Schneckenplage
Schneckenalarm im Kupferbeet

Reinliche Schnecke putzt über eine Fensterscheibe und präsentiert ihren makellosen Bauch | Foto: Anke Müller
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Liebe Leser des Lokalkompass,
ich will Euch noch mal einen vom Gärtnern erzählen! Hatte mich ja letztens mit den Tomaten so schön ins Beet reingedacht. Außerdem muss man auch manchmal seine Standbeine neu kreuzen, ich kann ja nicht immer nur vom Fahrradfahren und vom Einkaufen erzählen. Per Dekret überstandene Pandemie hin oder her.

Ich esse nicht nur gerne Tomaten, ich mag auch gern Salat. Da ich nur ein Mal wöchentlich zum Shoppen aufbreche – und das noch dazu mit dem Fahrrad – liegt es auf der Hand, das Grünzeug selber anzubauen.

(Dass auch heute trotz thematischen Wechsels Fahrradfahren und Lebensmittelbeschaffung untergebracht sind, beschert mir im Herzen eine warme Zufriedenheit)

Konkret dreht sichs heute um Schnecken
Wie man die aus dem Gemüsebeet fernhält, habe ich noch nicht herausgefunden. Der theoretischen Ansätze gibt es reichlich: Von Sägespäne ausstreuen oder Kaffeepulver, über Bierfalle, Zerteilen, bis hin zum Auslegen von Schneckenkorn. Von rückwärts betrachtet alles sehr brutale Unterfangen. Die Mittel hingegen, die keinem der Phlegmatiker an die Schleimhaut gehen, "helfen" dafür nichts. Zumindest nicht, wenn sich solche Massen zum großen Fressen versammeln wie bei mir.

 Ich jedenfalls kann keine Schnecke töten. Ich spreche sogar mit denen. Also ich schimpfe, während ich sie am Schlafittchen aus der Nervzone verfrachte, dass sie gefälligst Gras spachteln sollen.

 Evolutionär ist das auch nicht zu viel verlangt, das begründet sich schon damit, dass Schnecken seit 500 Millionen Jahren über die Erde kriechen, hingegen sich erst 200 Millionen Jahre später der Mensch dazugesellte. Und da betrieb der noch lange keinen Ackerbau! 

Mittlerweile haben uns die Schnecken dermaßen überrannt: Nicht mal mehr Schnittlauch und Zwiebeln gedeihen in meinem Hochbeet.

Durstige Schnecke trinkt Schnittlauchsaft | Foto: Anke Müller
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Doch der personalisierten Werbung in den sozialen Netzen sei es gedankt: Letztes Frühjahr las ich einen Artikel über die ultimative Schneckenbarriere: Eine Beeteinfassung aus Kupfer!

Kupfer könnten Schnecken angeblich nicht überwinden; wenn sie feucht drüber schleimen, würde ihnen das eine Art Mini-Stromschlag verpassen. 
Klang logisch. Wenn man mit der Zungenspitze sacht gegen die Gießkanne titscht, kribbelt das auch so komisch. Kupfer, das Fort Knox des Gemüsebeets!

Flugs dem Gatten erzählt und der stante pede recherchiert, wo man eine Einfassung aus der Wunderwaffe ohne Blutvergießen herkriegt.

Leider scheiterte das Unterfangen gleich während der nächsten Viertelstunde am Preis. Für 600 Oken ließe sich der Salat vermutlich für die nächsten Jahre bis auf den Küchentisch liefern.

Doch dann fiel der Blick meines Mannes plötzlich auf unser Carportdach. Das ist rundherum mit Kupfer verkleidet. Konnte es Passenderes geben?

Weil wir mal wieder im Lockdown lebten, graste ich im Internet nach schwarzen Maurerkübeln. Die sind viel günstiger als riesige Blumenkästen. Ich bestellte einen 10er Satz, der wurde auch zügig per Spedition geliefert. Eine Woche später kam die gleiche Fuhre noch einmal - weil der Rückversand aber so teuer gewesen wäre, durfte ich alle behalten. 

Das freute mich, trotzdem wollte ich mich nicht gleich zu Anfang übernehmen und platzierte nur das Starterset auf dem Dach.

Die Beschaffung der Erde gestaltete sich ebenfalls schwierig: Pro Kübel gingen drei 40l-Säcke drauf. Ins Auto passten aber nur zwölf je Fahrt. Weil alles zusammen kräftig ins Geld ging, mischten wir die Befüllung selber. Unten rein kleingeschnittenen Zweige, dann eine Lage Grünschnitt und Kompost, gefolgte von einer dicken Schicht Mutterboden aus dem Garten und nur zuoberst, für die zarten Wurzelchen am Anfang, ein paar Zentimeter Blumenerde aus dem Sack. Samen in den Boden, fertig.

Alles klappte prima, selbst die zwei Freischwimmertage infolge des Unwetter vom Juni verkraftete mein buntes Salatgemisch besser als mein Keller.

Kurz darauf begann die Ernte und wir schwelgten bis zum Urlaub in den feinsten Salaten. Es gab Ruccola, Kopf-, Eisberg- und Pflücksalat und noch ein paar andere, deren Namen ich vergessen habe. Ein grünes Gedicht!

Pünktlich zu Urlaubsbeginn waren die Wannen abgeerntet. Als ich mit dem letzten Kopfsalat im Arm vom Dach steigen wollte und über die halb zugewachsenen Trittsteine balancierte, die zum Schutz der klassischen Dachbegrünung auf Höhe des Fensters liegen, knackte plötzlich etwas laut unter meinem Schuh. Klang wie das Haus einer Weinbergschnecke, fühlte sich auch so an. Mich durchzuckte es.

Sacht hob ich meinen Fuß. Die Szenerie glich einem Massaker: Die arme Schnecke total zermatscht. Das tat mir fürchterlich leid, wenigstens hatte sie nicht gelitten. Aber wie, zur Hölle, war die aufs Kupferdach gekommen??

„Wird vom Baum gefallen sein“, meinte mein Mann.

„Oder eine Krähe hat sie hingetragen“, überlegte mein Kleinstes.

In dem Moment rauschte mein Pubi in die Küche, er war auf Nahrungssuche. „Wo wir gerade beim Thema sind! Du könntest die Schnecken auch kochen. Aber würz gescheit!“

Das Kleinste schüttelte sich. „Ich will keine Schnecken essen!“

„Muscheln isst du doch auch! Schlabberzeug zwischen harter Schale. Ist auch nichts anderes.“

„Die gucken aber nicht so süß.“

„Wenn die Mutter nicht wieder am Salz spart, schmecken die bestimmt lecker!“

Nach den Sommerferien kletterte ich erneut aufs Dach und vollzog die Nachsaat: prognostiziertes Ernteglück für in sechs Wochen.
Weil es unterdessen ständig regnete, sodass ich mir das Gießen sparen konnte, kümmerte ich mich nicht. Lediglich nach vierzehn Tagen spitzte ich kurz von der Leiter, ob die Samen aufgegangen waren. In sämtlichen Maurerwannen sprießte es gleichmäßig zart und grün: Mir tropfte im Voraus der Zahn.

Irgendwie hatte ich dann mal wieder eine Menge um die Ohren und erst nach mehr als zwei Monaten fiel mir der Salat wieder ein! 

Mitten im Satz sprang ich vom Schreibtisch auf, schnappte mir in der Küche eine Schüssel und kletterte aufs Dach. Voll der Vorfreude.Wohl weil ich den Job gedanklich mitgezerrt hatte, peilte ich das Übel erst, als ich mit der Schere in der Hand vor der ersten Wanne niedergekniete. Die war voller Schnecken!

Die zweite auch!

In allen Wannen! Kriechende Heerscharen!

Mit Haus und ohne! Kein einziges grünes Blatt!

Kupferblech hält jedenfalls keine Schnecke auf!

Das habe ich gerne für Euch ausprobiert, Leute <3         

Freundliche Nacktschnecke bei der Begrüßung | Foto: Anke Müller
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Autor:

Anke Müller aus Mülheim an der Ruhr

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