Das Hans-Sachs-Haus im historischen Kontext

Das Hans-Sachs-Haus im Jahr 1928 mit der beleuchteten Schrift, wie sie auch jetzt wieder erscheinen wird. | Foto: Stadt Gelsenkirchen
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  • Das Hans-Sachs-Haus im Jahr 1928 mit der beleuchteten Schrift, wie sie auch jetzt wieder erscheinen wird.
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Mit der zunehmenden Industrie wuchs auch die Stadt Gelsenkirchen zu einer Großstadt heran. Damit wuchsen auch die Begehrlichkeiten und das Rathaus am Machensplatz reichte den Stadtoberen nicht mehr aus.

Das Hans-Sachs-Haus war zu seiner Bauzeit sehr modern

Mit dem Hans-Sachs-Haus erhielt Gelsenkirchen ein Bauwerk, das architektonisch, bautechnisch und in seinen Nutzungsmöglichkeiten einzigartig und avantgardistisch war.
Im Stile des Backsteinexpressionismus, der die Oberflächengestaltung der Zechen und Industriebauten des Ruhrgebiets aufgriff, und mit der Sachlichkeit des Werkbundes und des Bauhausstils mit seinen klaren Linien schuf der Architekt Alfred Fischer eines der eindrucksvollsten Bauwerke der 1920er Jahre im Ruhrgebiet.
Bereits 1921 geplant, verzögerte sich der Bau durch die Wirren der Weimarer Republik erheblich. Erst 1927 konnte das Haus eingeweiht werden. Die aufstrebende Großstadt Gelsenkirchen errichtete sich ein Gebäude, das in den folgenden 80 Jahren, trotz partieller Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, trotz Um- und Anbauten sowie Modernisierungen zu einem unverwechselbaren Wahrzeichen der Stadt wurde.

Alfred Fischer über seinen Entwurf

„Überall entstehen zukunftweisende Werke neuer Baugesinnung. Das Dekorative hat abgewirtschaftet. Anstelle des Scheins tritt das Sein. Das neue Bauwerk, Produkt in neuer Geistigkeit Schaffender, entsteht aus der Diktion des Materials der Konstruktion des Zwecks. Alles Beiwerk fällt. Wahrheit, Klarheit, Einfachheit sind die Richtlinien, denen der schöpferische Geist folgt,“ schrieb Alfred Fischerim Jahre 1927 über seinen Entwurf, den eine Jury aus verschiedenen Vorschlägen auswählte.

Ein Wettbewerb zur Namensgebung

Im März 1926 schrieb die Stadt einen Wettbewerb aus, um einen geeigneten, kurzen und treffenden Namen für das Haus zu finden, der den doppelten Zweck des Gebäudes als Bürohaus und Kulturstätte beschreiben konnte.
Die Chefredakteure der drei Gelsenkirchener Zeitungen, Brepohl („Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung“), Esser („Gelsenkirchener Zeitung“) und Zingler („Volkswille“) sowie der Stadtbaurat Arendt entschieden über die Vergabe der Hauptpreise von 100, 50 und 30 Mark und der fünf Trostpreise über je 10 Mark. Das Preisgericht tagte am 16. April 1926.
27 Namen wurden eingesandt, 26 davon kamen in die engere Wahl. Vorschläge wie „Merkur-Saal“, „Ton-Haus“, „Fugger-Wagner-Haus“, „Händel-Handels-Haus“, „Gelsenkirchener Musik- und Bürohaus“,“ Haus der Kunst und Arbeit“ blieben ebenso ohne Preis wie die eher witzigeren Vorschläge „Wedelstätte“ (nach dem damaligen Oberbürgermeister Carl von Wedelstaedt), „Haus Pleite“ oder „Pütt-Jazz“. Trostpreise gingen an Namen wie „Gelsenburg“, „Sirene“, „Tipp-Ton-Halle“, „Stadtstimme“, „Städtischer Aufbau“.
Der 1. Preis ging an Luise Heikhaus für „Hans-Sachs-Haus“. Auf den zweiten Rang kam Fritz Peters „Das Hohe Haus“ und dritter Sieger wurde Karl Gymnich mit seinem Vorschlag „Klinkerhof“.

Hans Sachs - der Name passte zur Stadt

Hans Sachs ist uns Deutschen Sinnbild für die Verbindung von Werkarbeit, die materielle Werte erzeugt, und der Kunst, der wir ideelle Werte verdanken. Sein Name wurde daher dem Hause gegeben, das eine Arbeitsstätte für Handel, Gewerbe und Verwaltung und mit seinem in ihm enthaltenen Konzertsaale eine Pflegestätte für edle Kunst, namentlich die Musik werden soll,“ schrieb Oberbürgermeister Carl von Wedelstaedt in der Festschrift zur Eröffnung des Hauses 1927.
Der Bürger und Schuhmachermeister, der gleichzeitig Dichter war, überzeugte die Jury als Namenspate. Und so schrieb die Gelsenkirchener Zeitung in ihrer Festausgabe zur Eröffnung des Hauses am 15. Oktober 1927: „Wahrlich kein schönerer und anmutender Name hätte gefunden werden können, als der des großen Herolds der Meistersinger, dem Wagner in seiner Oper ein herrliches Denkmal gesetzt hat, jenes Mannes, der in seinem Leben und Wirken Dichtkunst und Gewerbe in wunderbarer Vereinigung künstlerisch verkörpert hat, wie Goethe, der Altmeister der deutschen klassischen Poesie, es in dem sinnigen Vers ausgedrückt hat: ‚Hans Sachs war ein Schuhmacher und Poet dazu‘.“

Hans-Sachs-Haus damals wie heute

Der Name „ Hans-Sachs-Haus“ wurde in Großbuchstaben über dem Haupteingang an der Ebertstraße angebracht. Die Buchstaben des Schriftzuges waren weit auseinander gezogen und nahmen fast die gesamte Fassadenfront ein. Die Schrift dazu hatte sich Alfred Fischer selbst ausgedacht. Daran erinnert auch der jetzt neu angebrachte beleuchtete Schriftzug.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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