Beethoven und Mr. Bean

Sie werden lachen, aber ich meine es ernst: Beethoven ist gewissermaßen der musikalische Mr. Bean der Klassik. Beethovens berühmter Raptus (abrupter Stimmungsumschwung) wird auch von Rowan Atkinson als Mittel der Überraschung in Gestik und Mimik durchgängig genutzt. Hier die Lachmuskeln, dort die Gefühle als Angriffspunkte.
Und Beethoven konnte darüber lachen, wenn die Leute von seinen Rapti zu sehr beeindruckt waren. Manchmal sogar öffentlich. Stimmungsumschwünge mögen ja beim Komponieren noch sehr reale innere Gemütszustände spiegeln. Beim Vortrag der Komposition sind sie aber bereits nachempfunden und im Kontext verarbeitet. Und selbst der Komponist als Interpret ist nur „Schauspieler“ seiner vergangenen Gemütsregungen. Die Kunst ist es, die dies regelmäßig vergessen lässt. Und hier treffen sich Beethoven und Bean.
Dass er auch ungewollt oft eine bean-würdige Figur abgab, davon zeugen u.a. die Berichte von dem vierstündigen Mammutkonzert mit ausschließlich eigenen Werken im Jahre 1808, bei dem er nicht nur am Klavier saß, sondern auch dirigierte. Nun waren seine Dirigate, durch Taubheit und Zerstreutheit verstärkt, an sich schon sehr komisch. Beim Pianissimo kroch er mit verschränkten Armen fast unter das Pult, um dann beim Fortissimo hochzuspringen und die Arme weit auszubreiten. Als er bei dem damals aufgeführten Klavierkonzert vom Klavier aus dirigierte, vergaß er beim Tutti, dass er ja der Klavierspieler war, und riss bei einer Fortissimostelle mit seinen ausgebreiteten Armen beide Kerzenständer auf dem Piano um. „Seyfried, ein Musiktheoretiker seiner Zeit, der sich der persönlichen Freundschaft Beethovens rühmte, stellte sofort zwei Chorknaben mit Leuchtern in der Hand neben Beethoven, aber beim nächsten Sforzando bekam der eine von der ausfahrenden Rechten eine so derbe Maulschelle, daß er den Leuchter fallen ließ, während der andere Junge, der mit ängstlichen Blicken die Bewegungen verfolgte, nur durch rasches Niederducken der Maulschelle entging. Das Publikum tobte vor Lachen.“ (Lux)
Außerdem dirigierte er immer im Voraus. Beispielsweise ein piano, wenn die Musiker noch mitten im forte waren. Bei der „Schlacht von Vittoria“ dirigierte deshalb zur Sicherheit immer einer hinter ihm, auf den das Orchester mehr achtete als auf ihn. So konnten meist Katastrophen verhindert werden. Als Beethoven es merkte, drehte er sich nur um, und auf seinem Gesicht lag ein breites Lächeln.

Sehenswert bei youtube: Mr. Beans Klavierpantomime „Pathetique mit Mondscheinsonate“ und die auf Deutsch gesungene Europahymne

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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