"Moving Shadows" des Schattentheaters Mobilés
Zauberhafter Schweinsgalopp durch die Kulturgeschichte

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Sicherlich lässt sich trefflich darüber streiten, ob der Eintrittspreis gerechtfertigt ist. Doch diesbezügliche Zweifel, die sich während der ersten Programmhälfte einschleichen, verflüchtigen sich spätestens im Finale dieser besonderen Show komplett.

Gleich zwei Preise hat das Ensemble "Mobilés" aus Köln abgesahnt beim weltgrößten Comedy-Festival in Montreal (Kanada). Und es hat auch sein Publikum und die Jury der französischen  Ausgabe des "Supertalents" überzeugt. Liebevolles Schattentheater auf akrobatisch hohem Niveau, doch weitgehend versteckt vor neugierigen Blicken. Poesievoll, kreativ, witzig - eine verblüffende Kombination aus Leichtigkeit und Präzision, Comedy, Tanz und Akrobatik. Eine sympathische Künstlertruppe mit zwei Choreographen, die ein über 90 Minuten langes Sammelsurium kultureller Perlen auf die Bühnenhaus-Kette zieht.

Der Bilderreigen kommt schnell in Schwung, beflügelt durch bekannte Songs aus dem internationalen Evergreen-Repertoire. Die Comedian Harmonists übergeben an Elvis und die Beatles, Abba und Michael Jackson. Filmzitate runden ab, was die Musik allein nicht liefern kann: James Bond, Easy Rider, der Zauberlehrling, Musicals und Blockbuster, Kriegsdramen ("Apocalypse now") und Flowerpower-Hymnen wechseln sich ab mit den Hits von Queen und den alten Rock'n'Rollern. Den roten Faden dazu liefert der Tagesablauf des Herrn mit dem Lockenkopf, der vom Aufwachen, durch seinen Arbeitstag hindurch bis auf die abendliche Fernsehcouch als Schattenriss durchs Bühnenbild turnt.

Man braucht etwas, um hinein zu kommen und sich an die phasenweise recht laute Musik zu gewöhnen. Doch irgendwann ist man im Fluss des Geschehens und kann die tollen Bilder bestens genießen. Die Artistenleiber zwischen Leinwand und Lampen formieren sich zu ständig wechselnden Bildern von Tieren, Gebäuden, Möbeln, Land- und Gerätschaften, spielen gekonnt mit Größenrelation und Perspektiven. Die eingespielten Songs kennt jeder, die Auswahl ist repräsentativ und prächtig. Je länger die Show dauert, desto besser wird sie und schafft im letzten Drittel sogar den Spagat von leichter Unterhaltung zur Politkritik: Klimaschutz, Umweltzerstörung, Trumpismus und menschliche Rücksichtslosigkeit ziehen das Publikum genau in der richtigen Dosierung runter, bevor die Zielgerade der Hoffnung den Weg bereitet.

Wir haben die Chance, alles wieder in gewohnte  Glücksbahnen zu lenken - diesen Gedanken transportieren die Szenen am Ende der Show. Und welches Lied wäre passender für schlussendliche gute Laune als "Bohemian Rhapsody"?! Da aber der Songtext gar nicht nur lustig ist, denken wir noch einmal über den Eintrittspreis nach. Zwischen 120 und 150 Euronen sind fällig für eine vierköpfige Familie. Vorschlag: Legen Sie jeden Monat 10 Euro beiseite und leisten Sie sich dieses optisch und akustisch erquickende Vergnügen, wenn die "Mobilés" 2024 wieder nach Wesel kommen. 

Bestimmt gehören Sie dann zu den begeisterten Sechshundert, die Standing Ovations spenden werden. Fast versprochen!

(alle Bilder zum Beitrag: Inge Bohlen)

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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