Mein Praktikum (2) ... in der Kfz-Werkstatt

„Und Sie wollen also Kfz-Mechanikerin werden?“ Blaumann und erste Schmutzpartikel an meinen Fingern und Wangen könnten darauf schließen lassen. Meine „Ausbildung“ in der Autowerkstatt Alte Schmiede in Essen-Borbeck dauert allerdings nur einen vollen Tag.

Und der beginnt um 8 Uhr in der Umkleide. „Mit der Größe muss man hier mal schauen“, wühlt Serviceleiter Jochen Guntermann schon eifrig in den Spinden. „S wäre gut“, versuche ich zu helfen und bekomme ein Lächeln zurück geschenkt. „Und das wäre in Männergrößen?“, fragt mein heutiger Chef. In diesem Job dominiert tatsächlich noch das vermeitlich „starke Geschlecht“. Und das macht sich in den Sozialräumen eben ganz besonders bemerkbar.

„Nicht über den Reifenprüfstand laufen, dann ist der Fuß womöglich ab!“

Nach einiger Zeit des Suchens und Umkrempelns - die Kollegen haben sich derweil natürlich zurückgezogen und mich meiner Privatsphäre überlassen - habe ich ein tragbares Outfit gefunden und Jeansrock gegen blaue Hose und blaues Hemd getauscht. Es kann los gehen. „Die Sicherheitseinweisung zuerst“, legt Guntermann Wert auf eine ordnungsgemäße Unterweisung. Das ist Vorschrift, für jeden Mitarbeiter, somit auch für Eintagespraktikantinnen. Mit einer Tasse Kaffee in der Hand dackele ich also den Ausführungen über Notausgänge, Gefahrstoffe und Gefahrenquellen hinterher. „Vor allem hier nicht drüber laufen, dann ist der Fuß vielleicht ab!“ Die Kraft des Reifenprüfstands ist beeindruckend. Und genau an dieser Station geht mein Werkstatterlebnis - nach dem verbindlichen Signieren meiner Belehrung - auch direkt weiter. „Heute Vormittag ist der TÜV bei uns“, erklärt mir Kraftfahrzeugtechnikermeister Anselm Quaas, der an diesem Tag urlaubs-, krankheits- und berufsschulbedingt mit Azubi Marcel eine Notbesetzung stellt.
Hauptuntersuchungen gehören an der Hülsmannstraße zum üblichen Tagewerk, „allerdings nicht in dem Umfang, da hast du schon einen speziellen Tag erwischt“, weiß Quaas. Statt drei, maximal vier Fahrzeugen gehen heute sechs (oder sogar sieben?) in die Prüfung. Räder und Bremsen, Karosserie, Auspuff und Lenkung, aber auch Sicherheitsgurte und Spiegel und natürlich die gesamte Elektronik gilt es, zu checken.

„Der geht nicht durch“, hat der Prüfer schon am ersten Patienten direkt einen schwerwiegenden Mangel entdeckt. Die Bremsscheiben sind fällig, da ist nichts zu machen. Der Austausch erfolgt später, erst nach einer Nachprüfung am Folgetag wird dem Wagenbesitzer die begehrte Plakette für die kommenden zwei Jahre dann ausgestellt. Jetzt kommt der Wagen auf die Hebebühne. „Darf ich auch drunter oder ist das nicht sicher?“, stelle ich mich an wie ein Mädchen. „Erster Tag heute?“, bekomme ich dafür einen süffisanten Kommentar des TÜV-Mitarbeiters. „Und letzter!“, kontere ich grinsend. Dabei fange ich langsam an, mich ganz gut einzuleben.

Nebenan boykottiert ein Audi auf Teufel komm raus die Abgasuntersuchung. Sogar die Profis betrachten die Werte mit Kopfschütteln. Fehler finden sie keine, „und der hört sich auch in Ordnung an.“ Des Rätsels Lösung ist schließlich eine einfache. „Einfach mal ordentlich durchpusten!“, rät der Prüfer. Und siehe an, schon gibt es grünes Licht für die notwendige Bescheinigung und der Kunde kann zufrieden nach Hause fahren.

Anpacken beim Sommercheck

Wasser nachfüllen, Ölstand messen, Reifendruck prüfen - beim Sommercheck kann ich erstmals wirklich mit anpacken. Und dann muss ich mich sogar noch richtig dreckig machen. „Die Klimaanlage hier ist defekt“, bringt mich das Team zur nächsten Aufgabe. Jetzt darf ich mal richtig in den Wagen langen und nach vier gelösten Schrauben kann ich dem Schornsteinfeger Konkurrenz machen. Den weiteren Ausbau übernehmen die Männer, es ist Kraft gefragt.

Einen Wunsch darf ich mir aber noch erfüllen: Probe fahren! „Da bin ich leider immer auf Hilfe angewiesen!“, bedauert der Meister, der aufgrund einer angeborenen Behinderung an den Rollstuhl gebunden ist und nur sein eigens umgebautes Auto fahren kann. Gern nehme ich helfend den Corsa-Schlüssel in Empfang und drehe meine Runde. „Alles okay?“, fragt der Experte danach. „Keine verdächtigen Geräusche, läuft alles rund!“, probiere ich mich an einer fachmännischen Antwort. Bevor ich mir die Hände sauber rubbele und mich für die Heimfahrt in mein eigenes Gefährt schwinge. Feierabend. Aber der Tag in der Werkstatt hat richtig, richtig Spaß gemacht.

HIER gehts zu Folge 1: im Supermarkt!

Autor:

Sara Drees aus Dortmund

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