Über fakebook und sogenannte soziale Netzwerke
Facebook und die nackte Wahrheit...

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Laut einer Legende aus dem 19. Jahrhundert treffen sich die Wahrheit und die Lüge eines Tages. Die Lüge sagt zur Wahrheit: "Heute ist ein wunderbarer Tag"! Die Wahrheit blickt in den Himmel und seufzt, denn der Tag war wirklich schön. So verbringen die Beiden viel Zeit miteinander und kommen schließlich neben einer Quelle an. Die Lüge sagt zur Wahrheit: "Das Wasser ist sehr schön, lass uns zusammen baden!" Die Wahrheit, trotz allem etwas misstrauisch gegenüber der Lüge, testet das Wasser und entdeckt, dass es wirklich sehr schön ist. So ziehen sich die Beiden aus und beginnen zu baden. Plötzlich springt die Lüge aus dem Wasser, zieht die Kleider der Wahrheit an und rennt davon. Die überraschte Wahrheit kommt ebenfalls aus dem Brunnen und rennt überall hin, um die Lüge zu finden und ihre Kleidung zurückzubekommen. Die Welt, die die Wahrheit nackt sieht, wendet ihren Blick mit Verachtung ab. Die arme Wahrheit kehrt zur Quelle zurück und versteckt darin ihre Scham. Seither reist die Lüge um die Welt, verkleidet als die Wahrheit, befriedigt die Bedürfnisse der Gesellschaft, denn diese Welt hat auf keinen Fall den Wunsch, der nackten Wahrheit zu begegnen. Jean-Léon Gérôme hat diese Szene 1896 eindrucksvoll gemalt, mit Öl auf Leinwand.

Zwei Jahrhunderte weiter gibt es die sozialen Medien und die Medien. Selten geben sich beide die Ehre - oder begegnen sich gar. Es ist das Spiegelbild im Wasser, welches möglicherweise Lüge und Wahrheit gleichermaßen anziehen und wiedergeben. So ist es wirklich ein interessantes und geniales Konzept, ein Medium zu schaffen, welches individuell eine scheinbare Realität zeigt, weil sie gut zum Betrachter passt. Die gesellschaftliche Komponente, mit der z.B. Facebook funktioniert, weil wir Individuen uns am Besten in der Abgrenzung bzw. Nähe zum Anderen erleben, macht das Ganze zu einem Abbild der Gesellschaft. Aber eben nur zu einem Abbild, was möglicherweise von den meisten Nutzern nicht mehr so wahrgenommen wird. Die nackte Wahrheit interessiert bei Facebook kaum, weil sie möglicherweise NICHT den dortigen Gemeinschaftsstandards entspricht. Diese Standards sind auf der anderen Seite kaum einem Nutzer bewusst oder bekannt. 

Facebook hat so auch im Laufe der letzten Jahre immer weiter die Kontaktmöglichkeiten für die nutzenden Menschen eingeschränkt. Es gibt keine telefonische Hotline oder einen Online-Chat-Support, wie bei seriösen Unternehmen. Und weil es Erdogan gewesen ist, der so ein Thema einmal aufgeworfen hat, Facebook staatlich kontrollieren zu wollen, wird dieser Gedanke komplett NICHT verfolgt. 

Rufmord, Verbreitung von gefälschten Bildern und Videos, aus dem Zusammenhang gerissene Schein-Informationen, Verunglimpfung und Hass, Verfolgung von Minderheiten und Einzelpersonen - quasi, ein multimedialer Pranger oder Scheiterhaufen, sind die sozialen Medien manchmal auch. Dann formieren sich hinter einzelnen Personen, Scharen von Menschen - die man früher vielleicht als Pöbel bezeichnet haben würde. Man stelle sich in diesem Zusammenhang einmal vor, auf der fb-Seite von einem Pontius Pilatus würde dieser eine Umfrage starten: Wer für den Tod von diesem Judenkönig ist, stimmt mit einem "Gefällt mir" ab, wer hingegen den Barabas gekreuzigt sehen will, klickt auf den Lach-Smiley. Dann würde man die Vorwürfe gegen Jesus zusammenhanglos online stellen: Flüchtling aus Palästina, gewaltbereite Begleitung bei der Verhaftung, seltsame Hintergründe bereits bei der Zeugung, usw.. 

Heute jedenfalls habe ich im Internet eine Frau gefunden, die ständig rechtsradikale Inhalte überall postet. Sie hat angeblich am 13. April 1907 das Licht der Welt erblickt. Das Foto auf der dürftig informativen Seite von Facebook zeigt aber eine sehr junge Frau - die ja eigentlich über 113 Jahre alt sein sollte. Das Profil ist tendenziell und oberflächlich. Also habe ich diesen "Troll" als fake-Profil beim Facebook-Support gemeldet. Die Möglichkeiten dafür sind sehr eingeschränkt. Und das im Rechtsraum der Bundesrepublik Deutschland. Hier sind keine Klarnamen erforderlich und das Geburtsdatum zeigt den Algorithmen des Zuckerberg-Systems, dass die angebliche Frau mindestens volljährig ist. Weder verstoßen ihre Posts gegen die o.a. Gemeinschaftsstandards, teilt man mir in einer Systemnachricht nach einer Stunde mit, noch scheint diese Frau unecht zu sein. Klar, mit 113 Jahren sind ja alle in den Jungbrunnen der Lüge gefallenen Frauen, ständig online, um AfD-Nachrichten zu mehren.

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Ich will ein weiteres Beispiel liefern: da hat es in den letzten Jahren eine fb-Seite gegeben, mit dem Titel: Keine weiteren Asylantenheime für Deutschland. Dort wurde öffentlich über die Menschen gelästert und gelacht, die aus Kriegsgebieten nach Deutschland flüchten. Die Inhalte habe ich beim fb-Support gemeldet, mit einem dafür vorgesehenen Klick. Doch auch diese Gruppe wird von wem auch immer bei Facebook nicht als kritisch angesehen. Auch diese Gruppe mit solch einem Titel verstößt NICHT gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook. Wow, dachte ich, was denn dann?

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"Revolution 2.0 - Schließt Euch an dem Deutschen Widerstand" hat auf einer entsprechenden fb-Seite mit anhängender Gruppe, deutlich zu Gewalt und Aufstand im vergangenen Sommer aufgerufen - und dazu Termine und Treffen über die sozialen Medien koordiniert. Diese Gruppe und auch diese Seite verstoßen aber NICHT gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook. Zuckerberg und sein Projekt haben offenbar kein Problem damit, wenn in der Bundesrepublik Deutschland der Rechtsstaat durch Gewalt von der Strasse ausgehebelt wird. Hauptsache, die Internet-Verbindungen leiden nicht, so dass die Werbeflächen weiter Geld in die Kasse spülen, scheint das Motto. Wenn ich nun sehe, wie hier beim Lokalkompass lokale Nachrichten und Informationen von Bürgerreportern kaum gelesen werden - sogar lieb gewonnene "Kollegen" hier befürchten, dass die LK-Gemeinschaft aufhören könnte, komme ich zum Schluß, wie oben bereits angedeutet: die dreiste Lüge in den sozialen Medien, wie Twitter, Telegramm und Facebook, ist interessanter, als die Wahrheit in der Zeitung - auch wenn Reinhard Mey richtig schlussfolgerte, dass man nicht alles glauben soll, was in der Zeitung steht. Es gibt z.B. auch die BILD. 

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Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

Webseite von Stephan Leifeld
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