Betörend und minimalistisch - Willy Decker inszeniert Wagners „Tristan und Isolde“ in der Jahrhunderthalle

Weg von den Beschränkungen herkömmlicher Theaterräume haben Regisseur Willy Decker und Bühnenbildner Wolfgang Gussmann einen minimalistischen, den Raum ausfüllenden Rahmen für Wagners „Tristan und Isolde“ geschaffen. Foto: Paul Leclaire | Foto: Paul Leclaire
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  • Weg von den Beschränkungen herkömmlicher Theaterräume haben Regisseur Willy Decker und Bühnenbildner Wolfgang Gussmann einen minimalistischen, den Raum ausfüllenden Rahmen für Wagners „Tristan und Isolde“ geschaffen. Foto: Paul Leclaire
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Es ist entrückend, entzückend, betörend und berauschend für die Wagnerianer, faszinierend und hinreißend für die Freude des minimalistischen Bühnenbildes: Tristan und Isolde, die furiose Auftaktinszenierung von Triennale-Intendant Willy Decker, der damit seine dritte und letzte Spielzeit in der Jahrhunderthalle eröffnete.

Unter der musikalischen Leitung von Kirill Petrenko, dem künftigen Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper und Dirigenten des neuen Rings der Bayreuther Festspiele 2013, brillieren Christian Franz als Tristan, Anja Kampe als Isolde, Stephen Milling als König Marke, Claudia Mahnke als Brangäne und Alejandro Marco-Buhrmester als Kurwenal im Zusammenspiel mit den Duisburger Philharmonikern. Diesem Eindruck tat auch die rund 15- minütige Verspätung kein Abbruch, die dem Verkehrschaos des Ruhrgebiets geschuldet war, in dem zwei Orchestermusiker feststeckten.
„Richard Wagner nennt seinen ‚Tristan‘ im Untertitel ‚Handlung‘, eine geradezu paradoxe Gattungsbezeichnung für das handlungsärmste unter all seinen Stücken“, so Regisseur Willy Decker. „Der Schlüssel zu diesem komplexen Stück, des Problems der Abbildung des Unsichtbaren, wäre demnach paradoxerweise Einfachheit.“
Und so reduziert Wolfgang Gussmann das Bühnenbild in der Jahrhunderthalle auf zwei Flächen und eine Kugel, die sich drehend, senkend, hebend, nach vorne und hinten schwebend immer wieder neue Bühnenräume schaffen, Räume verengen und erweitern, veränderte neue Blickwinkel bieten. Ein fesselnder Rahmen für eine faszinierende Wagner-Inszenierung mit der Willy Decker im Zusammenspiel mit dem Orchester und den Protagonisten auf der Bühne die Jahrhunderthalle wieder zu der „Kathedrale der Industriekultur“ erhebt.
„Mir wird immer unbegreiflicher, wie ich so etwas habe machen können. Hier habe ich alles überschritten, was im Gebiet der Möglichkeiten liegt“, stellt Richard Wagner fest, nachdem er 1859 sein „opus meta­physicum“ fertig gestellt hat.
Tatsächlich handelt seine Adaption der uralten keltischen Sage mit radikaler Ausschließlichkeit von Liebe und Tod. Vom ersten Augenblick an ist die Liebe von Tristan und Isolde todessüchtig, feiern sie in ihrer Liebesnacht die Abwesenheit von Leben und Welt als Voraussetzung für Glück.
Für Wagnerianer und Opernfreunde ist diese Inszenierung ein Muss, für all jene, die sich der Oper, Wagner und seiner Musik nähern wollen, keine „leichte Kost“ und dennoch ein fesselnder Einstieg, wenn auch mit 5 Stunden 15 Minuten inklusive zweier Pausen „Sitzfleisch strapazierend“.
Weitere Aufführungen in der Jahrhunderthalle sind am 3., 9., 13., 17., 20. September zu erleben. Weitere Informationen zu „Tristan und Isolde“ unter Tel.: 0 700.20 02. 34 56.eur

Weg von den Beschränkungen herkömmlicher Theaterräume haben Regisseur Willy Decker und Bühnenbildner Wolfgang Gussmann einen minimalistischen, den Raum ausfüllenden Rahmen für Wagners „Tristan und Isolde“ geschaffen. Foto: Paul Leclaire | Foto: Paul Leclaire
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Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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