Gewerbeflächenplanung in Haltern am See
Hat die Stadt Haltern trotz Flächenüberhang einen selber eingebrockten Gewerbeflächen-Engpass?

Foto: Flächenverschwendende Gewerbegebiete der alten Generation
(Foto: Petra Klawikowski, Wikimedia Commons)

Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung ist angesagt

HALTERN AM SEE. Obwohl der ganz aktuelle Regionalplan Ruhr für das Halterner Stadtgebiet ein Überangebot von ca. 5 ha Gewerbeflächen ermittelt hat, möchte die Stadt 10 ha weitere Reserveflächen im grünen Außenbereich - bevorzugt in der „Musendille“ an der Münsterstraße (oder an einem Alternativstandort) - erschließen, weil diese in ihrem Flächennutzungsplan bereits ausgewiesen waren.

Die Stadt macht geltend, dass sie dringend weitere Gewerbeflächen benötigt wegen angeblicher Engpässe, obwohl sie sich diese durch Fehlplanungen selber eingebrockt hat - und der Bedarf deshalb zu hinterfragen ist. Andere Städte gehen bei der Gewerbeflächenplanung längst innovative Wege mit flächensparenden Gewerbegebieten der „neuen Generation“, begleitet von einer nachhaltigen Umorientierung ihrer Wirtschaftsförderungspolitik.

Wer die Münsterstraße entlang fährt, sieht in dem bereits vorhandenen Gewerbegebiet mit überwiegend eingeschossigen Gewerbebauten und Lagerhallen noch einige ungenutzte Brachflächen und Baulücken sowie als bloße Reserve- oder Lagerflächen und Autoabstellplätze genutzte Flächen. Diese könnte man effektiver nutzen, ohne neue Flächen in Anspruch zu nehmen in allzu ausgedehnten Gewerbegebieten mit geringem Ausnutzungsgrad und relativ niedrigem Arbeitsplatzbesatz. Es geht also um Optimierung der Gewerbeflächennutzung und -gestaltung, nicht um die immer weitere (unnötige) Ausdehnung von Gewerbeflächen in die Landschaft nach überkommenem Gestaltungsmuster.

Vertane Chancen bei Planung und Kooperation der Gewerbetreibenden

Es wurde bei den bisherigen Halterner Gewerbegebieten die Chance versäumt, durch optimalere Nutzung und Gestaltung sowie Kooperation der Gewerbetreibenden eine mögliche Halbierung der insgesamt benötigten Flächen zu erzielen, etwa durch mehrgeschossige statt eingeschossige Gewerbebauten, durch gemeinsame Parkhäuser und Verwaltungsgebäude, durch gemeinsame Lagerhaltung und Zufahrten, gemeinsamen Fuhrpark u. v. m. Denkbar und machbar wäre auch eine gemeinsame Gebäudenutzung und Bürodienstleistungen wie Buchhaltung, gemeinsame Besprechungsräume, Sozialräume und Kantinen, gemeinsame Technikeinrichtungen für Energieversorgung etc. Solche Synergien werden bisher kaum genutzt oder angestrebt, obwohl sie die Betriebskosten und den Investitionsaufwand deutlich senken würden. Dazu im Weiteren nachahmenswerte Praxisbeispiele und praxistaugliche Empfehlungen, auch für eine nachträgliche Optimierung.

Flächenverschwendung durch Handelsbetriebe in Gewerbeflächen am Stadtrand

Hinzu kommt, dass die Stadt Haltern allein im Gewerbegebiet Münsterstraße ein Drittel der wertvollen Gewerbeflächen für 16 Einzelhandelsbetriebe mit über 13.000 qm Verkaufsflächen am falschen Standort geradezu verschwendet hat, die man teilweise auslagern und umnutzen könnte. Denn diese gehören nicht in Gewerbegebiete am Stadtrand auf der grünen Wiese, sondern ins Stadtzentrum oder in die Ortsteilzentren, wie schon im Einzelhandelsgutachten für die Stadt Haltern bemängelt wurde. Das sollte die Stadt bei ihrer weiteren Gewerbeflächenplanung und Wirtschaftsförderung endlich beherzigen, statt jedwedem Ansiedlungsbegehren bereitwillig stattzugeben.

Haltern ist klassische Wohn –und Auspendlerstadt und kein Wirtschaftsstandort

Außerdem ist Haltern eine klassische Wohn- und Auspendler-Stadt und kein eigentlicher Wirtschaftsstandort, der mit den Gewerbeflächenangeboten der Ruhrgebietsstädte mithalten müsste. Im aktuellen Ranking der Wirtschaftsstandorte ist Haltern im Landes- und Kreisvergleich nach ganz hinten abgerutscht, weil die reine Wohnstadt kein konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort in Nachbarschaft der Industriestädte ist und auch nicht dahin entwickelt werden kann. Und bis zum Jahr 2030 wird sich zudem der Anteil der Erwerbstätigen in Haltern sehr stark reduzieren, wie die demografischen Prognosen für Haltern zeigen.

Fokus der Wirtschaftsförderung auf vorhandene Arbeitsplatzpotenziale

Die Wirtschaftsförderung sollte sich demgemäß in der ländlich geprägten Touristenstadt Haltern auf die Arbeitsplatz-Potenziale im touristischen und gastronomischen Sektor, bei Handel und Dienstleitungen sowie Handwerk und Landwirtschaft konzentrieren. Für die berufstätigen Halterner und die fast 5.000 Einpendler befinden sich hier immerhin fast 12.000 Arbeitsplätze in der Stadt Haltern, deren Bestand an den vorhandenen Standorten zu sichern ist.

Die meisten Arbeitsplätze außerhalb der Gewerbegebiete und außerhalb der Stadt

Doch ein Großteil der Halterner Arbeitsplätze befindet sich gar nicht innerhalb von Gewerbegebieten, sondern innerhalb der Wohn- und Gemeinbedarfsflächen, in der Innenstadt oder im Außenbereich. Ein noch größerer Anteil der Arbeitsplätze für die Halterner Berufstätigen liegt sogar außerhalb der Stadtgrenzen von Haltern in den Nachbarstädten, wie der Anteil von 66% Auspendlern belegt. Die über 13.000 Halterner Auspendler arbeiten z.B. im Chemiewerk Marl oder in den Dienstleitungszentren und auf den Büroarbeitsplätzen in Recklinghausen und Münster, aber auch in Bochum und Gelsenkirchen.

Nachbarstädte sorgen hinreichend für die Arbeitsplatzversorgung der Halterner

Die Nachbarstädte, von denen Haltern profitiert, garantieren mit ihren qualifizierten Arbeitsplatzangeboten somit die niedrige Arbeitslosenquote in der Wohnstadt Haltern von nur 3,5%. Haltern gehört somit zu einer größeren, regionalen Arbeitsmarktregion und ist kein eigenständiges Arbeitsmarktzentrum. Es kann somit nicht alle nachgefragten Arbeitsplätze in seinem Stadtgebiet abdecken, schon gar nicht die hochwertigen Verwaltungsarbeitsplätze in Behörden, Konzernzentralen und Hochschulen an externen Zielorten vieler Halterner Auspendler und von dort Zugezogener.

Kein städtisches Konzept für die Gewerbeflächenstrategie erkennbar

Eine städtische Strategie oder ein nachhaltiges Konzept für nachhaltige Gewerbeansiedlungen in Haltern zur Abdeckung des Restbedarfs ist bislang nicht erkennbar, weil zumeist auf bloße Anforderungen von Gewerbetreibenden nur reagiert wird. Bei der Diskussion um ein neues Gewerbegebiet an der „Musendille“ geht es weniger um Neuansiedlung von Betrieben oder neue Existenzgründungen als vielmehr um die bloße Aussiedlung oder Erweiterung vorhandener Betriebe aus der Stadt. Angeblich gibt es im Rathaus interne Überlegungen für ein gesamtstädtisches Konzept zur langfristigen Standort-Bindung von Gewerbebetreiben an Haltern, das aber noch nicht spruchreif sei.

Vergleich mit der Nachbarstadt Dülmen untauglich

Oftmals vergleicht sich die Stadt Haltern neidvoll mit der Nachbarstadt Dülmen, deren sehr ausgedehnten Gewerbegebiete ringsum bei der Durchfahrt geradezu ins Auge fallen und das Stadtbild sowie die Innenstadt schädigen, wie unlängst sogar der Dülmener Stadtrat seine jahrelangen planerischen Fehlentscheidungen selbstkritisch reflektiert hatte. Überdies liegt die Auspendlerquote in Dülmen um 10% niedriger als in Haltern, so dass dort über 18.000 Bewohner in der Stadt arbeiten (in Haltern nur 6.900 Stadtbewohner). Rund 740 Halterner arbeiten in Dülmen und sind dort mit Arbeitsplätzen versorgt. Deshalb muss die Stadt Dülmen dieses örtliche Arbeitsplatzangebot in größerem Umfang als die Stadt Haltern flächenmäßig absichern.

Wesentlich sparsamerer Flächenverbrauch und hoher Arbeitsplatzbesatz in Dülmen

Somit hat Dülmen mit ca. 360 ha zwar mehr Gewerbeflächen als Haltern mit gut 240 ha, jedoch einen viel sparsameren Gewerbeflächenverbrauch und einen höheren Besatz an Arbeitsplätzen: In Haltern werden für 100 Arbeitsplätze 3,5 ha Fläche verbraucht, in Dülmen nur 2 ha pro 100 Arbeitsplätze. Dies hängt auch mit der Ausnutzung und Gestaltung der Gewerbeflächen zusammen, bei denen in Haltern noch flächensparendes Optimierungspotenzial auszuschöpfen ist. Ebenerdiges Einkaufen und eine große Zahl von Parkplätzen brauchen viel Fläche. Zudem tragen Standortentscheidungen für den Einzelhandel oft zur Zersiedelung der Landschaft bei. Deswegen sollten für eine umweltverträgliche Versorgung der Flächenverbrauch niedrig und der Standort zentral sein.

Wissenschaftliche Kritik an heutiger Gestaltung und Nutzung der Gewerbegebiete

Während in der Gründerzeit kompakte und mehrgeschossige Gewerbebauten in urbanen Gewerbegebieten von hoher architektonischer Qualität üblich waren, kritisiert die Wissenschaft die heutigen „suburbanen“ und flächenverschwenderischen Gewerbegebiete an den Stadträndern mit aufwändiger Verkehrserschließung, maximaler Autofixierung und großen Parkplätzen sowie hoher Flächenversiegelung. Es handele sich gestalterisch um „billigste Flachdach-Käseschachtel-Architektur“ in meist eingeschossiger Bauweise mit überwiegend fensterlosen Fassaden. Die extrem energieverschwenderischer Leichtbauweise sei überdies energetisch katastrophal, so ermittelte z.B. die Universität Trier.

Halterner Gewerbegebiete kein ansehnliches Eingangstor für die Touristenstadt

Die minimale Außenraumgestaltung ohne städtebauliche Idee, mit fehlenden Grünstreifen als Abstandsflächen auch zur Hauptstraße hin und mit kunterbunten Werbeflächen etc. erzeuge ein abstoßendes Einheitsbild der überall gleichen Gewerbegebiete als unansehnliche „Kastenstädte“ an den Ortseingängen und -ausgängen. Das trifft auch auf die Halterner Gewerbegebiete zu, durchsetzt mit Handelsbetrieben, z.B. an der Recklinghäuser Straße oder Münsterstraße. Diese stellen städtebaulich wahrlich kein einladendes Eingangstor zur „grünen Touristenstadt Haltern am See“ als vermeintlich „schönste Stadt im Kreis“ dar. Ihre Gewerbegebiete ohne städtebauliche Gestaltungsvorgaben für die Betriebe sind also kein ansehnliches Aushängeschild, auch wenn sich viele an dem Anblick schlichtweg gewöhnt haben. Dabei zeigen andere Städte: Gewerbegebiete müssen nicht trist und grau, sondern können Bestandteil einer grünen Stadt sein.

Klare Vorgaben der Bezirksregierung und Regionalplanung

„Zur Verbesserung des Gewerbeflächenangebotes soll bei der städtebaulichen Planung der gewerblichen Reserveflächen künftig den qualitativen Planungsaspekten eine stärkere Bedeutung beigemessen werden“, so hat es die Bezirksregierung Münster als Regionalplanungsbehörde den Münsterlandgemein für die Gewerbeflächenplanung vorgegeben. Außer durch motorisierte Erreichbarkeit soll überdies ein möglichst vielfältiges Angebot verschiedener Verkehrsträger angestrebt werden. Und: „Die verfügbaren Gewerbeflächen am Stadtrand sind vor der Inanspruchnahme durch den Einzelhandel zu schützen.“

Und zur nachhaltigen Gewerbeflächennutzung heißt es: „Vor der bauleitplanerischen Umsetzung von Freiflächen prüfen die Kommunen im Dialog mit der Wirtschaft, ob von den Firmen vorgehaltene ungenutzte betriebsgebundene Gewerbe- und Industrieflächen für eine anderweitige gewerbliche Entwicklung zur Verfügung gestellt werden können. Die dargestellten Bereiche sind möglichst vollständig für gewerbliche Zwecke zu nutzen“.

Gewerbeplanung „Musendille“: Nachhaltigkeits-Forderungen der grünen Ratsfraktion

Demgemäß mahnten bei der Debatte im Halterner Rat die Vertreter der grünen Ratsfraktion, in der Musendille einen nachhaltigen Gewerbestandort zu entwickeln. Bauwillige Gewerbetreibende müssten außerdem die direkte Verpflichtung eingehen, unverzüglich zu bauen statt das Grundstück möglicherweise als Reserve- oder Spekulationsfläche liegenzulassen. Doch noch ist es nicht so weit: Knapp die Hälfte der Flächen gehören zwei Sythener Landwirten, die nicht verkaufswillig sind. (Ob es ihnen um die Erhaltung ihrer betrieblich unverzichtbaren und wertvollen Landwirtschaftsflächen geht oder ob sie höhere Preisangebote von der Stadt erwarten angesichts der rapide gestiegenen Preise für Ackerland, geht aus den Berichten der Lokalpresse nicht hervor).

In Haltern sind intelligente Strategien gefragt

Besonders in der Stadt Haltern setzen hohe Grundstückspreise sowie der Flächenbedarf für Wohnen und Verkehr, ferner die Notwendigkeit, wertvolle Erholungs- und Naturräume zu erhalten, neuen Gewerbegebieten enge Grenzen. Gerade in dieser Stadt sind intelligente Strategien gefragt, um Unternehmen genügend Raum für Wachstum und Innovation zu bieten. Das Bundesinstitut für Stadt-, Bau- und Raumforschung hat dazu ein Buch über „Nachhaltige Weiterentwicklung von Gewerbegebieten“ veröffentlicht.

Und das Deutsche Institut für Urbanistik hat schon 2014 im Rahmen des Projektes „Nachhaltiges und ressourcenoptimiertes Gewerbeflächenmanagement“ eigens eine Broschüre für die Kommunen gefertigt mit dem Titel: „Unternehmensstandorte zukunftsfähig entwickeln. Flächenpotenziale gewinnen, nachhaltig bauen, Synergien nutzen.“

Ressourceneffizienz und Qualitätssicherung trotz Flächenknappheit

Die Broschüre zeigt Unternehmen Möglichkeiten auf, auch in Situationen der Flächenknappheit verändertem Flächenbedarf gerecht zu werden. Sie veranschaulicht, welche Möglichkeiten sich für Ressourceneffizienz bieten und wo Potenziale für zwischenbetriebliche Kooperationen liegen können. Qualitätssicherung im Bestand und Aktivierung von Innenentwicklungspotenzialen stehen im Mittelpunkt. Vorgestellt werden Instrumente für einen schonenden Umgang mit Flächenressourcen und deren ökologische und ökonomische Vorteile.

Karlsruher Modell – Vorbild für die Stadt Haltern?

Die Stadt Karlsruhe hat modellhaft ein Leitbild entworfen, um vorhandene Gewerbegebiete zu optimieren: Da die Flächen für neue Gewerbegebiete rar sind, zielt die Stadt darauf ab, dem prognostizierten Wachstum mit einer Optimierung der Gewerbegebiete zu begegnen. In den bestehenden Gebieten sind noch Entwicklungsreserven vorhanden, die mit der Gewerbeflächenstudie der Stadt erstmals systematisch erfasst wurden.

Mit dem Praxishandbuch „Unternehmensstandorte zukunftsfähig entwickeln“ steht zudem eine wichtige Grundlage für die Beratung von Unternehmen zur Verfügung. Eine Planungswerkstatt hat ergänzend Ansätze aufgezeigt, wie die bestehenden Potenziale genutzt werden können, etwa durch Verdichtung und vor allem durch Kooperation der Eigentümer.

Leitfaden der Stadt Bocholt zur Nachahmung in Haltern empfohlen

Auch die Stadt Bocholt hat einen „Leitfaden für nachhaltige Gewerbeflächen-Entwicklung“ erarbeitet, der zur Nachahmung empfohlen ist: Der Rat der Stadt Bocholt hat beschlossen, dass der Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit im Rahmen der Vergabe von städtischen Grundstücken einen größeren Stellenwert einnehmen soll. Um im Rahmen der Grundstücksvergabe im Sinne der Nachhaltigkeit zu agieren, sind ökonomische, soziale sowie ökologische Kriterien entscheidend.

Die ökologischen Maßnahmen werden anhand eines Kriterienkatalogs bewertet, in dem eine Mindestpunktzahl für die Vergabe eines Grundstücks zu erreichen ist. Bei besonders positiven Ergebnissen im ökologischen Kriterienkatalog wird ein Preisnachlass beim Grundstückskauf gewährt. Im Rahmen der Bebauung der städtischen Gewerbegrundstücke ergab sich so ein erhebliches Verbesserungspotential, um mit entsprechenden Maßnahmen den Klimawandel und den Flächenverbrauch einzudämmen.

Osnabrücker Konzept: Flächenmanagement im Gewerbegebiet

Der Landkreis Osnabrück hat ebenfalls einen innovativen Ansatz entwickelt, und zwar als „Frühwarnsystem zur Vermeidung von Gewerbeleerstand“. Darin heißt es: Trotz sinkender Flächenneuinanspruchnahme ist das Ziel der Bundesregierung von unter 30 Hektar am Tag im Jahr 2030 noch weit entfernt. Neue flächensparende Instrumente der Siedlungsentwicklung sind daher weiterhin notwendig. Eine Möglichkeit ist es, das Flächenpotenzial zu nutzen, das entsteht, wenn Gewerbeunternehmen aus Altersgründen keine Nachfolge finden und schließen müssen.

Der entwickelte Ansatz hierfür ist ein „Frühwarnsystem“ für die Wirtschaftsförderung, das die Wahrscheinlichkeit eines Brachfallens von Betriebsflächen zu einem Zeitpunkt abschätzt, in dem das Unternehmen noch besteht. Flankiert wird das System durch ein Brachflächenkataster, einer Sensibilisierung von Flächenakteuren und Nachnutzungskonzepten für betroffene Flächen.

IHK-Leitfaden: Nachhaltige Gewerbegebiete der Zukunft

Die IHK Nordschwarzwald hat einen Leitfaden für nachhaltige Industrie –und Gewerbegebiete der Zukunft entwickelt. Damit möchte sie dazu beitragen, dass bei der nachhaltigen Ausgestaltung künftiger Gewerbe- und Industriegebiete in der Region verstärkt ökologische, soziale sowie auch qualitative Kriterien berücksichtigt werden. Die IHK rückt neue, zukunftsorientierte Gesichtspunkte in den Fokus und möchte damit einen gesellschaftlichen Diskussionsprozess anstoßen.

Dazu gelten u. a. folgende Grundsätze: Interkommunale Gewerbegebiete ermöglichen eine höhere Standortqualität und wirken der Zersiedelung entgegen. Frühzeitige Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen schafft eine von Vertrauen und Akzeptanz getragene rechtssichere Entwicklung. Flächeneffiziente Gestaltung durch bauliche Verdichtung, gemeinschaftliche Nutzungen, zentrale Einrichtungen des ruhenden Verkehrs sowie Konzentration ökologischer Flächen minimieren den Landschaftsverbrauch. Nachhaltiges Bauen, optimierte Energiekonzepte und innovative Maßnahmen gewährleisten Energie- und Ressourceneffizienz.

Halterner Gewerbeflächenplanung überdenken und umsteuern

Es gibt also vielfältige Möglichkeiten auch für die Stadt Haltern, ihre Gewerbeflächenplanung in der „Musendille“ und im Stadtgebiet insgesamt zu überdenken und umzusteuern.
Vor drei Jahren hat der Verfasser dieser Zeilen in einer umfangreichen Studie die Halterner Gewerbeflächensituation und –struktur ausführlich behandelt und vielfältige Vorschläge für eine nachhaltige Gewerbeflächenplanung in Haltern unterbreitet und auch der Stadt zur Verfügung gestellt. (Interessierte können die Gesamtstudie als pdf-Datei anfordern unter: Wilhelm.Neurohr@web.de). Die alleinige Fokussierung auf Gewerbeflächen wird jedoch dem Wandel der Wirtschaftssektoren nicht gerecht, wie auch in der Studie vermerkt ist.

Umorientierung auf den Dienstleistungssektor: In Haltern „viel Luft nach oben“

Die Wirtschaft ist im Wandel und die Wirtschaftsentwicklung im Umbruch. Im wirtschaftlichen Standortwettbewerb haben die Kommune und Regionen die Nase vorn, die den zunehmenden Stellenwert des Dienstleistungssektors erkannt haben und den Anforderungen an eine zukunftsorientierte Wirtschaftsförderung gerecht werden. Die bloße Fixierung auf Unternehmensansiedlungen statt auf Neugründungen etwa im Technologiebereich gilt als überholt.  Im Dienstleistungssektor ist in Haltern noch viel Luft nach oben, so dass die vorrangige Fixierung auf Gewerbeflächenangebote nicht nachhaltig ist. Nicht ohne Grund pendeln die meisten Erwerbstätigen von Haltern in die Dienstleitungszentren.

Zielsetzung: Die Stadt Haltern sollte bei ihrer Gewerbeförderung viel stärker die wachsende Bedeutung des Dienstleistungsbereichs konzeptionell in den Blick nehmen, der einen erheblich geringeren Flächenbedarf pro Arbeitsplatz hat als das produzierende Gewerbe, aber eine zukunftsfähigere Arbeitsplatzentwicklung . Hier könnte sich Haltern selber neue (flächenneutrale und flächenunabhängige) Zukunftspotenziale erschließen und durch engere Zusammenarbeit mit ortsansässigen Existenzgründern und innovativen Unternehmen und Dienstleistern neue, arbeitsplatzintensive Entwicklungen mit anstoßen.

Wilhelm Neurohr, 14. Dezember 2023

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

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