücher mag, macht sich auf den Weg zu Maria Heitkamp und ihren Kolleginnen in der Borbecker Stadtteilbibliothek. Dort warten 26.000 Medien auf ihre Nutzer. Foto: B. W. Pleuser
  • hochgeladen von Bernhard W. Pleuser

Mit Büchern aus der Stadtteilbibliothek gelingt der Start ins neue Jahr noch besser
Die Wintersonne schickt ihre Strahlen durch die Fensterfront der Borbecker Stadtteilbibliothek und taucht den freundlichen großen Raum in warmes Licht. Auf einem Sofa sitzt Maria Heitkamp und schaut liebevoll zu einem Bücherstapel, der auf einem kleinen Tisch thront. Sie hat Werke herausgesucht, mit denen der Start ins neue Jahr noch besser gelingt. Da sei „etwas Mildes“ angesagt.

Die Leiterin der Bibliothek greift den Familienroman „Albertos verlorener Geburtstag“ von Diana Rosie aus dem Stapel. „Das ist spannend und ein bisschen was fürs Herz“, urteilt sie, „der Toleranz-Gedanke gefällt mir. Es wird sensibel erklärt, warum Menschen Böses tun.“

"Vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkriegs"

Und darum geht es: Der siebenjährige Tino ist erschüttert, als er erfährt, dass sein geliebter Großvater Alberto nicht weiß, wann er geboren ist, und deshalb noch nie Geburtstag gefeiert hat. Dabei ist das doch der eine, wundervolle Tag, der einem allein gehört und an dem man sich so sehr geliebt fühlt! Nur hat Alberto als Kind im spanischen Bürgerkrieg sein Gedächtnis verloren, und damit auch dieses besondere Datum. Nie hat er nach Spuren seiner Vergangenheit gesucht, aber jetzt, am Ende seines Lebens, überredet Tino ihn zu einer Reise quer durch Spanien, zurück zu jenem Waisenhaus und den Menschen, die vielleicht mehr über Alberto wissen könnten als er selbst.
„Vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkriegs“, so Maria Heitkamp, „werden durch Perspektivenwechsel die Lebenswege der Menschen trotz der Grausamkeiten des Krieges mit Wärme erzählt, begleitet von dem Glauben an das Gute im Menschen.“ Das Buch, fährt die Diplom-Bibliothekarin fort, habe „nichts Hektisches und zeichne sehr positiv die Großvater-Enkel-Beziehung“. Dies alles geschehe in einem schlichten, schönen Sprachstil. „Wenn der Sprachstil mir nicht gefällt, lege ich ein Buch nach ein paar Seiten weg“, stellt die 59-Jährige fest.
Eine Lieblings-Lektüre der Deutschen ist zweifellos der Kriminalroman. Und da hat die Borbecker Bibliothek einiges zu bieten – zum Beispiel „Morgen stirbst du“ von Reinhard Rohn.
Der Plot: Ein Jahr ist vergangen, seit Hauptkommissarin Lena Larcher Mann und Sohn bei einem Autounfall verloren hat. Nur mühsam kämpft sie sich zurück ins Leben und in den Beruf. In einer Trauerbewältigungsgruppe begegnet sie einem Mann, der ihr Interesse weckt. Doch kurz darauf wird dieser Journalist tot in einem heruntergekommenen Hotel in Köln aufgefunden. Lena ist die Einzige, die nicht an einen Selbstmord glaubt. Beharrlich verfolgt sie eine gefährliche Spur, die sie ins Drogen- und Prostituierten-Milieu führt und erkennt zu spät, dass sie in eine Falle gelockt wird. Denn der Mädchenhandel reckt seine Kraken-Arme bis ins Polizei-Präsidium.

Brutal und trotzdem fesselnd

„Die Handlung ist nicht zu brutal und trotzdem fesselnd“, resümiert Maria Heitkamp und lobt die „flüssige und angenehme Sprache“ des Autors, der seit 1999 Programmchef von Ruetten & Loening (Aufbau-Verlagsgruppe) ist. Er trenne Privates und Geschäftliches und veröffentliche seine Krimis deshalb nicht bei seinem Arbeitgeber. Der zweite Fall von Lena Larcher erschien bei dtv. Reinhard Rohns Romane spielen allesamt in Köln. Literarischer Vorgänger von Lena Larcher ist Hauptkommissar Jan Schiller, der fünf Mal in der Domstadt ermittelte.
Von Augsburg nach Essen gezogen ist Kathrin Schrocke, deren Kinder- und Jugendroman „Mein Leben und andere Katastrophen“ (ab zwölf Jahre) die Bibliothekarin besonders schätzt. „Die Autorin wird in unseren Räumen während der Borbecker Buch- und Kulturtage lesen, die vom 15. bis zum 27. März dauern. Den genauen Termin der Lesung geben wir noch bekannt.“
Schrockes Roman beginnt mit einem „Babyprojekt“ in der Schule, das für Aufregung im Leben von Barnie sorgt: Jeweils zwei Schüler müssen gemeinsam eine Babypuppe rund um die Uhr betreuen, die auch mal mitten in der Nacht schreien kann und dann Aufmerksamkeit braucht. Als Barnies Schwarm Sergej sich anbietet, ein Team mit ihr zu bilden, könnte alles perfekt sein – aber das Mädchen lebt in einer Regenbogenfamilie mit zwei schwulen Vätern, und das stellt Sergejs Toleranz auf eine harte Probe. Barnie will nämlich, dass ihr Schwarm sie gegen seine skeptischen Freunde verteidigt.
„Das ist witzig geschrieben und leicht zu lesen“, stellt Maria Heitkamp fest. „Das Buch baut zudem Vorurteile gegen Patchwork-Familien und alternative Lebensformen ab und fordert dazu auf, außer sich selbst auch andere zu sehen und zu verstehen.“ Das sind nur drei Schätze aus der Stadtteilbibliothek Borbeck, in der rund 26.000 Medien auf Interessenten warten.
Pro Tag gibt es in der Gerichtsstraße 20 zwischen 300 und 600 Ausleihen – und beileibe nicht nur Romane, Krimis und Jugendbücher. Ob Reiseführer, die nicht älter als fünf Jahre sein dürfen, Windows 10-Wissen, Gesundheits- oder Erziehungsratgeber, Bastelbücher oder Grundlagenwerke der Physik und Chemie: Es ist alles da! Und obwohl es häufig „aus dem Fernseher dampft und viele sich die Rezepte aus dem Internet herunterladen“, so Heitkamp, seien Koch- und Back-Bücher immer noch gefragt.

Lerntraining für alle Schulformen

Als frühere, langjährige Leiterin der Schulbibliothek an der Gesamtschule Bockmühle weiß die Fachfrau, was Schüler brauchen. Sie hält Lerntraining von der Grundschule bis zur Gesamtschule vorrätig, verweist nicht ohne Stolz darauf, dass es im Einzugsbereich der Stadtteilbibliothek vier gymnasiale Oberstufen und zwei Realschulen gibt. Und die wollen allesamt versorgt sein.
Bis zum elften Lebensjahr ist die Ausleihe kostenlos, von zwölf bis 17 beträgt die Gebühr für den Jahresausweis acht und ab 18 Jahren 20 Euro. Zehn Euro zahlen dann diejenigen, die Sozialleistungen beziehen.
Alle müssen sich jedoch am Ende des Jahres ein paar Tage gedulden, denn die Stadtteilbibliothek schließt bis zum 30. Dezember und öffnet ihre Türen natürlich auch nicht am 31. Dezember und 1. Januar. Vom 2. Januar 2017 an wird dann nach Möglichkeit wieder jeder Wunsch erfüllt. „Wer etwas bestellt, was wir nicht vorrätig haben“, verspricht Maria Heitkamp, „wird aus anderen Stadtteilbibliotheken oder der Hauptbibliothek versorgt.“ Beste Aussichten also fürs neue Jahr!

Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.