„Wir sind Erinnerung“: Regisseur Jakob Fedler bringt in den Kammerspielen Einar Schleefs Roman „Gertrud“ auf die Bühne

Wolfram Koch, Almut Zilcher und Antonia Bill (v. l.) fächern Gertruds Persönlichkeit auf. | Foto: Declair
  • Wolfram Koch, Almut Zilcher und Antonia Bill (v. l.) fächern Gertruds Persönlichkeit auf.
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„Der Schauspieler Wolfram Koch hat mit Bedauern festgestellt, dass Einar Schleef beim größeren Theaterpublikum etwas in Vergessenheit geraten ist“, sagt der Regisseur Jakob Fedler, dessen zweiter Schleef-Abend „Gertrud“ am 15. Dezember 2017 am Deutschen Theater Berlin Premiere feierte. Die Bochumer Premiere dieser Koproduktion des Schauspielhauses mit dem Deutschen Theater steht am Freitag, 26. Januar, in den Kammerspielen an.

„Einar Schleef war ein Universalkünstler; er hat zum Beispiel auch gemalt. In Erinnerung geblieben ist er jedoch vor allem als Theaterregisseur“, erklärt Fedler. Der im Jahre 2001 verstorbene Schleef „genießt in Theaterkreisen noch immer einen fast legendären Ruf. Der theaterinteressierte Mainstream nimmt seine Arbeit dagegen kaum wahr“, hat der 1978 geborene Regisseur beobachtet. Wer neugierig ist, für den ist „Gertrud“ die Gelegenheit, den Autor Einar Schleef kennenzulernen.

Weimarer Republik, Nationalsozialismus und DDR

Im Roman „Gertrud“, dessen zwei Bände 1983 und 2003 erschienen sind, arbeitet Schleef die Lebensgeschichte seiner Mutter auf. Gertrud bringt in einem fiktionalen Monolog ihre Gefühle und Gedanken zum Ausdruck. Ausgangspunkt ist der Tod ihres Mannes Willy. Gertrud bleibt allein in Sangershausen im heutigen Sachsen-Anhalt zurück. „Sie wurde 1909 geboren und hat die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus und die DDR erlebt – Grundlage für einen wahnsinnigen Roman“, begründet Fedler sein Interesse am Stoff und fährt fort, „das Werk entfaltet einen wahren Erzählsturm, der auch eine Komik birgt, die wir herausarbeiten.“

Hochkarätige Besetzung

Wie schon bei seinem ersten Schleef-Abend „Der Tod des Lehrers“ hat Fedler auch für „Gertrud“ den renommierten Theaterschauspieler Wolfram Koch gewinnen können, den viele auch als Frankfurter „Tatort“-Kommissar Paul Brix kennen. „Überhaupt ist die Besetzung sehr hochkarätig“, freut sich Schauspielhaus-Dramaturgin Annelie Mattheis. In der Tat lassen die Namen Antonia Bill und Almut Zilcher die Herzen der Theaterfans höher schlagen.
In „Der Tod des Lehrers“ spielte Koch sämtliche Rollen – ein Soloabend der besonderen Art. Diesmal wählt Jakob Fedler einen gänzlich anderen Ansatz: „Alle drei spielen Gertrud. Die drei Schauspieler verkörpern verschiedene Aspekte ihrer Persönlichkeit: ihre Erinnerungen, die Sehnsucht nach ihrem Mann, das Verhältnis zu ihren Söhnen, ihre politischen Ansichten. Wir ziehen dabei bewusst keine Chronologie ein.“
„Bisher haben wir vier Termine für 'Gertrud' am Schauspielhaus vereinbart“, gibt Mattheis Einblick, „wir möchten das Stück gern öfter zeigen; da die Schauspieler viel beschäftigt sind, ist allerdings noch nicht klar, ob das klappt.“ - Fedler sagt: „Ich wünsche mir, dass Schleef nicht vergessen wird. Elfriede Jelinek hat einmal gesagt, es habe in Deutschland zwei große Theatermacher gegeben: Fassbinder im Westen und Schleef im Osten.“ - Zeit, an einen Großen des Theaters zu erinnern, der ein bedeutender Chronist des Kleinbürgertums ist.

Termine
Seine Bochumer Premiere erlebt „Gertrud“ am Freitag, 26. Januar, um 20 Uhr in den Kammerspielen des Schauspielhauses, Königsallee 15.
weitere Termine: Mittwoch, 31. Januar, 19.30 Uhr; Sonntag, 4. Februar, 19 Uhr; Freitag, 16. Februar, 19.30 Uhr.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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