Unnötige Mehrkosten
DO-Netz untergräbt Wirtschaftlichkeit eines Mieterstromprojekts

Ein ganz normales Mehrfamilienhaus in der westlichen Innenstadt. Mit insgesamt 9 Parteien, teils Mietern, teils Eigentümern.

2020 wurde von der Eigentümergemeinschaft beschlossen, die Stromversorgung des Hauses auf Eigenversorgung umzustellen und dazu auf dem Hausdach eine leistungsfähige Photovoltaik-Anlage zu installieren. Überschlägige Berechnungen ergaben, dass sich die Investition samt Speicher rechnen würde. Der im Rahmen eines Mieterstrommodells erzeugte Strom würde zudem preislich deutlich unter Marktpreisen liegen. Alle Eigentümer und Mieter des Hauses erklärten sich damals bereit, mitzumachen.

Die Anlage wurde im Frühjahr 2021 in Betrieb genommen. Überschüssiger (Solar-) Strom wird über einen Gemeinschaftsanschluss ins Netz abgegeben, und umgekehrt wird gelegentlicher Restbedarf durch Strom aus dem Netz gedeckt. Die energetische Bilanz der Anlage fiel erwartungsgemäß positiv aus: In den ersten 12 Monaten wurde netto mehr Strom ins Netz abgegeben als umgekehrt, damit nebenbei also auch ein Nutzen für die Allgemeinheit geschaffen.

Die Bewohner dachten, sie würden sich damit vorbildlich verhalten. Immerhin wurde (und wird) öffentlich überall für Eigenversorgung auch in Mehrfamilienhäusern geworben. Doch dann kam das böse Erwachen: Der örtliche Stromnetzbetreiber DONETZ besteht darauf, dass der ein- und ausgehende Strom mittels RLM-Messung erfasst wird. Ein Schock – denn dieses Verfahren ist für das Haus mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Statt der angenommenen Grundgebühr von 120-130 € werden pro Jahr mindestens 1.200 Euro an zusätzlichen Grund- und Netznutzungsgebühren anfallen! Und das macht den – überwiegend ja selbstproduzierten – Strom natürlich erheblich teurer. Klar, dass die Hausgemeinschaft darüber sauer ist.

Wozu ist eine solche RLM-Messung normalerweise gut? Sie erfasst am Anschluss den Stromfluss (Lastgang) im Viertelstunden-Takt und meldet das Ergebnis jeweils an den Netzbetreiber. Das heißt über 35.000 mal im Jahr! Auch in diesem Fall. Der Netzbetreiber soll damit in die Lage versetzt werden, Lastbedarfe besser zu überblicken und Netzüberlastungen zu vermeiden. Das wäre durchaus zu verstehen, wenn es denn um Hunderttausende Kilowattstunden im Jahr ginge. Für Gewerbebetriebe mit einem Jahresstromverbrauch von über 100.000 kWh ist die RLM-Messung tatsächlich verbindlich vorgeschrieben. Aber für Mieterstromanlagen dieser Größenordnung (der Jahresbezug aus dem Netz beträgt in diesem konkreten Fall nicht mal 6.000 kWh!) macht dieser Aufwand absolut keinen Sinn - und wird deshalb anderenorts auch selten verlangt.

Das Verhalten von DONETZ in diesem Fall wirkt auf mich wie aus der Zeit gefallen. Statt Ermutigung zu mehr Eigeninitiative bei der Energieversorgung faktische Behinderung durch unnötige Mehrkosten (wir dachten, die Schlachten der 90er und 00er Jahre lägen endlich hinter uns). So wird die DEW-Tochter ihren Aufgaben im Rahmen der Energiewende bestimmt nicht gerecht! Peinlich besonders in einer Stadt, die sich offiziell für eine schnelle Energiewende stark macht und ehrgeizige CO₂-Minderungsziele verfolgt.

Autor:

Heiko Holtgrave aus Dortmund-City

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