"Man muss verdrängen können!"

„Man kann nicht immer nur berichten, wenn die Sonne scheint und wenn‘s eng und staubig wird, sollen andere den Kopf hinhalten.“ Das ist nicht das Verständnis von Berichterstattung für Friedhelm Brebeck.

Der ARD-Fernsehkorrespondent berichtete 19 Jahre lang direkt aus politischen Krisengebieten wie Sarajevo, dem Kosovo, Belgrad, Teheran, Istanbul oder Tel Aviv. Er war vor Ort, als in Jugoslawien der Krieg ausbrach, berichtete hautnah, als die Lage sich im von Serben belagerten Sarajevo immer weiter zuspitzte. Seit 1999 ist der heute 76-Jährige nun im Ruhestand.
Für seine packenden Berichterstattungen wurde Brebeck mit dem Grimme-Spezial-Preis, der Goldenen Kamera und dem Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet. Bis dahin legte Brebeck eine vielseitige journalistische Karriere hinter sich: Die Anfänge als Journalist machte er als Volontär bei der Westdeutschen Rundschau in Wuppertal und wurde später Redakteur der Rheinischen Post in Düsseldorf. Zurück zum Fernsehen ging es 1973 als Redakteur und Reporter für den Bayrischen Rundfunk.
Doch Brebeck brauchte Abwechslung: „Ich wollte irgendwann raus aus der Zentrale des Bayrischen Rundfunks“, so der Journalist. Als dann 1974 eine Korrespondentenstelle in Tel Aviv frei wurde, zögerte Brebeck nicht lang und ging nach Israel. Weiter führte ihn sein Weg nach Teheran. Ob Belgrad, Sarajevo oder Tel Aviv. Er begab sich Tag für Tag in Lebensgefahr, war hautnah an Mord und Gewalt. Da muss auch die Familie gedanklich mitziehen können.
„Man muss das mit der Familie absprechen. Meine Frau hat gesagt, wenn ich meine, ich soll das machen und das zu meiner Arbeit gehört, dann soll ich das machen.“ Doch einmal wurde es ihr doch zu viel: „Im Radio kam eine falsche Meldung, das Fernsehzentrum in Sarajewo, in dem ich zu der Zeit war, sei von Granaten zerstört worden.“ Brebeck blieb trotzdem, „weil ich zuständig war. Das war mein Studio und mein Gebiet.“
Doch irgendwann muss jeder noch so eiserne Reporter mal raus aus dem Krisengebiet. „Die Kamera ist beispielsweise kaputt, die Unterwäsche musste verbrannt werden oder man braucht was Richtiges zum Essen.“ Zurück in Deutschland kehre man nicht so einfach wieder in den Alltag zurück, so Brebeck weiter: „Wenn man nach Hause kam, war man erst einmal ‚autistisch‘. Man meidet große Menschenmengen, Kaufhäuser und ist überfordert in der Metzgerei mit 37 Schinkensorten. Aber nach einer Woche ist man wieder der alte Konsumterrorist.“
Bis zu seinem Ruhestand zog es ihn immer wieder zurück in die Krisengebiete. Wie man als Krisenreporter mit dem Leid der Menschen, der Gewalt des Krieges, die man täglich miterlebt, umgeht, weiß Brebeck nur zu gut. „Ich bin nicht abgehärtet und kalt wie eine Hundeschnauze, aber man muss verdrängen können. Andernfalls scheuern Sie sich die Seele wund und werden für das Team unkalkulierbar.“

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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