Ein Haus für die "Kunst-Gerechtigkeit"?

Das alte Museumsgebäude am Ostwall könnte seiner Tradition entsprechend wieder Heimat für von Nazis verfemter Kunst werden. | Foto: Schmitz
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Für das alte Gebäude am Ostwall gibt es verschiedene Vorschläge zur Nutzung: Von der Idee eines Gründerzentrums für Architekten und Raumplaner der Grünen-Landtagsabgeordneten Daniela Schneckenburger über einen Stadtteilbauernhof der Urbanisten bis zu schon hinlänglich bekannten Überlegungen.

Neu ist ein Ansatz, den der Dortmunder Journalist und ehemalige Sprecher der Universität, Klaus Commer, ins Spiel gebracht hat. Im Bezug auf die Umstände, unter denen die Sammlung Gurlitt publik wurde, denkt Commer über eine ganz spezielle Nutzung des alten Museums nach:

" Die aktuellen Ermittlungen [zur Sammlung Gurlitt und zur sog. 'Raubkunst', d. Red.] finden bislang weitgehend außerhalb der Öffentlichkeit statt. Sie lassen vermuten, dass noch tausende von Kunstwerken unterschiedlicher Genres nicht gefunden sind und dass es für viele Jahre eine Aufgabe bleiben wird, diese Bilder und Kunstobjekte jeder Art neu zu entdecken und ihnen 'Kunst-Gerechtigkeit' widerfahren zu lassen, Dabei geht es nicht nur darum, ihnen einen würdigen Platz in der Kunstgeschichte zurückzugeben, sondern auch zu prüfen, wer in jedem Einzelfall heute als rechtmäßiger Eigentümer ermittelt werden kann und wo Entschädigungen gezahlt werden müssen.

Das Museum am Ostwall kann eine neue Aufgabe bekommen als als Stätte der Organisation und Präsentation dieses Prozesses der Kunstgerechtigkeit. Die aktuell gefundenen und vorerst beschlagnahmten Bilder und Plastiken können hier in Ausstellungen gezeigt und von Experten im Gespräch mit Kennern und Anspruchsberechtigten neu bewertet, entschädigt und rechtmäßigen Eigentümern zurück gegeben werden."

Damit würden sich für das Haus verschiedene Perspektiven öffnen: Das Museum am Ostwall kann unverzüglich für diesen Prozess der Präsentation, Wahrheitsfindung, Neubewertung und erneuten Zueignung der Kunst genutzt werden, Dortmund würde so ein zentraler Ort der Aufarbeitung von Kunst-Gerechtigkeit. "Das Museum wird Kunstfreunde, Experten aus aller Welt anziehen und kann zum Teil dauerhaft, zum Teil wechselnd Ausschnitte aus diesem Prozess öffentlich machen."

Zur Finanzierung meint Commer: "Es ist denkbar, dass einzelne der Kunstwerke auch zu Recht auf Dauer neu gesammelt und als Leihgaben oder Eigentum öffentlich präsent gehalten werden. Wenn das Museum für die beschriebene Aufgabe, neue Kunst-Gerechtigkeit zu schaffen, einen auch nur geringen Teil der neuen Wertschöpfung erhält, ergeben sich daraus Möglichkeiten zum Erwerb des Museums und der Eigenfinanzierung des Projektes durch die Stadt Dortmund oder die künftigen Initiatoren."

Für das Museum am Ostwall sprechen besonders zwei Punkte: Das Haus hat sich bereits ganz kurz nach dem Krieg unter Leonie Reygers mit der Rehabilitation von “Entarteter Kunst” auseinandergesetzt und damit eine wohl einzigartige Tradition in Deutschland, und es kann sozusagen "schlüsselfertig" eingesetzt werden, während anderenorts erst noch für einen solchen Zweck gebaut werden müsste. Zum anderen sieht die geplante Stiftung der Bundesregierung "Deutsches Zentrum Kulturgutverluste" explizit die Unterstützung auch von Privatsammlern und kleineren Museen vor.

Kulturdezernent Jörg Stüdemann, der sich schon seit Jahren um eine neue Nutzung des alten Hauses ("der älteste Museumsstandort im Ruhrgebiet") zum Beispiel als Heim für die kinematographische Sammlung des Filmemachers Werner Nekes bemüht hat, kann der Idee von Klaus Commer durchaus etwas abgewinnen, "zumal die Nazis im Dritten Reich in Dortmund das Propagandainstitut "Haus der Kunst" installiert hatten." Eine Art später Wiedergutmachung, sozusagen. "Der Aushandlungsprozess zu solch einem Haus würde aber wohl länger, sicherlich Jahre dauern."

Schon unter Leonie Reygers wurden etwa die Sammlung Gröpel privat vorfinanziert, so Jörg Stüdemann, der sich selbstverständlich an die Entscheidung des Rates gebunden fühlt.

Wenn sich jedoch eine Mehrheit im Rat für eine solche Nutzung stark machen würde, könnte der Abriss des Hauses abgewendet werden und sogar eine Win-Win-Situation nicht nur für Dortmund entstehen. Voraussichtlich im April will der Rat über das weitere Schicksal des Hauses entscheiden.

Der vollständige Entwurf von Klaus Commer zum Haus der Kunst-Gerechtigkeit findet sich unter http://rettet-das-ostwall-museum.jimdo.com/.

Das alte Museumsgebäude am Ostwall könnte seiner Tradition entsprechend wieder Heimat für von Nazis verfemter Kunst werden. | Foto: Schmitz
In seiner Funktion als Kulturdezernent würde Jörg Stüdemann das ehemalige Museum gern erhalten. | Foto: Archiv
Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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