Der Lockdown sorgt für Langeweile bei den Tieren und Mindereinnahmen bei den Betreibern
Der Zoom im Zwangs-Winterschlaf

Vor lauter Langeweile kann dieser Tiger im Zoom nur noch herzhaft gähnen. | Foto: Gerd Kaemper
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  • Vor lauter Langeweile kann dieser Tiger im Zoom nur noch herzhaft gähnen.
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Erst einmal die gute Nachricht: "Den Tieren geht es gut". Das erklärt Nataly Naeschke, Pressesprecherin der Zoom Erlebniswelt, den Tierfreunden, die schon seit vielen Wochen keinen Besuch mehr im Gelsenkirchener Zoo machen durften. Und genau das sorgt für die weniger gute Nachricht, denn dem Zoo fehlten im letzten Jahr und auch in diesem Jahr viele Einnahmen durch Besucher.

Im Jahr 2020 musste die Zoom Erlebniswelt an 113 von 365 Tagen geschlossen bleiben und bis zum derzeit voraussichtlichen Ende des Lockdowns fehlen auch in diesem Jahr bereits die Einnahmen von 66 Tagen bis einschließlich 7. März. Dabei ist noch längst nicht klar, ob es danach zu Lockerungen kommen wird. Zumal der Zoo als Freizeiteinrichtung eingestuft wird wie Freizeitparks, Museen, Theater und mehr.
"Das Wohlergehen der Tiere steht natürlich an erster Stelle", schildert Nataly Naeschke. "Sie sind prima versorgt und die Tierpfleger erledigen ihre Arbeit wie üblich, nur jetzt mit einem flexibleren Zeitablauf, weil die Arbeiten ja unabhängig von der Anwesenheit der Besucher als Zuschauer erledigt werden können."
So sind etwa Reinigungsarbeiten sonst bereits vor dem Einlass der Besucher abgeschlossen, hier drängt nun keine Zeit. Dafür kann jetzt direkt am Morgen das medizinische Training absolviert werden, hinter dem sich der Kontakt zwischen Tieren und Pflegern verbirgt, damit diese sich Vertrauen erarbeiten und den Tieren die Scheu vor Berührungen nehmen. Das ist wichtig, wenn sie gewogen oder medizinisch behandelt werden müssen. "Dabei lernen die Tiere auch auf Zurufe ihrer Pfleger zu reagieren", so Naeschke. Die Tiere wechseln auch jetzt vom Stall raus in die Freianlagen, damit sie das Wetter genießen können. "Die Tiere im Bereich Afrika mussten in der Schnee- und Eisphase im Stall bleiben, aber sobald die Temperaturen wieder angepasster werden, dürfen sie auch wieder raus", weiß die Zoo-Sprecherin.
Durch den Lockdown verändert sich die Arbeit der Tierpfleger aber nicht nur um Tagesablauf, sondern auch von ihren Aufgaben. "Den Tieren fällt schon auf, dass es viel ruhiger ist als sonst. Gerade die Menschenaffen vermissen die Besucher, aber auch die Löwen nehmen die wenigen Menschen, die sie nun zu Gesicht bekommen anders war. Das bedeutet für die Pfleger, dass sie die Tiere mehr beschäftigen müssen", schildert Nataly Naeschke.
Und so werden für Tiger Geruchsspuren gelegt und für Braunbären Gewürzspuren, mit deren Hilfe sie sich ihr Futter suchen müssen. Die Menschenaffen bekommen ihr Futter in Stockkästen, damit sie pulen müssen, um daran zu kommen. "Es fehlen eben die äußeren Eindrücke, wie ein Hund, der mit den Besuchern zu Gast ist und vor der Scheibe steht", weiß Naeschke.
Darüber hinaus bleibt alles wie gehabt und die Zoom Erlebniswelt muss als Unternehmensbereich der Gelsenkirchener Stadtwerke die gewohnten Ausgaben für Futter, Personalkosten und Instandhaltungsmaßnahmen ausgeben. Fehlen nur die Einnahmen durch die Besucher, die gemeinsam mit der Unterstützung durch die Stadtwerke als Mischkalkulation die Bewirtschaftung tragen.
"Zwischen den Lockdowns im letzten Frühjahr und dem seit November aktuellem durften nur zwischen 2.500 und 3.500 Besucher am Tag eingelassen werden. An einem Samstag im Sommer zählen wir normalerweise aber 10.000 Besucher. Und selbst wenn man berechnet, dass vielleicht an manchen Tagen durch die Fluktuation bis zu 5.000 Besucher da waren, fehlen Eintrittsgelder", gibt die Sprecherin zu bedenken.
Im letzten Jahr erhielt die Zoom-Erlebniswelt 800.000 Euro an Fördermitteln von der Bezirksregierung Münster aus der Corona-Zooförderung des Landes NRW. Auch wenn der Januar und Februar nicht zu den besucherstärksten Monaten gehören, fehlen diese Einnahmen.

SPD-Landtagspolitiker kritisiert Landesregierung

„Hohe Tiere in Düsseldorf wollen keine besondere Unterstützung für den Gelsenkirchener Zoom und andere Zoos in NRW, wie es sie noch im ersten Lockdown gegeben hat,“ kritisierte der Gelsenkirchener SPD-Landtagsabgeordneten Sebastian Watermeier nach einer Antwort von Umweltministerin Heinen-Esser auf seine Kleine Anfrage. "Die schwarz-gelbe Landesregierung will die Zoos nicht erneut fördern, um ihnen über die schwierige wirtschaftliche Lage in der Corona-Pandemie hinwegzuhelfen."
Der Grund: Nach Aussage der Landesregierung habe der Bund wirtschaftliche Hilfen angekündigt, deren Bewilligung allerdings schleppend verlaufe. „Die Landesregierung will trotz Dringlichkeit nur im Fall einer Nichtzahlung durch den Bund prüfen, den Zoos noch einmal zu helfen. Dass Umweltministerin Heinen-Esser ihrem CDU-Parteifreund Peter Altmaier, der als Bundeswirtschaftsminister für das Verfahren zur Beantragung und Bewilligung der Hilfen zuständig ist, ein derart schlechtes Zeugnis ausstellt, ist schon bemerkenswert“, findet Watermeier.
Über die Corona-Hilfen hinausgehende Unterstützungen der Zoos in NRW lehnt die Landesregierung trotz der Bedeutung für Freizeit, Bildung und Artenschutz grundsätzlich ab. Das hält Watermeier für einen schweren Fehler: „2020 war für die Zoos, die sich in der Regel in kommunaler Trägerschaft befinden, ein schwieriges Jahr.“
Vielen Kommunen werden sich zukünftig die Frage stellen, ob Eintrittsgelder erhöht oder Zoo-Angebote eingeschränkt werden müssen, um die finanziellen Belastungen auszugleichen. Das gehe am Ende zu Lasten der Bürger. „Es liegt in der Verantwortung der Landesregierung, dass die vielfältige Zoolandschaft für die Menschen erhalten bleibt“, so der Abgeordnete.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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