„Netz 23 schon im Ansatz falsch"
Fahrgastverband PRO BAHN Ruhr kritisiert Mülheims ÖPNV-Pläne heftig

Lothar Ebbers. | Foto: Archiv

Nach der Vorlage des Papiers „Netz 23“ sieht der Fahrgastverband PRO BAHN Ruhr buchstäblich "Schwarz" für die Zukunft des ÖPNV in Mülheim. Bis 2023 sollen im Nahverkehr jährlich sieben Millionen Euro eingespart werden, bis zu 30 Prozent an Ausgaben sollen mit dem Netz eingespart werden.

"Dies wird die miserable Wirtschaftlichkeit des Unternehmens noch weiter verschlechtern. Da das vorgesehene Angebot vielerorts nicht ausreicht, muss mit Einsatzwagen nachgesteuert werden. Diese sind besonders teuer, da nur für wenige Einsatzstunden Fahrzeuge und Fahrer vorgehalten werden müssen", weist Lothar Ebbers (Pressesprecher PRO BAHN Ruhr) auf einen Punkt hin.

Es werde völlig falsch eingeschätzt, wie Fahrgäste auf Taktausdünnungen, Umsteigezwänge, längere Wege zu Haltestellen, Streckenführung mit Umwegen und Umstellung von Schiene auf Bus reagierten. Es sei mit einem Vielfachen der angesetzten Mindereinnahmen von einer Million Euro pro Jahr zu rechnen. Vor allem würden Vollzahler im Jedermannverkehr wegbleiben, diese trügen aber überdurchschnittlich zu den Einnahmen bei.

Deutlicher Verlust an Fahrgästen

Im Netz 23 werde vor allem auf den heute noch alle zehn Minuten bedienten und daher besonders attraktiven Achsen zur Innenstadt das Angebot ausgedünnt, von sechs Fahrten pro Stunde entfielen auf der U18 drei (50 Prozent), nach Saarn in der Spitze zwei (33 Prozent), tagsüber vier (67 Prozent), zum Heidkamp vier (67 Prozent) und nach Speldorf Süd/Lierberg vier (67 Prozent). Gleichzeitig müsse immer umgestiegen werden. Hier werden die Fahrgastzahlen um deutliche zweistellige Prozentwerte sinken, prognostiziert PRO BAHN. Auf den Straßenbahn- und den dichter bedienten Busachsen soll bereits um 17.30 beziehungsweise 18 Uhr der halbierte Spätverkehr einsetzen, die Bedarfsverkehrslinien nach 18 Uhr überhaupt nicht mehr verkehren.

"Dreistes" Vorgehen der Stadt

"Es ist schon dreist, wenn die Stadt die in den letzten Jahren mit hohen Zuschüssen weitgehend sanierte Straßenbahnstrecke auf der Duisburger Straße aufgeben, aber beim Land beziehungsweise der Bezirksregierung neue Fördermittel beantragen will", unterstreicht Ebbers. Da müsse Düsseldorf eindeutig "Nein" sagen. Die versprochene Führung der U18 zur Hochschule West entpuppe sich zudem als Taschenspielertrick, indem einfach die Haltestelle „Königstraße“ den Zusatz „Hochschule West“ erhalte, während im Linienband die Haltestelle „Hochschule West“ wieder den alten Namen „Kolkmann“ trage.

Auch die Verbindungen mit den Nachbarstädten werden massiv verschlechtert, nach Duisburg durch Umsteigezwang an der Haltestelle Zoo/Uni, nach Oberhausen sind die heutigen Linien 122 von Styrum Bahnhof und 136 und 976 von Dümpten überhaupt nicht mehr erwähnt, nach Essen Takthalbierung der U18 sowie Streichung der 104, Enden der Linie nach Kettwig vor dem Stadtteilzentrum und Streichung der Verbindung nach Frohnhausen sowie Wegfall der Linie nach Ratingen Mitte.

PRO BAHN befürchtet, dass dieses nicht akzeptable Konzept, das einer fachlichen Prüfung nicht standhalte, dazu führt, dass erneut keine Beschlüsse gefasst werden, wie es bereits mehrfach der Fall war. Es müsse jetzt von Fachleuten verschiedener Disziplinen zusammen mit der Politik und Interessenverbänden ein tragfähiges Konzept entwickelt werden, das nicht eine vorgegebene Haushaltszahl als Ausgang habe, sondern ein zukunftsfähiges verkehrliches Leitbild für den ÖPNV in der Stadt und der Metropole Ruhr.

Autor:

Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr

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