Gewalt im Fußball: "Bei Rot sehen einige Spieler rot"

So ruhig wie in dieser Szene akzeptiert nicht jeder junge Fußballspieler den Platzverweis.  Aggressives Verhalten gegenüber Schiedsrichtern nimmt auf Fußballplätzen zu. | Foto: Kariger
  • So ruhig wie in dieser Szene akzeptiert nicht jeder junge Fußballspieler den Platzverweis. Aggressives Verhalten gegenüber Schiedsrichtern nimmt auf Fußballplätzen zu.
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„Schiri, wir wissen wo dein Auto stand, hat gut gebrannt!“
Schmähchöre gegen Schiedsrichter, die von Fans so leichtfertig auf der Tribüne gesungen werden, verharmlosen, was unten auf dem Platz oft bittere Realität ist. Auch wenn eher selten ein Auto brennt, ist die Stimmung auf deutschen Fußballplätzen oft brenzlig. Brenzlig bis akut gefährlich - vor allem gegen denjenigen mit der Karte in der Hand.

Über diese Entwicklung der immer häufiger auftretenden Ausschreitungen auf Fußballplätzen hat der STADTSPIEGEL mit dem Jugendwart der Fußballabteilung des StadtSportVerbandes Gladbeck (SSV) gesprochen.„Bei Rot sehen einige Spieler rot“, weiß Michael Schneider und berichtet von zwei Fällen, die sich in diesem Jahr bei Jugendspielen zugetragen haben.
Im Frühjahr musste der Fall eines A-Jugendspielers vor der Spruchkammer verhandelt werden, nachdem dieser den Schiedsrichter gewürgt hatte. „Nach dem Platzverweis hatte der sonst relativ ruhige junge Mann Probleme sich zu beherrschen. Auch seine Mitspieler konnten ihn nicht mehr bremsen.“ In der Folge wurde er für ein Jahr gesperrt.

Während eines B-Jugendspiels haben sich zwei Spieler derselben Mannschaft derart heftig geprügelt, dass das Spiel abgebrochen werden musste. „Das ist der bereits achte Spielabbruch vor dem 6. Spieltag in unserem Kreis. Konflikte hat es immer gegeben, doch die Form und Häufigkeit der Auseinandersetzung ist neu.“
Das manche junge Männer ein höheres Aggressionspotenzial haben und beim geringsten Anlass Streit suchen, zeige sich nicht nur bei Spielen, sondern schon beim Training. Hier sollten die Trainer mehr in die Pflicht genommen werden und früher eingreifen; diese müssten heutzutage ohnehin mehr Psychologe als Fußballlehrer sein, meint Michael Schneider, der sich darüber hinaus auch um den Schiedsrichter-Nachwuchs sorgt. Die Aufgabe ein Fußballspiel zu pfeifen, werde immer undankbarer. Der Druck auf den Unparteiischen gehe nicht allein von den Spielern aus, sondern oftmals auch von deren Eltern, die vom Seitenrand aus lautlärmend einen erheblichen Teil zur kochenden Stimmung beitragen. „Das es sich hier nur um Sport handelt vergessen die vermeintlichen Vorbilder schnell und stacheln die Jugendlichen mit ihren Zurufen und Beleidigungen zusätzlich an.“

Das Thema „Vermeidung von Gewalt im Fußball“ hat es auch auf die Tagesordnung der Jugend-Fachschafts Versammlung des SSV geschafft. Hier haben die Vertreter der anwesenden Gladbecker Fußballvereine Vorschläge erarbeitet, welche Konsequenzen „Serientäter“ erfahren sollten und was für Präventivmaßnahmen getroffen werden können. Michael Schneider warnte davor, das die Vereine es sich nicht zu einfach machen sollten „und die Leute gleich rausschmeissen“, denn bei anderen Vereinen könnten sie wiederum „mit offenen Armen“ aufgenommen werden.
Daher möchten die Vereinsvorstände auffällige Spieler künftig in einer Datenbank erfassen, damit diese nicht ohne Weiteres den Verein wechseln können.
Mit den Gladbecker Vereinen möchte man beginnen und mit der Erstellung einer „Mahn-Liste“ ab der kommenden Saison starten.

Im besten Fall soll jedoch eine kreisweite Datenbank gewaltbereiter Fußballer erstellt werden, auf die alle Vereine des Kreises 12 Zugriff haben und über die sie sich austauschen können. Auch Peter Schywek, Vorsitzender des Kreises 12 Gelsenkirchen-Gladbeck-Kirchhellen, spricht sich für eine kreisweite Erfassung von den Senioren bis zur Jugend aus. Zusätzlich wird sich der SSV mit dem Jugendamt der Stadt Gladbeck in Verbindung setzen, um zu klären, inwieweit eine persönliche Betreuung von „Intensivtätern“ durch Pädagogen in Einzelgesprächen möglich ist.
Zu diesen Überlegungen soll noch in diesem Jahr ein Gespräch im Kreis mit den Vereinen stattfinden.

Der STADTSPIEGEL bleibt am Ball und wird weiterhin berichten.

Autor:

Christian Gensheimer aus Essen-Nord

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