Moyland unterliegt im Rechtsstreit um Tischer-Fotos

„Im Berufungsverfahren gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 29. September 2010 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 30. Dezember 2011 der Stiftung Museum Schloss Moyland untersagt, 18 bisher unveröffentlichte Fotos des Fotografen Manfred Ti-scher im Museum Schloss Moyland auszustellen“, teilte gestern Rechtsanwalt Simon Bergmann mit. Er vertritt die Interessen von Museum Schloss Moyland im Rechtsstreit mit der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, die die Interessen der Beuys Witwe Eva, vertritt. Sie hatte sich im Vorfeld gegen die Ausstellung von Fotos des Fotografen Manfred Tischer ausgesprochen. Er hatte ein „Beuys-Happening“, das 1964 in der Sendung „Die Drehscheibe“ im ZDF live ausgestrahlt worden war, im Bild vor Ort und in Gegenwart des Künstlers Joseph Beuys aufgenommen. Diese Bilder gehören zur Beuys-Sammlung Schloss Moyland und sollten 2010 gezeigt werden. In einer ersten Gerichtsverhandlung unterlag Museum Schloss Moyland. Das Verfahren wurde gestern vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in zweiter Instanz verhandelt.
„Die VG Bild-Kunst, die die Rechte für die Beuys-Erbin Eva Beuys geltend macht, sieht in der Ausstellung dieser 18 Fotos eine unzulässige Bearbeitung der ursprünglichen Aktion von Beuys und verfolgt deshalb ein gerichtliches Ausstellungsverbot“, so Rechtsanwalt Bergmann. Wie der vorsitzende Richter anlässlich der Urteilsverkündung erläuterte, geht das Gericht davon aus, dass die 18 Fotos sowohl die Anordnung als auch die Handlungsabläufe des Happenings derart wiedergeben, dass sich die Fotos als zusammenfassende Bearbeitung darstellen würden. Zudem - so das Gericht - bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte, dass Beuys mit einer solchen Bearbeitung einverstanden gewesen wäre.

Rechtsanwalt Bergmann fährt fort: "Diese Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist nicht haltbar. Die 18 Momentaufnahmen der 20- bis 30-minütigen Aktion können die Dynamik der Kunstform „Happening“ nicht wiedergeben. Wesentliche Merkmale eines Happenings wie Handlungsabläufe, Bewegung, Gestik, Worte und Klang, gehen bei der fotografischen Darstellung verloren. Deshalb können die 18 Fotografien von Tischer nicht als eine Bearbeitung des Beuys-Happenings im urheberrechtli-chen Sinne angesehen werden. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf zu einem anderen Er-gebnis kommt, mag dies damit zusammenhängen, dass es in Bezug auf das streitgegenständliche Happening aus dem Jahr 1964 keinerlei Aufzeichnungsmaterial mehr gibt und den urteilenden Richtern die Komplexität der Werkgattung Happening offensichtlich nicht bekannt war. Abwegig ist auch die Annahme, Beuys wäre mit den Fotos nicht einverstanden gewesen. Im Verfahren war unstreitig, dass Beuys die Anwesenheit des Fotografen Tischer begrüßt hatte.

Das Urteil des OLG Düsseldorf birgt ungeachtet des konkreten Streitfalls nicht unerhebliche Ge-fahren für die (Dokumentations-)Fotografie. Würde sich nämlich die Auffassung des Gerichts durchsetzen, könnten Fotodokumentationen von Theaterstücken, Musikaufführungen, Perfor-mances, Happenings etc. stets vom Urheber mit dem Argument der unzulässigen Bearbeitung untersagt werden. Hiermit würde die Arbeit von Fotografen und Museen erheblich erschwert werden.

Deshalb haben wir unserer Mandantschaft empfohlen, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Revision ausdrücklich zugelassen."

Autor:

Annette Henseler aus Kleve

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