Maikäfer: Fotos und Geschichten rund um das Krabbeltier

das Foto stammt von Bettina Kuß
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Leser haben uns, passend zur Jahreszeit, Fotos und Geschichten rund um den Maikäfer geschickt.

Eine Geschichte erzählt uns Ute Schneider, Am Rosenberg 32.
Sie ist mit ihrer Familie im April 2009 aus einer Betonwüste ins grüne Hattingen gezogen und wurde mit dem ersten Käfer konfrontiert: „Eines schönen Maitages kam ich nach Haus und mein Mann berichtete: ‚Da lag heute ein dicker Käfer halbtot in der Küche.‘ ‚Igitt‘, denke ich bei der näheren Beschreibung. ‚Hoffentlich haben wir keine Mitbewohner unter dem Laminat‘, hörte ich mich sagen und vier Augen schielen skeptisch Richtung Boden. Das Laminat haben wir vom Vormieter übernommen, wer weiß, wer weiß...
Nur einen Tag später finde ich am Abend wieder einen Käfer, wieder in der Küche. Todesmutig greife ich zu unserem ‚Spinnen-Survival-Paket‘, bestehend aus Glas und Papier, fange den Käfer mittels Glas ein. Dadurch ungefährlich geworden unterziehe ich das Kerlchen einer genauen Betrachtung. ‚Irgendwie bekannt, diese Hörner vorne dran‘, sinniere ich. Wie dem auch sei, ich setze den Käfer in meine Balkonblumen, betrachte weiter. Und siehe da, er erwacht zum Leben! Nach ein paar Minuten brummt er lautstark von dannen. Dieses Brummen bestätigte mich in meinem Verdacht: Maikäfer! Schnell die Bestätigung aus wikipedia gezogen und alles war gut. Oder auch nicht...denn runde vier Wochen lang trugen wir einen Käfer nach dem nächsten von unserer Küche in die Balkonblumen. Danach war der Spuk vorbei. Vielleicht endgültig, denn danach war nicht ein Käfer in unserer Küche.....“

Eine sehr schöne phantasievolle Gesichte schickte uns Marianne Lüther, Schultenbuschstraße 56, Sprockhövel. „Es gibt keine Maikäfer mehr“, sang Reinhard Mey schon vor Jahren. Und nun steht es auch in der Zeitung: Keiner hat bisher einen gesehen.
Ich muss heftig widersprechen; es gibt sie, und sie scheinen sich – laut Evolution – an unser Leben anzupassen.
Vor ein paar Tagen will ich meine Sparkasse aufsuchen, um zu ,tanken‘ und um nachzuschauen, ob so kurz nach dem ersten Monatstag noch schwarze Zahlen mein Konto schmücken. Als ich die Glastür der Kasse öffnen will, fällt mein Blick nach unten: Ein kleines, auf dem Rücken liegendes Wesen zappelt dort mit all seinen sechs Beinchen. Ich erlöse den kleinen, braunen Kerl, einen Maikäfer. Er scheint von der Zappelei schon recht erschöpft zu sein und ruht sich auf meiner Hand aus. „Was mache ich jetzt mit dir?“, versuche ich ein Gespräch. „Na, was wohl?“, höre ich ihn sagen, während er seinen Kopf und seine Fühler putzt. „Trag mich da rein! Ich wäre ja selbst hineingeflogen, aber da hat man etwas wie harte Luft hingestellt, damit ich mir den Kopf stoße! Kleine Kunden sind hier wohl unerwünscht!“ Gut, ich nehme also das Krabbeltier und gehe zum Schalter. Die freundliche Bankangestellte lacht: „Schon wieder ein Maikäfer! Zwei habe ich schon nach draußen ins Gebüsch getragen!“ „Aber dieser hier wollte zu Ihnen. Vielleicht hat er ein Konto hier oder wollte eines eröffnen.“ „Ein Konto hat er bei uns nicht und er könnte auch keines bekommen. Das einzige, was wir mit ihm tun können: ihn zu seinen Artgenossen ins Gebüsch bringen“. So gehen wir also nach draußen zu einem schönen grünen Strauch und setzen den kleinen Gesellen dort ab. Es schien mir, als ob er uns mit einem vorwurfsvollen Blick bedachte, bevor er tiefer in das dichte Laub wuselte. „Wieder nicht geklappt, mochte er denken, vier Jahre lang ging es doch auch mit meiner Entwicklung gut voran, dort unter der Erde! Und jetzt? Aus mit dem Fortschritt! Aber eines Tages, eines Tages……, werden wir die Krone der Schöpfung sein, werden alle anderen übertrumpfen, ja überleben!“

Eine Liebesgeschichte rund um einen Maikäfer erzählte uns Petra Vedler, Talstraße 51, Hattingen. Sie arbeitet in Sprockhövel in einer Altenhilfeeinrichtung im Nachtdienst und verliebte sich in einen Kollegen aus dem Tagesdienst, der das aber nicht bemerkte. „Mein Kollege und ich hatten gerade unsere Kontrollgänge absolviert und ich saß im Dienstzimmer und erfüllte meine schriftlichen Aufgaben, wobei meine Gedanken immer wieder abschweiften, zu ihm. Plötzlich gab es einen leichten Knall an der Fensterscheibe, mitten in die Stille der Nacht. Erschrocken lief ich hinaus und verschloß die Tür hinter mir. Ich rief nach meinem Kollegen. Vorsichtig betrat er das Dienstzimmer und fand einen schönen, großen Maikäfer, der wohl Schutz in der Fensterecke suchte. Wir errichteten einen kleinen Karton mit vielen Löchern und Gras und legten unseren Maik hinein. Er schien sich dort wohl zu fühlen. Wir setzten vorerst den Deckel auf, um ihn am anderen Tag den Bewohnern und Kollegen zeigen zu können. Maik war ja schon sehr selten geworden. Nach altem Brauch hatte ich nun einen Wunsch frei und den ließ ich nur den Maikäfer wissen. Am anderen Tag ließen wir den Maikäfer wieder drei. Doch ein halbes Jahr später erfüllte sich mein Wunsch. Meine späte große Liebe wurde Wirklichkeit. Wir verlobten uns und ließen uns im Altenheim kirchlich trauen. Seit dieser Zeit, also 1999, habe ich keinen Maikäfer mehr gesehen. Auf jeden Fall hat er mir einmal im Leben großes Glück gebracht.“

Eine weitere Gesichte erzählt uns B. Knittel, Über der Horst 31, aus Hattingen. Sie entdeckte den Maikäfer wohl auf einem Ausflug an die Wasserburg Kemnade und machte daraus eine kleine Story über das braune Krabbeltier.
„Braun, dick und krabbelnd zeigte sich am 6. Mai ein Prachtkäfer. Komm mit mir, ich setz dich auf mein Einstecktuch und dann vergiß eine Weile die Kastanienallee, das Gras, den Asphalt. Wie sehen uns die Kultur-Tour an.
Zuerst diese Musik-Instrumentensammlung, dann das Standesamt. Bist Du noch ledig oder schon getraut? Weiter die Treppe rauf zeigt sich die Flämische Porzellan-Sammlung. Kennst Du schon, gut, also weiter zur Uhrensammlung, Afrikanische und Oastasiatische Sammmlung, China Tibet.
Alles kleine Miniatur-Tier-Nachahmungen in Elfenbein geschnitzt, man könnte Stunden zubringen, um alles richtig zu erfassen.
Aber der Höhepunkt ist der große, bronzene tibetische Tempelwächter-Löwe, der mit offenem Maul alles bebrüllt. Bonsaibäumchen, Farne, eine chinesische Bodenvase, zwei bronzene Kämpferm eine große Schlange – alles gibt es hier zu bestaunen.
Maikäfer, nun geht es wieder zurück auf den Grassstreifen. Lauf schnell zu deinen Gefährten, in den Burghof von Haus Kemnade und erzähle ihnen von den wundersamen Dingen, die der Mai nur vermitteln kann.“
Auch STADTSPIEGEL-Leser Arnold Naß, Bredenscheider Straße 43, schrieb uns seine Erinnerungen an Maikäfer auf. „Der Mai erinnert mich an viele Kindheitserlebnisse mit Maikäfern. Es war in den Kriegsjahren 1942-43. Mit meiner Familie gingen wir Kinder im Mai im Stadtwald in Ostpreußen spazieren. Ob wir Maikäfer finden? Wir schüttelten einige junge Eichenbäumchen, und herab fielen tatsächlich einige Maikäfer. Sofort war der Sammeltrieb geweckt. Nur hatten wir keine Schachtel dabei. Meine Tante Lieschen erbarmte sich, und wir konnten die vielen gefundenen Maikäfer in ihrer kostbaren Krokodilleder-Handtasche unterbringen. Wir waren richtig stolz, so viele gefangen zu haben. Zuhause erlebten wir ein grünes Wunder. Die teure Handtasche war völlig grün ausgekleidet und nicht mehr zu benutzen.
Zunächst möchte ich anmerken: wir unterschieden die Maikäfer nach Müller, Schornsteinfeger, König und Kaiser. Ein Müller hatte weiße Streifen auf den Deckflügeln. Ein König war auf dem Rückenschild schwach rot und der Kaiser rot gezeichnet. Der Wert des Käfers hing von seiner Zeichnung ab. Die Weibchen hatten kurze Fühler, die Männchen lange Fühler.
Es war Tradition, die Maikäfer in einer gelöcherten Zigarrenkiste mit sich rumzutragen. Es wurde schwierig, vom Tabakgeschäft Zigarrenkisten zu bekommen. In guten Jahren, alle vier Jahre gibt es eine Käferinvasion, haben wir sie in Marmeladeneimern gesammelt. Morgens, mit einem Knüppel bewaffnet, haben wir die klammen Käfer aus den Bäumen geschüttelt. Abends reichte ein langer Reisigbesen, um die schwärmenden Käfer vor den Straßenlaternen zu fangen. Mit unserer Beute wurden die Hühner im Garten gefüttert mit dem Erfolg, dass sie durch die eiweißreiche Kost anfingen zu klucken.
Viel Spaß hatten wir am Maikäferrennen. Wäscheleinen wurden gespannt, die angehauchten Käufer wurden sehr lebendig an die Leinen gehängt, und dann ging das Rennen los. Die gefangenen Käfer wurden einfach in die Zigarrenkiste gesperrt, natürlich mit jungen frischen Eichen- oder Buchenblättern versorgt. Tags darauf wunderten wir uns, dass wir sie als sogenannte Kutschen vorfanden; sie hatten nachts Hochzeit gefeiert.
Ein besonderes Erlebnis für uns Kinder war folgende Begebenheit. Es war ein Tag vor Himmelfahrt. Die Mutter meiner Freunde hatte grünen Wackelpudding (Waldmeister) gekocht und die Schüsseln zum Steifwerden in die Fensterbank gestellt (einen Kühlschrank hatte man noch nicht). Es muss vorgemerkt werden, ein Maikäfer ist sehr stark. Es gelingt mehreren Käfern, sich aus einer geschlossenen Kinderfaust zu befreien. So hatten wir unsere Zigarrenkisten unter anderem mit einem Bügeleisen beschwert. Die Bescherung erlebten wir am Himmelfahrtsmorgen. Über Nacht begannen die Käfer zu schwärmen, drückten das Bügeleisen zur Seite und flogen zum Licht gegen die Fensterscheibe, stürzten ab und landeten in dem flüssigen Waldmeister-Wackelpudding: Maikäfer in grünem Gelee. Dies war vor ca. 62 Jahren.
Nun aus neuerer Zeit: Bei einem Teichaushub, mein sechsjähriger Enkel Nathan war dabei, fanden wir einen ausgewachsenen, dicken Engerling (die Entwicklungszeit zum Käfer dauert vier Jahre). Wir haben ihn in einem großen Blumentopf versenkt und mit Gras bepflanzt. Im Mai des folgenden Jahres haben wir den Blumentopf entleert und einen voll entwickelten lebendigen Maikäfer, es war ein König, vorgefunden. Freudig überrascht waren Opa und Enkel.
Es gibt also doch noch Maikäfer.“

Eine weitere Geschichte schrieb uns Günther Raatz, Barbarastraße 11, aus Hattingen. Er ging oft mit Freunden auf Maikäfersuche. „Ich habe einen Schornsteinfeger! – Ich habe einen Müller – Ich habe einen König, ich einen Kaiser – Schornsteinfeger hatten ein schwarzes Bruststück, einen schwarzen Rückenschild, Müller sahen etwas wie mit Mehl eingepudert aus. Sie kamen am häufigsten vor. Könige mit einem mehr bräunlichen und Kaiser mit einem mehr rötlichen Rückenschild waren seltener.“
Vor allem, so erzählt Günther Raatz, kamen die Maikäfer damals in Eichenwäldern vor, wo sie oft großen Schaden anrichteten.
„Sie fraßen die frisch getriebenen Blätter mitunter ganz ab, so dass die Bäume neue treiben mussten, oftmals in ihrem Wuchs stark geschädigt wurden oder auch eingingen. So wurden Schulen aufgerufen, an der Bekämpfung der Maikäferplage mitzuhelfen.“
Auch Günther Raatz hat um 1938 an einer solchen Aktion teilgenommen. Um 4 Uhr morgens ging es bereits los. „Man hatte nur Erfolg, wenn man die Maikäfer noch im Schlaf überraschte.“
Die Jungen stiegen in die Bäume, schüttelten die Käfer runter, die dann in große Litermilchkannen gesammelt wurden.
Die toten Maikäfer erhielten später die Schweine und Hühner des Gutsbesitzers. Für sie war das ein Leckerbissen.“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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