MAN Sterkrade
Viel Ärger um Entgeltgruppen durch bayrischen Tarifvertrag

Info zu meiner Person: von 1981 bis Juni 2019 Prüfstandschlosser bei MAN Oberhausen (heute MAN-ES). Inzwischen im Ruhestand
IG Metall Vertrauensmann seit 1982, 2006 bis 2019 Mitglied des Betriebsrates

MAN-ES in Sterkrade: Viel Ärger um neue Entgeltgruppen

Naturgemäß habe ich als langjährig Beschäftigter und ehemaliger Betriebsrat noch viele Kontakte zu den Mitarbeitern.
Im Zuge der Umstrukturierung der Standorte von MAN Energy Solutions ist das Entgeltrahmenabkommen (ERA) von NRW für die 1250 tariflich Beschäftigten in Oberhausen durch den Tarifvertrag aus Bayern ersetzt worden. Darüber herrscht große Unzufriedenheit und Wut in der Belegschaft. Denn damit verbunden ist der Wegfall von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Schichtzulagen für Spätschicht. Die von den Kollegen auf den Prüfständen in den 1980er Jahren durchgesetzte, akkordfähige Erschwerniszulage sollte auch wegfallen. Sie ist jedoch in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben und kann durch Tarifvertrag  nicht  gestrichen werden.
Alle tariflichen Mitarbeiter haben nach dem neuen Tarifvertrag Stellenbeschreibungen erhalten, nach denen die Entgeltgruppen festgelegt wurden. Viele Kollegen empfinden das als regelrechte Entwertung ihrer bisherigen Tätigkeit. So haben 840 Mitarbeiter Einspruch gegen ihre Stellenbeschreibung eingelegt. Bei den durch Stellenabbau verbliebenen 320 gewerblichen Mitarbeitern haben 240 Einspruch eingelegt. Falls die Mitarbeiter im Vergleich zu ihrer bisherigen Entgeltgruppe nach NRW Tarifvertrag abgruppiert werden, wird so vorgegangen, dass sie zwar zunächst ihr Entgelt weitergezahlt bekommen, aber bei jeder Tariferhöhung nur 1 Prozent erhalten. Man nennt das „Abschmelzen“. Wenn Betriebsräte in dieser Situation behaupten: „Jeder behalte sein Geld“ fasse ich das als regelrechte Provokation auf. Besonders angesichts der massiven Preissteigerungen.
Ich war 2008 bei Einführung des ERA Tarifvertrages NRW mit einem weiteren Kollegen für die IG Metall in der tariflichen Einigungsstelle, um seinerzeit die zahlreichen Einsprüche gegen die Eingruppierungen vorwiegend in der Fertigung letztendlich zu klären. Es wurden geschätzt für zwei Drittel der Arbeitsplätze in der Fertigung zwar keine höheren Entgeltgruppen, aber so genannte „Einigungsstellenzulagen“ vereinbart. Diese sind arbeitsplatzbezogen, akkordfähig und tarifdynamisch. Auch jeder neue Mitarbeiter, der an den Arbeitsplatz kommt, hat darauf Anspruch. Je nach Arbeitsplatz schwankte das 2008 zwischen 50 und 195 Euro. Durch Tariferhöhungen sind die Beträge inzwischen erheblich höher. Auch diese Zulagen fallen weg. Der Betrag wird ebenfalls „abgeschmolzen“.
Bei den zahlreichen „außertariflichen Angestellten“ wird bis 2025 „geprüft“, ob man sie abgruppiert. Das hätte monatlich mindestens 2000 Euro Verlust zur Folge.
Absolut skandalös ist aber die Art und Weise, wie eine so genannte „Mitarbeiterbefragung“ zu dem Bayern - Tarifvertrag veranstaltet wurde. Alle IG Metall-Mitglieder am Standort Oberhausen erhielten einen Stimmzettel. Diese Stimmzettel waren mit Namen und Personalnummer gekennzeichnet. Eine geheime Wahl wie bei einer gewerkschaftlichen Urabstimmung oder bei Betriebsratswahlen war also nicht möglich. Trotz Corona hätte man das organisieren können. Folglich haben sich nur 15 Prozent der Mitglieder beteiligt. Da griffen die Verantwortlichen in ihre „Trickkiste“. Die 85 Prozent Nichtwähler wurden kurzerhand als Ja - Stimmen gezählt. So kam man zu dem wundersamen Ergebnis, dass über 90 Prozent der Mitglieder für den ERA-Tarifvertrag aus Bayern seien. Diese undemokratische Vorgehensweise trägt erheblich zu dem Unmut in der Belegschaft bei.
„Trick 17“ auf dem Rücken der Belegschaft!

Autor:

Reinhardt Meyer aus Oberhausen

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