Ein Brückenbauer - Pater Dr. Jörg Gabriel und seine Gemeinde St. Kamillus

Pater Jörg Gabriel - ein interessanter Gesprächspartner.
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„Ein Gespräch? Natürlich, ich nehme mir Zeit. Kommen Sie doch zu mir, es gibt Kaffee. Und Waffeln!“ Schon am Telefon ist die Stimme sympathisch, „in echt“ der ganze Mann gebildet, interessant, einfach nett. Allerdings…

Da gibt es zurzeit viele Störfeuer rund um die katholische Kirche. Sicher, der neue Papst scheint zum Positiven verändern zu wollen: „Der alte Papst konnte nicht Fünfe gerade sein lassen, Franziskus weckt da viel Hoffnung.“ Doch Kardinal Meisners Satz: „Eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien“? Pater Dr. Jörg Gabriel ist „auf 180“: „Einfach erschütternd - ärgerlich und unsensibel!“

Limburg?

Auch ein heikles Thema, welches Pater Gabriel sehr nahe geht. Auf dem Schreibtisch des kleinen Pfarrbüros findet sich ein Papiermodell des Limburger Doms. Jörg Gabriel kommt nämlich aus der Ecke, wurde in Bad Camberg - nur 20 Kilometer südlich des neuen Prunk-Bischofsitzes - geboren. Daher weiß er: „Da ist mehr als die Baukosten. Es gärt schon seit seinem Amtsantritt 2008, die lokalen Zeitungen sind voll mit Problemen rund um den Bischof.“ Beim letzten Besuch bei den Eltern durfte natürlich ein kurzer Abstecher nicht fehlen. Gabriel machte sogar Fotos: „So groß. Was soll das?“ Es wurmt ihn schon, den so uneitlen Kirchenmann: „Da kann so viel Positives kaputt gemacht werden!“
Angesprochen wird er auf diesen wunden Punkt eher selten. „Im Gespräch, so nebenbei, wird Tebartz-van Elst schon mal erwähnt, aber bei uns hat Kirche ein ganz anderes Gesicht. Hier hat ‚Gemeinde‘ nichts mit der ‚mächtigen Amtskirche‘ zu tun. Ich bin ein Pastor auf dem Land.“ Die Menschen könnten genau unterscheiden: „Mich kennen sie, wissen, dass ich nicht für so einen Stil stehe.“ Er spürt den Rückhalt „seiner“ Leute, auch in schwierigen Zeiten.
Als Jörg Gabriel im Januar 2011 die Nachfolge von Pater Arno Geiger übernahm, war er den Gemeindemitgliedern schon bekannt. Er lebte schon seit 1994 nebenan, beim Kamillanerorden in Heidhausen, 1999 wurde er zum Priester geweiht, war unter anderem Krankenhausseelsorger der Kliniken Essen-Süd.

Doktor der Theologie

Fast wäre er ein „Studierter im Elfenbeinturm“ geworden, denn der Magister der Philosophie spielte schon mit dem Gedanken, nach seiner Promotion als Doktor der Theologie den Weg der Habilitation zu gehen - Dozent oder Professor an einer Universität, zum Beispiel in Freiburg? Verlockend? Nein! „Ich wollte meine Gedanken mit echten Menschen, in einer richtigen Gemeinde umsetzen!“ Gabriel denkt in neuen Formen. „Nicht man sollte, man müsste, sondern konkret werden! Und so habe ich hier gehandelt. Natürlich muss jemand anstoßen, die Fäden in der Hand halten. Aber reinreden werde ich meinen Leuten nicht. Denn jeder von ihnen bringt so viele Fähigkeiten ein. Ich staune, was plötzlich alles passiert in der Gemeinde!“ In der Tat, es ist Bewegung zu spüren, man meint förmlich, das - aus solidem Stein gebaute - Begegnungszentrum würde abheben und den Menschen zufliegen.
Pater Gabriel lässt den Blick schweifen: „Hier war so viel verschenkter Platz, ungemütlich, kalt, das musste anders werden.“ Erst waren nur kleine Veränderungen geplant, doch dann keimte der Gedanke „Warum nicht groß denken und alles auf einmal?“ Die Gelegenheit beim Schopfe packen, Ideen sprudeln lassen…die Dynamik hat den Kirchenmann selbst überrascht: „Ein Stein wurde losgetreten, es tut sich was!“
Letztens hörte er eine Ehrenamtliche sagen: „Ich geh‘ jetzt in die Begegnung! So soll es sein, die Menschen sollen zusammenkommen, Einsamkeit - gerade im Alter - kann überwunden werden!“

Das große Projekt – ein Begegnungszentrum

Rund 30 Helfer boten ihre Dienste im Begegnungszentrum an, weitere 50 sind in anderen Projekten engagiert. Es gibt nun ein Kirchencafé, die rundum sanierte Bibliothek, eine Sozialberatung, ab März wird es zweimal im Monat auch Trauerbegleitung in einem „Trauercafé“ geben: „Da war die Nachfrage groß. Vorbild ist die Trauergruppe in der Evangelischen Kirchengemeinde Werden. Ich habe bei Maret Schmerkotte nachgefragt, wie sie das gemacht hat.“ Gelebte Ökumene, der Katholik war sich nicht zu schade, zur Protestantin zu „pilgern“ und nachzufragen: „Ich habe mir Tipps geben lassen.“ Zwei Damen werden diese Gruppe leiten, „das ist zufällig zustande gekommen. Oder war es doch kein Zufall?“

"Es lohnt sich!"

Weitere Ideen reifen gerade, Jugend-Liturgie, Gottesdienst „für Fragende und Suchende“, Schulprojekte. Teilweise geplant und durchgeführt von kleinen Kreisen, Gabriel sieht sich da nur als Brückenbauer. „Das klappt ganz gut – die Leute sollen ihr Ding machen!“
Mit „Phantasie und Dickköpfigkeit“ müsse man drangehen, nicht jammern: „Und siehe da - aus einer kleine Idee wurde Großes. Es braucht natürlich Zeit und langen Atem. Aber es lohnt sich!“

Spirituelle Bibliothek

„Ein spirituelles Leben führen, die eigene Mitte finden, das ist mir wichtig. Erfahrungen mit Gott machen, gelassener und ein glücklicher Mensch werden, da reicht der Gottesdienst nicht aus“. Eine erste Initiative ist immer dienstags eine Schweige-Meditation. Auch möchte Gabriel das nächste Projekt aus der Schublade heraus holen und weist auf einen kleinen Raum: „Der ist jetzt dran!“ Eine spirituelle Bibliothek soll es werden, basierend auf seinen Büchern aus Studientagen. Beileibe nicht nur theologische Wälzer, eher spirituelle Anregungen. Hier dürfen sich die Menschen bedienen, ihrem Gott näher kommen.
So stellt er sich übrigens den idealen Urlaub - an der Nordsee - vor: Im Teehaus sitzen, ein gutes Buch in den Händen…

"Die Himmelsstürmer"

Seine Rolle in der Gemeinde? „Ich möchte gern der ‚Spiritual‘ der Gemeinde sein - aber Pastor, also Schäfer, gefällt mir auch gut…“ Seine nächste Rolle? Jörg Gabriel muss schmunzeln. „Ja, bei der Theatergruppe ‚Die Himmelsstürmer‘ bin ich weiterhin Mitglied.“ Zuletzt war der Pater „Harry Hecht“, ein Schürzenjäger, der war ihm so gar nicht und deswegen doch wieder auf den Leib geschrieben. Köstlich, wie er den Vorstadt-Casanova gab, gewandet in einem Ballonseidenanzug: „So aus den 80ern war der und echt hässlich!“ Die Himmelsstürmer proben bereits ein neues Stück. „So viel darf ich verraten, es spielt in einem Bestattungsinstitut. Und mir haben sie wieder so eine Deppenrolle ausgesucht!“

Nein, Pater Gabriel hat so gar nichts von einem Prunkbischof!

Pater Jörg Gabriel - ein interessanter Gesprächspartner.
Bei einer leckeren Tasse Kaffee kommt man schnell ins Gespräch im Begegnungszentrum der Gemeinde St. Kamillus.
Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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