Li Bai, Klage auf der Marmortreppe

Auf Marmorstufen weißer Tau sich mehrt
In langer Nacht durch Seidenstrümpfe dringt
Hinein sie geht, der Kristallvorhang zu
Es funkelt als sie schaut des Herbstes Mond

玉階生白露 夜久侵羅襪 卻下水晶簾 玲瓏望秋月

Li Bais Sprache ist einfach, wie auch die des berühmten Gedichts "Nachtgedanken", das aufgenommen wurde in den Kanon der 300 Gedichte der Tangzeit. Einfache Worte, einfache Szene: eine Frau will sich nach langem vergeblichen Warten in einer Herbstmondnacht auf den Marmorstufen ihres Pavillons, in ihr Schlafgemach zurückziehen. Schließt den „Kristallvorhang“, einen Vorhang mit Glasperlen, sieht den klaren Mond jetzt funkelnd. Dies deutet auch auf ihre Tränen hin, die den Blick trüben. Solange sie noch wartete, hoffte sie und weinte nicht. Mit dem Zuziehen oder Herunterlassen zieht sie den Schlussstrich: es ist vorbei. „Weißer Tau“ ist eine zweiwöchige Periode im chinesischen Mondkalender, Mitte September. Die Vollmondnacht ist seit eh und je die Nacht der Liebenden und, falls man getrennt ist, das Zeichen der Sehnsucht. In dieser bewussten Nacht führt das Licht des Mondes den Geliebten nicht zur Wartenden.
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Autor:

Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau

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