60% der Kinder haben kein eigenes Buch

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Mensch Kinder, von so einer Schulstunde kann man nur träumen. Doch ich schwöre, es ist wahr, kein Weihnachtsmärchen. Realität. Mitten im Gervinus-Schulunterricht platzt plötzlich ein Clown in die „Elefantenklasse“. Bläst lautstark in sein Horn. Schulleiter Gerhard Gröne lacht dazu breit, während er sich an Büchern krumm schleppt. Ein Bild zum Piepen…
Clown und Schulboss, dürfen die denn so ohne Weiteres Lehrerin Astrid Keimer samt Schulkinder stören? Und ob! Alles hat eine Vorgeschichte…
Es war einmal… Die engagierte Pädagogin Keimer setzte sich einst mit dem Rotary Club in Verbindung, nachdem sie vom Projekt „Lesen lernen – Leben lernen“ gehört hatte. „Stimmt“, bestätigt Hubert von Schnakenburg. Er ist Projekt-Koordinator vom Rotary Club (RC) Distrikt 1900 – Meinerzhagen bis Minden, Essen bis Höxter. „Also, wir verschenken Bücher an Kinder, weil 60 % noch nie ein eigenes Buch besessen haben!“
Unglaublich! Uwe Schmidt, Präsident 2009/10 des Rotary Clubs Essen-Hellweg (einer von sechs Clubs in Essen) bekräftigt das. Genau aus diesem Grund entstand das Projekt „Lesen lernen – Leben lernen“ in NRW und Rheinland Pfalz. „Bisher wurden 7300 Schulklassen mit ca. 250000 Büchern deshalb von uns beschenkt – bundesweit.“
Mit initiiert wurde es vom Chef der Mayerschen Buchhandlung, Helmut Falter – ebenfalls Rotarier. Schmidt verdeutlicht: „Wir wollen damit erreichen, dass viele Kinder möglicherweise ihr erstes, eigenes Buch besitzen. Sie dürfen es nämlich mit nach Hause nehmen. Wir möchten Kindern Freude am Lesen vermitteln; Lesen soll Spaß machen; Lesen regt die Fantasie an. Wenn kleine Leseratten nachher sagen: Lesen ist wie auf Wolken schweben, haben wir unser Ziel erreicht.“
Beipflichtung von Gervinusschulchef Gröne. „Besonders gut ist, dass zu dem Projekt auch umfangsreiches didaktisches Material gehört. Somit werden wir Lehrer auch beschenkt. Fakt ist, dass ein Teil der Kinder von Zuhause vernünftig gefordert und gefördert wird; aber es gibt auch den anderen Teil - Kinder mit besonders bildungsfernem Elternhaus.
Um diese Lütten zu erreichen, lässt Hubert von Schnakenburg sich einiges einfallen. Er knallt nicht einfach ‚nen Scheck von 1000 Euro auf den Tisch. Sondern er zieht sich in Null Komma nix vor uns um. Und fertig ist der Clown mit Perücke, Ringelpulli, Schminke. Mit Schmackes bringt er die Pennäler auf den Geschmack für die Bücher „Es muss auch kleine Riesen geben“ von Irina Korschunow und „Spaß im Zirkus Tamtini“ von Elisabeth Stiemert. Bevor die Zweit- und Drittklässler ihr neues Buch in den Händen halten, wird ihnen dessen Bedeutung erklärt. „Passt gut darauf auf. Es gehört jetzt nur allein euch. Deshalb tragt euren Namen in Schönschrift auf der ersten Seite ein.“
Versprochen. Der zehn-jährige Timo liest heute Abend das Zirkus-Buch. „Ich schreibe nicht so gut. Beim Lesen kann ich üben. Lesen ist nicht so aufwändig wie Schreiben.“ Christoph „verschlingt“ auch ab heute das Buch. „Lesen ist spannend. Ich habe schon viele Bücher gelesen. Augenblicklich das „Magische Baumhaus“ von Mary Pob Oxborne.“ Da muss selbst die Klassenlehrerin passen. „Das kenne ich nicht.“
Klar, ein Clown kommt immer klasse bei Kindern an, zumal er noch dicke Buchgeschenke mitbringt. Von li.: Uwe Schmidt, Rotary Club Essen-Hellweg, Präsident 2009/10; Gerhard Gröne, Gervinusschulleiter; Hubert von Schnakenburg, Projekt-Koordinator Rotary Club.

Alle Fotos: Michael Gohl / West Anzeiger

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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