mœrs festival: Wen stört das Wetter …
… wenn die Musik großartig ist? Teil 3 zum mœrs festival
- Hayden Chisholm's Kinetic Chain / mit Petter Eldh und Achim Kaufmann
- Foto: @Kurt Rade @mœrs festival
- hochgeladen von Klaus Denzer
Die Konzerte der üblichen „Nebenreihen“ erfreuten sich über größere Zuschauerzahlen als früher, da sie oft im Festivaldorf auftraten. Die „Annex-Konzerte“ heißen nun „Freysinn“, diese werden von den Musikerinnen und Musikern selbst kuratiert, das heißt, die Zusammensetzungen und die musikalische Richtung werden autark ohne Einfluss des Festival-Teams bestimmt. Jan Klare kuratierte in gewohnt gekonnter Weise wieder einmal die mœrs sessions, die sich seit Jahrzehnten großer Beliebtheit erfreuen.
Die diesjährigen Länderschwerpunkte Ruanda und China bereicherten das Spektrum an improvisierter Musik enorm. Ruanda ist das fünfte Land nach Äthiopien, Äquatorialguinea, dem Kongo und Namibia, dass seine Szene in Moers vorstellen darf. Aus China kamen bislang eher Klassik-Musiker nach Europa, die Jazz- und Impro-Szene ist nahezu unbekannt, obwohl mittlerweile große Festivals (Tomorrow-Festival) existieren. Die Künstler beider Schwerpunkte standen zwanzigmal auf der Bühne, entweder als eigene Gruppe (URWEREKA) oder sie spielten mit europäischen Musikern zusammen.
Es sind noch so viele Akteure, die genannt werden müssten … alle Sonderreihen, beispielsweise „Der Kasper schlägt die Fliegen tot“ mit 16 Meter hohen Figuren, „Tinnitussi“ und „Shrek“, die überraschenden Performances für die Festivaldorfbesucher … ein Sonderlob gehört dem „Improviser in Residence“ Bart Maris. Bart war überall auf dem Festivalgelände zu finden, hier spielte er mit den Kindern im „Wo die wilden Kinder wohnen Land“, dort in der Halle in einer Formation, dann wieder im Dorf. Er erzählte Geschichten, verbreitete stets Frohsinn und die Moerser dürfen sich freuen, Bart ist noch bis Januar 2026 als Gast vor Ort. Auf die weiteren Konzerte und Aktionen darf man gespannt sein.
Das Ansinnen
In der Mitte des Festivaldorfes hatte das Festival-Team den „Boulevard De Silence“ installiert. Vier quadratische Stelen aus Stahl mit etwa 2,2 Metern Höhe standen in einer Reihe, jede auf allen vier Seiten beschriftet. Es sind Orte und Namen dokumentiert mit der Intention, eindringlich auf das Festivalsterben aufmerksam zu machen. In den letzten Jahren „starben“ 50 Festivals, Clubs und Konzertreihen, weitere 13 sind in der Existenz bedroht, lediglich sechs konnten nach einem „Aus“ wieder reaktiviert werden. Das ist ernüchternd.
Insbesondere während und nach der Corona-Pandemie konnten etliche Veranstalter nicht mehr weitermachen. Kosten für die Infrastruktur, die Musikbeschallung und für die Sicherheitsdienste sind explodiert. Zudem finden Etliche kein Personal. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite stehen die Kürzungen der Förderungen durch Bund, Land, Kommunen und private Fördergeber (Unternehmen). Das ist mehr als bedenklich.
Des Weiteren hat sich offensichtlich das Konsumverhalten verändert, das Publikum bleibt weg. Jahrzehntelang wurde ein Festival et cetera besucht, dann existiert dieses plötzlich nicht mehr und es setzt ein Aufschrei ein. Zu spät.
Dem Viersener Jazzfestival mit seiner langen Tradition und hoher Anerkennung kürzten die Stadtpolitiker die Unterstützung derart, dass es zukünftig nur noch alle zwei Jahre stattfinden kann. Es ist abzusehen, dass es eventuell nicht dabei bleiben wird und der Stadtrat auf eine Triennale einschwenkt. Ein negatives Beispiel.
Es gilt Widerstand zu leisten, aufzustehen und laut zu werden! Allen Fördergebern muss deutlich gesagt werden, dass eine Polis nicht ausschließlich aus der Wirtschaft besteht, sondern von Gemeinsamkeit, gegenseitiger Rücksicht, Toleranz und vor allem von der Kultur. Kultur „machen“, Kultur erleben, davon lebt und atmet eine Stadt.
Klaus Denzer
Community:Klaus Denzer aus Moers |

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