Die Zeitreise im Schrank

Da stehe ich nun vor diesem, wie ich später erfahren sollte, in vielen Wochen liebevoll renoviertem und restauriertem, schmucken Reiheneckhaus in der Altsiedlung.
Ein, in diesem Moment noch Zeitung lesender Mann, begrüßt mich und bittet mich hinein.
Für einen mehr als angemessenen Obolus soll es jetzt also losgehen, die Führung durch die Geschichte eines, für diese Region typischen, Berufszweiges.
Die eine Haushälfte in der ich nun gerade stehe, dient als Museum für Arbeitsgeräte, Fotos, Arbeitskleidung u.s.w.
Viele Geschichten und Anekdoten weiß der etwas rundliche Mann mit dem freundlichen Gesicht zu erzählen. Ich höre interessiert zu und stelle einige Fragen die wiederum mit Geschichten beantwortet werden.
So gelangen wir beinahe unbemerkt in die obere Etage und zu einer, wie es den Anschein hat, ganz normalen Zimmertüre, um hindurchzugehen--------------------und dann geschieht es……………..die andere Seite dieser Türe ist nämlich ein Schrank.
Verblüfft und etwas orientierungslos schaue ich mich um und kann es nicht fassen; ich stehe im Schlafzimmer meiner Eltern, heute vor vielen,vielen Jahren………………ja so ähnlich hat es ausgesehen, damals, und ich--------fühle mich zu Hause!
Das Ehebett so wie der Schrank und die Frisierkommode in der Ecke, aus schwerem dunklem Holz, weiße Leinenbettwäsche, die Wände geweißt, keine Tapeten. Nur das kleine Fenster, durch das ich in den Garten schauen kann, zeigte damals zur Straßenseite und die Wände waren nicht geweißt, sondern mit Ölfarbe gepinselt. Auf der Kommode liegt ein besticktes Deckchen. Eines dieser Deckchen, die meine Mutter immer mit Hingabe stickte.

Die Führung geht weiter ins Kinderzimmer in dem hier einst 11 Kinder geschlafen haben und dann hinunter ins Erdgeschoss wo wir das Wohnzimmer betreten und wieder ist es da----das Gefühl zu Hause zu sein.

Ob das Sofa nun die gleiche Farbe hatte wie dieses, das hier wie selbstverständlich hinter dem Tisch mit der bestickten Tischdecke und dem Geschirr mit Rosenmuster und Sammeltassen steht, weiß ich nicht mehr, aber ich weiß, das es einen Kohleofen in dem Wohnzimmer meiner Kindheit gab und einen halbhohen Schrank mit einer großen Uhr die darauf stand, mit kleinen, schmalen Sesseln und mit dickem Garn bestickten Kissen auf dem Sofa.

Und die Küche nebenan kenne ich auch, obwohl ich dieses Haus nie zuvor betreten habe.
Backutensilien liegen auf dem Tisch, so als ob meine Mutter gerade mal eben den Raum verlassen hat und gleich zurückkommen wird, um den Kuchen zu backen.
Der Fleischwolf, mit dem wir zu Weihnachten das Spritzgebäck zauberten, der eierschalenfarbige Küchenschrank mit der Brotdose und der Küchenofen, mit dem geheizt und auf dem gekocht wurde.

Das alles ist mir so vertraut.

Doch als der rundliche Mann mit dem freundlichen Gesicht und den vielen Geschichten mit mir in den Keller hinunter steigt, muss ich meine Augen reiben. Das kann nicht sein;
Das Eingemachte meiner Oma steht dort in Reih und Glied auf einem Regal; Pflaumen, Birnen und Kirschen in dicken, großen Einmachgläsern mit einem roten Gummiring.
Wie gerne würde ich jetzt eines davon heimlich öffnen und die süßen, saftigen Früchte daraus naschen……………………………

Hier wurde an alles gedacht und liebevoll zusammengetragen.

Die Kartoffelkiste, die Kohlen zum heizen, die berühmten Mutterklötze und, und , und.

Ich bin verzaubert……………………….

Und was in einem Schrank begonnen hat, endet hier, im Keller eines Hauses, das auf derselben Straße gebaut wurde, in der auch mein Elternhaus steht.

Na, wo war ich, um welchen Beruf handelt es sich und was ist das für ein wundersamer Schrank?

Autor:

Margret Oppitz aus Kamp-Lintfort

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