Lebendige Geschichte – Friedensdorf verabschiedet Mitarbeiterin nach 41 Jahren in den „Un“ruhestand

Die Friedensdorf-Kinder verabschiedeten Hong Kappenberg (Mitte) mit Gesang
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  • hochgeladen von Ana Lange

Behände wechselt sie dem kleinen Samir sein Hemdchen. „Arme hoch, und nun den Pulli an“, weist Hong Kappenberg das strahlende Kind an. „Seit 41 Jahren mache ich das nun hier im Friedensdorf“, erklärt sie schmunzelnd die Routine. Hong Kappenberg kam 1972 aus Vietnam nach Deutschland. Damals half sie in einem kleinen Laden ihres Onkels aus. „Das Oberhausener Friedensdorf suchte damals Betreuer für die vietnamesischen Kinder. Als ich davon hörte, entschied ich mich für drei Jahre nach Deutschland zu gehen und danach wieder nach Hause zurück zu kehren.“ Die damals 26-jährige blieb in Deutschland – bis heute. Denn das Friedensdorf sei zu ihrer neuen Heimat geworden.

Am vergangenen Donnerstag wurde Hong Kappenberg feierlich auf dem Dorfplatz und im Speisesaal des Friedensdorfes in den Ruhestand verabschiedet. Neben den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern, Mandatsträgern und Kindern des Friedensdorfes kamen sogar einige ehemalige vietnamesische Dorfbewohner, um „ihre Hongo“ gebührend in den „Un“ruhestand zu entlassen. Die Kinder des Friedensdorfes, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und besonders die große Gruppe der japanischen Ehrenamtlerinnen empfingen Hong Kappenberg nach ihrer letzten Frühschicht musikalisch auf dem Dorfplatz. Sie hatten zum Abschied Tänze und Lieder in ihren Heimatsprachen einstudiert und das bewegte alle Anwesenden deutlich sichtbar.

Hong hinterlässt tiefe Spuren im Friedensdorf und hat viele Herzen erobert. Während ihrer Zeit im Friedensdorf durchlief sie fast alle Abteilungen. „Selbst nach so vielen Jahren lerne ich dennoch stets Neues dazu. Es ist spannend zu sehen, wie die Kinder aus verschiedenen Nationen unterschiedlich erzogen sind. Angolanische Kinder sind sehr offen und reden die ganze Zeit, afghanische Kinder kommen meistens aus sehr strengen Elternhäusern, während die Vietnamesen damals recht in sich gekehrt waren“, sinniert sie über ihre Erfahrungen. Somit hätte sie viel Geduld gelernt im Friedensdorf, denn jedes Kind bräuchte ein anderes Pensum an Aufmerksamkeit.
Im Laufe der Zeit betreute sie mehrere tausend Kinder. „Viele dieser Kinder erinnern sich bis heute noch gern an Hong“, so eine langjährige Mitarbeiterin des Friedensdorfes. Ihre Herzlichkeit, aber auch ein gewisses Maß an Strenge würden die Kinder mit Geborgenheit erfüllen.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass es Hong schwer fällt, nach fast 42 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Und auch von außen betrachtet wirkt die agile Frau nicht wie eine Rentnerin. Sie werde regelmäßig vorbei kommen, denn die Arbeit mit den Kindern könne sie nicht ruhen lassen, erklärt sie augenzwinkernd. Hong sei ein Stück Friedensdorf Geschichte, erklärt Thomas Jacobs, Leiter der Organisation. „Seit der Gründung des Friedensdorfes 1967 war sie fast von Anbeginn dabei und hat dabei viele Höhen, aber auch zahlreiche Tiefen im Friedensdorf er- und durchlebt. Und so verabschieden wir sie mit einem lachenden und weinenden Auge, denn sie bleibt uns weiterhin erhalten und danken ihr von Herzen für die Jahrzehnte lange Treue und Unterstützung.“

Autor:

Ana Lange aus Dinslaken

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