Stadtgeschichte Kriminalität : Der Pittermann oder Pitterkasten (Dorfknast) in Sterkrade.

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Stadtgeschichte Kriminalität: Der Pittermann oder Pitterkasten (Dorfknast) in Sterkrade.

Der legendäre Pittermann oder Pitterkasten (Dorfgefängnis) in Sterkrade.

  • Woher stammt dieser Name?

Natürlich gibt es für dieses Wort mehrere Bedeutungen.
Hier eines, was ziemlich genau dazu passt. 

Wörterbuch der westmünsterländischen Mundart

Pietermann, Pittermann m. 1. Arrestzelle der Polizeibehörde, Gefängnis (z.B. für aufgegriffene Landstreicher).  Back, Brummstall, fastesitten, Gardiene, Huck n., Kaschott, Kasten, Kittken, Klaowerkasper, Lock, Pott, Riegel, Prisuune, Sprützenhuus, Trallge, Verwahrung.
2. Schälmesser. → Pitterken

  •  Du kommst in den Pitterkasten

Etwa 1860 wurde von der Sterkrader Gemeinde der erste Polizeidiener eingestellt. Es war der Polizeisergeant Martin Grönhoff. Eines seiner Probleme war, wohin mit den Ruhestörern und kleineren Straftätern. Es gab noch kein Gefängnis. Auf dem Gelände des heutigen Stadthochhauses, in dem Bereich des ehemaligen "Litopalastes" an der Finanzstraße, stand bis 1902 ein Schuppen des Sterkrader Bürgers Pittermann. Dieses Gebäude, das auch als Spritzenhaus der Feuerwehr diente, hatte Martin Grönhoff auserkoren für seine "Gefangenen". Sie kamen in den "Pitterkasten". Noch bis in den 1920er hörte man zu Kindern sagen, wenn sie sich kleineren Vergehens schuldig machten: "Du kommst in den Pitterkasten!".
Dieses historische Gebäude kennt keiner von uns, einige Anekdoten blieben aber erhalten.

  • Wo stand das der legendäre Pittermann

Auf dem Gelände des heutigen Stadthochhauses, in dem Bereich des ehemaligen "Litopalastes" an der Finanzstraße, stand bis 1902 der Pittermann.

Karte 1904
Pfeil zeigt die damalige Lage des Pittermann oder Pitterkasten.
  • Karte 1904
    Pfeil zeigt die damalige Lage des Pittermann oder Pitterkasten.
  • hochgeladen von Martin Grundmann
  • Beschreibung des Pittermann

Der Pittermann hat eine Höhe von ca. 2,50 m, eine Breite von 4 m und eine Länge von 5 m. Wenn man sich das Foto anschaut, wird es wahrscheinlich aus Brettern erbaut worden sein.

  • Der erste Polizeidiener in Sterkrade. 1860er bis 1895

Polizeisergeant M. Grönhoff starb am 2. Juli 1895 nach 34-jähriger Tätigkeit.
Sein Nachfolger war Hermann Rentmeister, der zuvor Grönhoff Gehilfe war.

  • Alltag eines Polizisten damals.

Weil damals Sterkrade zu Bürgermeisterei Beeck gehörte, musste der Polizist des Öfteren zu Fuß dorthin und selbstverständlich auch die Inhaftierten den Marsch mitmachen. Darum ist wohl auch zu verzeihen, dass der alte Grönhoff oft ein Auge zukniff und es bei einer Verwarnung blieb.
Die starke Entwicklung Sterkrades um die Jahrhundertwende erforderte auch größeren polizeilichen Schutz. Ein Polizeikommissar, ein Wachtmeister und zwölf Sergeanten sorgten nun hier für Ordnung und Sicherheit. Außerdem oblag der Polizei die Beaufsichtigung der Fabriken, Ziegeleien, Bäckereien, Wirtschaften, der Mietwohnungen, des Quartier und Kostgängerwesens, der Bäche und Abflussgräben und so weiter.
Auch die Festlichkeiten und Kirmessen wurden natürlich von der Polizei überwacht, zumal oft Messerstechereien und Schlägereien vorkamen. Während in den Städten auf 700 Einwohner ein Schutzmann kam, gab es in der Bürgermeisterei Sterkrade nur einen Schutzmann auf 2000 Einwohner. Der Dienst des einzelnen Beamten dauerte oft bis tief in die Nacht hinein. Er hatte sich von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 19 Uhr in seinem Revier aufzuhalten. Der Streifenwachdienst begann an den Werktagen um 6 Uhr und an den Sonntagen um 8 Uhr und dauerte bis 24 Uhr bzw. 2 Uhr, wenn nicht Festlichkeiten einen längeren Dienst nötig machten.

  •  Räuber Stratmann

Der Sterkrader Pittermann ist lokalkriminalgeschichtlich bemerkenswert. Räuberhauptmann Stratmann war dort auch mal eingelocht. Stratmann war im Bereich Essen bis Duisburg und Recklinghausen ein berüchtigter Gewaltverbrecher. Es gab um ihm viele Geschichten, die sich nach und nach sich als unwahr erwiesen.
Grönhoff hatte selten mit solch ein Kaliber wie Stratmann zu tun. Als Stratmann einige Tage dort drin saß, beobachten Kinder, wie Komplizen von Stratmann auf dem Dach die Bretter lösten und kurze Zeit später Räuberhauptmann Stratmann mit Komplize durch das Loch kamen und dann allesamt verschwanden.
Stratmann verübte noch viele Verbrechen, bis er von Kriminalsekretär Schmidt aus Oberhausen dingfest gemacht wurde. Er war nicht nur Gewaltverbrecher, sondern auch Ausbrecherkönig. Einige Wochen später floh er aus dem Gefängnis, die beiden waren jahrelange Kontrahenten. Auch mit anderen Oberhausener Kriminalbeamten hatte Stratmann zu tun. Herr Stratmann hielt etliche Jahre die Polizei im heutigen in Trab. Man nannte ihn ab den 1900er Räuberhauptmann Stratmann. Er nahm alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. In den alten Zeitungsberichten von damals stehen ja auch nur, die zur Anzeige gebracht worden sind. Die Dunkelziffer wird wahrscheinlich sehr hoch gewesen sein. Ich werde über den Räuberhauptmann einen eigenen Artikel schreiben, dieser kommt in wenigen Wochen. 

Herr Heinrich Schmidt, Kriminalinspektor, einer von Stratmanns "Jäger".
18. Dezember 1870 geboren
3. Juni 1958 verstorben
1901 in den uniformierten Dienst eingetreten.
März 1934 aus dem Dienst ausgeschieden.

Quellen:
Autoren: Historisches Oberhausen.  Martin Grundmann
Ich danke dem Team des Stadtarchivs Oberhausen für die große Unterstützung
Einen besonderen Dank an Herrn Uecker, Mitarbeiter des Stadtarchivs Oberhausen.
Ruhrwacht aus den 1950er
General-Anzeiger aus den Jahren 1910er
General-Anzeiger 1928

Autor:

Martin Grundmann aus Oberhausen

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