Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH überführt
„Rechtsfrieden ist, wenn der nachgewiesene Betrug verjährt . . . ?“

„Rund ein Drittel von über 1.000 überprüften Heizkostenabrechnungen ist fehlerhaft, ein weiteres Drittel birgt Klärungsbedarf - das zeigt eine Untersuchung der Marktwächter Energie.“
Verbraucherzentrale, September 2019

Mit der Heizkostenabrechnung der Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH für das Rechnungsjahr 2015 wurden dem Kläger erstmals Unstimmigkeiten auffällig. Gemeinsam mit einem guten Freund ging er der Sache nach und nach gründlichen Recherchen wurden tatsächlich mehrere Fehler in den Heizkostenabrechnungen auffällig, die alle Mieter des Mehrparteienhauses gleichermaßen finanziell belasteten.

Zunächst einmal bemühte sich der Mieter um eine einvernehmliche Lösung mit der Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH indem er in mehrseitigen Schriftsätzen gravierende Fehler in den Abrechnungen ab 2003 nachwies. Bis zum Rechnungsjahr 2015 wurden sowohl beim Verbrauch als auch bei den Kosten für Heizöl Fehler aufgedeckt. Per Fotobeweis wurde widerlegt, dass das Tankvolumen nicht 24.000 Liter sondern nur 17.200 Liter beträgt. Außerdem wurde die Füllstandsanzeige nicht in Prozent wie in der Rechnung ausgewiesen, sondern in Zentimetern der Füllstandshöhe angezeigt.

Wer jetzt erwartet hätte, dass ein Dankesschreiben, ein Präsentkorb und eine Neuberechnung der fehlerhaften Abrechnungen erfolgt wären, wäre enttäuscht worden.

Die Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH setzte sogar auf Einschüchterung. Mit einer Zahlungsaufforderung vom 11.10.2016 über 359,74 € drohte sie den Mietern mit einer Klage. Mehrere Mieter ließen sich einschüchtern. Einer blieb standhaft.

Dabei hatte der reklamierende Mieter nachgewiesen, dass das in sämtlichen Abrechnungen ausgewiesene Tankvolumen nicht 24.000 Liter sondern tatsächlich lediglich 17.200 Liter betrug, 6.800 Liter (oder 28.44 %) weniger als in den Jahresabrechnungen vorgegaukelt worden war.

Die Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH schaltete eine Rechtsanwaltskanzlei ein, um die unstreitig fehlerhaften Abrechnungen nachträglich zu legitimieren.
Am 16.12.2016 erfolgte zunächst eine Belehrung über die „Widerspruchsfristen“.

Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH zur Zahlung verurteilt

Am 27.04.2018 wurde dann Klage gegen die Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH vor dem Amtsgericht Iserlohn erhoben.

In mündlicher Verhandlung wurde klar zugunsten des Klägers entschieden. Mit Urteil vom 11.12.2018 durch die Richterin am Amtsgericht Iserlohn Adam wurde die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 974,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 05.11.2018 zu zahlen.
AG Iserlohn, 44 C 75/18, 11.02.2018

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Betriebskosten- und Heizkostenabrechnungen fehlerhaft waren.

Damit aber nicht genug. Obwohl die beklagte Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH vor Gericht überführt war und die Fehler auch einräumte, so verweigerte der Geschäftsführer doch die Korrekturen nachzuholen und dem Urteil Folge zu leisten.

Die Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH will nicht zahlen

Am 08.04.2019 reichte Rechtsanwalt J. B. Beschwerde gegen das Urteil des Amtsgericht Iserlohn ein. Er schreibt:
„Das Amtsgericht Iserlohn hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin verfolgt den Klageabweisungsantrag mit der Berufung im vollen Umfange weiter. Das Urteil wird in vollem Umfange zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt. Im Einzelnen ist folgendes zu rügen:
II. Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit:
Es wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Rechtsirrig geht das Amtsgericht davon aus, dass dem Kläger ein Zahlungsanspruch i.H.v. 974,34 € aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen unrichtiger Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2003-2009, 2012, 2014 und 2015 zustehe.“

In seiner Beschwerde geht es laienhaft formuliert darum, den nachgewiesenen „Betrug“ mit der Begründung von Fristversäumnis des Mieters auszuhebeln und nachträglich zu legitimieren. Rechtsanwalt J. B. stellte darauf ab, der Mieter hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt das Volumen des Öltanks vor Ort mit den Angaben in der Abrechnung abzugleichen . . .

Diesem Antrag folgte das Landgericht Hagen ansatzweise. Die Kammer wies darauf hin, dass die Ansprüche des Klägers bis einschließlich 2007 gemäß § 199 BGB verjährt sein dürfen, bestätigte aber die Rechtsauffassung des Mieters in der Verhandlung am 30.08.2019, dass „ganz grobe Fehler bei der Bemessung des Verbrauchs“ nachgewiesen sind.

Allerdings bestätigte das Gericht, dass der Mieter das Versäumen der Einwendungsfrist gemäß § 556 Absatz 3 BGB nicht zu verantworten habe,
„da sich der Abrechnungsfehler nicht aus einer Prüfung der Abrechnung und aus einer Einsicht der Heizölrechnungen hätte erkennen lassen.“

„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 465,88 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 06.11 .2018 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger in Höhe von € 74,26 von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegenüber Rechtsanwältin Hörstmann in Iserlohn freizustellen.“
LG Hagen, 1 S 6/19, Urteil vom 30.08.2019

Der dokumentierte und ausgeurteilte Rechtsstreit erscheint durchaus als geeignet den sämtlichen Nebenkostenabrechnungen der Wohnungsbaugesellschaft Hemer mbH insgesamt zu misstrauen. Dabei steht nicht so sehr die Sachbearbeitung, als vielmehr die Geschäftsauffassung der Geschäftsführung in der Kritik.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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