Stadtanzeiger-Serie: „Inklusion“ (3. Teil) – Marktschule Ickern

Schulleiterin Ute Lüdke (v.l.) und die Sonderpädagoginnen Heike Stein, Katrin Schnelzer und Martina Köllner. Foto: Wengorz
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„Inklusion ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die man aber bewältigen kann“, ist Ute Lüdke, Leiterin der Marktschule Ickern, überzeugt. Seit dem Schuljahr 1997/98 bietet die Grundschule an der Kirchstraße einen gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne besonderen Förderbedarf an. „Einfach war es in dieser Zeit nie“, so die Schulleiterin. „Aber die gemeinsame Beschulung birgt große Chancen für alle Kinder.“

Nicht die Kinder, sondern vielmehr die Eltern seien das Problem gewesen, als an der Marktschule Ickern vor 17 Jahren erstmals ein gemeinsamer Unterricht für Kinder mit und ohne besonderen Förderbedarf angeboten wurde. „Eine Familie hat damals sogar ganz bewusst ihren Sohn aus der Klasse herausgenommen“, erinnert sich Sonderpädagogin Heike Stein. Zu groß sei die Sorge gewesen, er könne in seiner Entwicklung beeinträchtigt werden.
„Bei den Eltern hat mittlerweile aber ein völliges Umdenken stattgefunden“, weiß Ute Lüdke aus Erfahrung. Inzwischen sei der gemeinsame Unterricht sehr stark nachgefragt, und auch die Eltern von Kindern ohne besonderen Förderbedarf würden sehr oft den Wunsch nach gemeinsamer Beschulung äußern.
Die Vorteile dieses Unterrichts, so Lüdke, lägen klar auf der Hand. So hätten die Schüler mit Förderbedarf eine Orientierungsmöglichkeit an den leistungsstärkeren Schülern, und ihr Ehrgeiz würde gestärkt. Vielfach sei es gelungen, entwicklungsbeeinträchtigte Kinder später wieder in eine normale Schullaufbahn zu integrieren. Gerade im Grundschulalter gebe es hier noch einen großen Entwicklungsspielraum.
„Die besondere Chance ist aber das soziale Lernen“, so die Schulleiterin. „Dass auch schwächere Schüler in der Klasse sind, die andere, einfachere Aufgaben bekommen, wird zu einem ganz normalen Prozess. “
Gravierende Probleme habe es beim gemeinsamen Unterricht nie gegeben. „Wir haben mit einem Kind mit dem Down-Syndrom und einem Kind mit einer Verhaltensstörung angefangen, also mit relativ schweren Fällen. Für die Kinder war das aber kein Problem. Sie akzeptieren, wenn jemand anders ist“, sagt Heike Stein.
Ein großer Vorteil liege auch darin, dass in den Klassen mit gemeinsamer Beschulung in der Regel zwei Lehrkräfte eingesetzt würden. „Man hat viel mehr Zeit für das einzelne Kind“, weiß Sonderpädagogin Martina Köllner. Zudem sei die Klasse kleiner und damit überschaubarer.
Diese günstigen Bedingungen werde es an den meisten Regelschulen, die sich im kommenden Schuljahr für die Inklusion öffnen, aber wohl nicht geben, befürchtet Ute Lüdke. „Die Herausforderung war für uns zunächst, zu entscheiden, ob man die Schüler mit Förderbedarf auf alle Klassen verteilt oder weitestgehend zusammen unterrichtet“, erklärt sie. Man habe sich damals für letztere Variante entschieden, da so eine fast durchgängige Betreuung durch einen Sonderpädagogen gewährleistet werden konnte. Da jedem Kind mit Förderbedarf aber nur zweieinhalb Stunden sonderpädagogische Betreuung pro Woche zustehen, werde dies an Regelschulen sicherlich schwierig.
Überhaupt sei die Umstellung auf die gemeinsame Beschulung ein langer und schwieriger Weg gewesen. „Es gibt einfach so viele verschiedene Arten des Förderbedarfs“, so die Schulleiterin. Aus der Erfahrung wisse man, „dass für jedes Kind eine individuelle Lösung gefunden werden muss.“ Dies erfordere vor allem zweierlei: Kreativität und sehr viel Zeit.

Autor:

Verena Wengorz aus Castrop-Rauxel

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