Darf man Richter kritisieren?
Sozialgericht Dortmund prüft Wohnkosten für Hartz IV-Bezieher im Märkischen Kreis

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Olle Kamellen aufgewärmt . . . 
Oder einfach nur eine einfache Nachprüfung?

Am 23.11.2016 erschien eine Pressemeldung in dem Portal der Justiz des Landes Nordrhein Westfalen.  pressestelle@sg-dortmund.nrw.de

Die Überschrift war zunächst vielversprechend, hielt aber einem Faktencheck nicht stand:
"Das Sozialgericht Dortmund wird am Donnerstag, den 01.12.2016 über die Frage entscheiden, wie teuer Bezieher von Arbeitslosengeld II im Märkischen Kreis wohnen dürfen."

Terminiert waren drei Verfahren von alleinstehenden Klägerinnen gegen das Jobcenter Märkischer Kreis.
S 19 AS 965/15
S 19 AS 3392/15 (aufgehoben);  LSG NRW, L 6 AS 120/17, 23.06.2022
S 19 AS 4282/15
Sozialgericht Dortmund: Sozialgericht Dortmund prüft Wohnkosten für Hartz IV-Bezieher im Märkischen Kreis

Die Klägerin im ersten Verfahren S 19 AS 965/15 bewohnte zusammen mit Ihrem Sohn 61 m².  Die Kaltmiete betrug 288,00 €, die Nebenkosten 106,88 €. Die Bruttokaltmiete betrug demnach  394,88 €.

Die Leistungskürzungen durch den Konzept-Entwurf ab dem 01.01.2014 betrugen 58,70 € auf 353,60 €. Allerdings waren die vollstreckten Leistungskürzungen nach dem Urteil des Landessozialgerichts rechtswidrig, weil der Konzept-Entwurf als nicht schlüssig aus geurteilt wurde. 
Die Klägerin sah sich einer Zwangsvertreibung durch Vortäuschung falscher Tatsachen ausgesetzt.

Die Veröffentlichung des Urteils S 19 AS 965/15 erfolgte erst nach Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Die Anonymisierung des Urteils war dermaßen gründlich, dass jeder Nutzen für weitere Leser vereitelt ist. 
Der Beklagte ist das Jobcenter Märkischer Kreis. Der streitgegenständlich Wohnraum war in Iserlohn.  Das Konzept 2014/2015 ist von Analyse & Konzepte, Hamburg, der vorsitzende Richter der 19. Kammer war Richter Lund.
Im Urteil heißt es:
"Infolge von Modernisierungsmaßnahmen, die auch zu einer Vergrößerung der Wohnung auf 65 m² führten, kam es ab Januar 2014 zu einer Mieterhöhung. Darüber hinaus kam es ab Mai 2014 zu einer Anpassung der Nebenkostenvorauszahlung. Von der Klägerin sind nunmehr zu zahlen:
Grundmiete 375,70 EUR Betriebskostenvorauszahlung 128,01 EUR Heizkostenvorauszahlung 121,45 EUR Summe 625,16 EUR
 .
Vier m² mehr Wohnraum lässt vermuten, dass ein Balkon angebaut wurde, um eine Mieterhöhung zu konstruieren. 

In einer aktuelleren Veröffentlichung des identischen Urteils ist sogar das Gericht fehlerhaft als SG Aachen (NRW) ausgewiesen.  Aachen hat aber eigene Konzept-Entwürfe.

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Bereits im Jahr 2011 gab es eine gesetzliche Änderung der Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB).

In einer Pressemeldung vom 14.06.2011 mit dem Titel "Alleinstehende Bezieher von Hartz-IV-Leistungen haben Anspruch auf 50 m² Wohnfläche"  machte der Verein aufRECHT e.V. in Iserlohn auf die rechtlichen Auswirkungen einer Gesetzesänderung zur Ermittlung von Wohnkosten aufmerksam. Die Grundlage dieser Änderung basiert auf den Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) . - Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr – IV.5-619-1665/09 vom 12.12.2009 - die zum 01.01.2010 in Kraft traten.

Bereits damals bemühte sich das Jobcenter Märkischer Kreis eine Vielzahl von Leistungsberechtigten um rechtliche Ansprüche auf 50 m² Wohnraum zu betrügen. Nur wenige wehrten sich. Mit Erfolg. Vier Beispiele durfte ich dokumentieren. 
Klage: Beispiel 012 = 919,80 € + . . . ;   Klage: Beispiel 032 = 1309,80 €;    Klage: 048 = 1.004,11 €;    Klage: Beispiel 063 = 1862,40 €;    Klage: 077 = Konzept demaskiert.

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Dann 2014 verlagerte sich die sozialbehördliche Täuschung auf die Behauptung nunmehr ein "schlüssiges" Konzept vorweisen zu können, um etlichen Hundert Leistungsberechtigten Wohnkosten zu kürzen. 

Es ist nur dem überaus hohen Einsatz von RA Lars Schulte-Bräucker zu verdanken, der über Jahre hartnäckig darauf bestand, das ihm das Rohdatenmaterial der Firma Analyse & Konzepte übersandt wurde. In akribischer Arbeit recherchierte er in mehr als 20.000 Datensätzen. Und er fand erhebliche Fehler, die die geschuldete Schlüssigkeit erfolgreich widerlegten.

Noch in der ersten Instanz hatte Richter Lund das Konzept als passend durchgewunken. Allerdings hatte das Gericht es nicht für nötig erachtet die Rohdaten zu anzufordern.

Mehrere Tausend Bescheide stützen ihre Leistungskürzungen auf ein Konzept, dass nie Rechtskraft erlangt hatte.
Vortäuschung falscher Tatsachen mit dem Ziel der Vermögensschädigung.

Fortsetzung folgt.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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