Männer als Erzieher noch eine Seltenheit - Beim Boys-Day hospitieren Schüler

Spaß an Kindern hat Christoph Hoch, leider wenig Zeit um mit den Kindern zu spielen.
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Erzieher- Ein Berufsprofil des Leiters des Familienzentrums Rasselbande Königsborn

Von der Tagesmutter über die Kita bis zur Grundschule lernen die meisten Kinder ausschließlich Frauen als Vorbilder kennen, was sich erst ab der weiterführenden Schule ändert. Die Initiative „Mehr Männer in Kitas“ des Bundesfamilienministeriums sollte Abhilfe schaffen, auf lokaler Ebene setzt eine „Männerrunde“ aus Erziehern im AWO-Unterbezirk Unna das Projekt jetzt fort. Beim Boys-Day am Donnerstag, 27. März, öffnen daher viele Kitas ihre Türen für die Jungen der Klassen 5 bis 10.

Seit zwölf Jahren schnuppern Schülerinnen beim gleichzeitig stattfindenden Girls Day in die Berufswelt der Männer, orientieren sich, ob Ausbildung oder Studium etwa bei Bundeswehr oder Polizei was für sie wären. Die Jungen haben ihren bundesweiten Aktionstag zur Berufsorientierung und Lebensplanung erst seit drei Jahren. Dabei kann es bei ihrer Berufsplanung durchaus hilfreich sein, auch in typische „Mädchenberufe“ reinzuschauen. Im Bereich Soziales, Erziehung und Pflege herrscht nämlich Mangel an Fachkräften.

Quasi ein Tagespraktikum absolvieren im Kreis Unna die Schüler der 5. bis 10. Klassen. Dass Männer etwa in der Kita durchaus ihre Frau stehen, ist für sie eher neu. Christoph Hoch(47) ist einer, der in der Frauendomäne Fuß gefasst hat. Seit elf Jahren leitet er die Kita Rasselband in Königsborn. Und ist fast ein spätberufener Quereinsteiger. Nach einer Ausbildung zum technischen Zeichner absolvierte der gebürtige Dortmunder zunächst den Zivildienst und kam bei der Arbeit mit geistig behinderten Menschen zum Erzieherberuf. Mit Behinderten wollte er eigentlich weiterarbeiten, eine Arbeit in einer Kita plante er nicht. Nach dem Zivildienst sparte er noch acht Monate Geld für die Erzieherschule, auf der er mit Anfang 20 bereits einer der älteren Schüler war. „Männer steigen dort manchmal etwas später ein.“ Ihr Vorteil: Sie haben bereits Erfahrungen in anderen Berufen gesammelt. Den Zweitbildungsweg zum Erzieher sehen viele Männer daher als Berufung. Mit 25 Jahren schloss Christoph Hoch die Erzieherschule ab, machte sein Anerkennungsjahr an einer Gehörlosenschule. Bei der Stadt Dortmund kündigte er nach einem Jahr eine unbefristete Stelle in einem Hort, um sich drei Jahre ausschließlich der Musik zu widmen, komponierte Musik für Reisevideos. Jetzt in der Arbeit mit Kindern kommt ihm sein Hobby zu Gute. Der Beständigkeit wegen sammelte er schließlich Berufserfahrung als Erzieher im Hortbereich u.a. bei der AWO. Als ihm eine Gruppenleiterstelle in einem Kindergarten angeboten wurde griff er zu. Seine spezifische Ausbildung als Jugend- und Heimerzieher war da hilfreich. „Ich fand den Kindergarten reizvoll, man hört nie auf zu lernen.“ Autodidaktisch brachte er sich das Wissen bei. „Fortbildung ist wichtig, sich auf den Weg machen. Die Kinder und Eltern ändern sich, das reizt mich total.“ Drei Jahre hatte er stellv. Leitungsfunktion in der Kita Sternstunde in Kamen, leitete die damalige Kita Hasenberg. Vor elf Jahren bewarb er sich in Königsborn. „Es ist spannend, auch Leitungsverantwortung zu übernehmen.“

„Habe gemerkt das ist es“

In seiner Zeit stieg die Zahl der Kinder geringfügig auf heute 107, die der Mitarbeiter schnellte von neun auf 21 hoch. Trotzdem bleibt wenig Zeit, denn die U-3 Betreuung braucht deutlich mehr Personal als der herkömmliche Betrieb.

Welche Fähigkeiten Jungen mitbringen sollten für den Beruf: „Man muss mit Kindern umgehen können und wollen.“ Kinder zu mögen sei, so Christoph Hoch, lernbar. Das sei Veranlagung, aber man solle Spaß daran haben, in seinem Beruf autonom zu arbeiten. Freude an Entscheidungen und Verantwortung sei wichtig. Nicht der „tolle Bastelonkel“ sei gefragt, aber Einlassen auf Neues.

Mit Eltern Gespräche zu führen gehört ebenso dazu wie Kollegen einzubeziehen, ein pädagogisches Konzept zu erarbeiten. „Das ist nichts für Einzelkämpfer.“ Sein Arbeitstag beginnt meist um 7.45 und endet gegen 16 Uhr, ab und zu am Wochenende. Je nach Träger der Einrichtung ist ein Ehrenamt erwünscht. In der Kindergruppe ist Christoph Hoch nur selten. Verwaltungsarbeiten, Personalangelegenheiten, die Vor- und Nachbereitung der Arbeit am Kind ist ein Hauptteil.

Aber als Leiter könne er sich „auch mal Zeit nehmen“, nur 30% des Tages seien geplant, der Rest passiere einfach. Interessierten Jungen gibt er Tipps: Jeder sollte einige Wochen Praktikum machen. Mit 15 oder 16 Jahren habe man keine Ahnung, was man machen soll. Beim Boys-Day werden vier Jungs die Rasselbande und verschiedene weitere Kitas im Kreis Unna besuchen. In der Rasselbande erhalten die Tagespraktikanten kleine Aufgaben, um in Kontakt mit den Kindern zu kommen. Nach der Mittagspause treffen sich Schüler und Erzieher der Einrichtungen zu einer Diskussionsrunde, in der das Erlebte besprochen wird. „Der Erzieherberuf ist eben nichts für Einzelkämpfer.“

Spaß an Kindern hat Christoph Hoch, leider wenig Zeit um mit den Kindern zu spielen.
Verwaltungsarbeiten bestimmen den Alltag des Leiters des Familienzentrums.
Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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