Kolumne: Briefmarken in Bissingheim

Bissingheim ist der Standort der Duisburger Bürgerstiftung Briefmarke. Hervorgegangen ist sie aus einem losen Zusammenschluß von Hobbysammlern, die in ihrer Freizeit aus Idealismus, Spaß an der Freude und Liebe zur Briefmarke wahre Schätze zusammengetragen haben. "Als wir uns zusammengefunden haben, waren sogar Gastarbeiter aus der Türkei, Marokko und Ägypten und Flüchtlinge aus Sowjetrußland und Polen dabei," berichtet Bernward-Ferdinand Graf von Bissing, Gründungsmitglied und Besitzer einer umfangreichen wie wertvollen Sammlung. "So haben wir von Anfang an nicht nur Deutschland, sondern auch andere Ländern gesammelt. Grönland, Andorra, San Marino, Vatikan und die Südsee sind zwar noch klein; wir haben aber Mitglieder, die dort regelmäßig Urlaub machen und sich eindecken wollen."

Briefmarkensammeln: Das ist doch etwas für ältere Männer, die an verregneten (Samstag- / Sonntag-)Nachmittagen am Schreibtischen sitzen und sich mit Leselampe, Pinzette und Vergrößerungsglas ihre Sammlung anschauen. In Komödien fragen schüchterne Jungen ihre erste Liebe, ob die hübschen Mädchen nicht die Briefmarkensammlung sehen möchten.

"Alles Klischee," sagt der Südduisburger Landadelige. "Für viele Mitglieder ist Briefmarkensammeln ein Hobby, das viel Freude bereitet, durch Urlaube beispielsweise." Andere Leute betrachten ihre Sammlung als Wertanlage für die Zukunft - "sie haben dann systematisch Länder oder Themen gesammelt."

Um den Status der Gemeinnützigkeit zu bekommen, hat die Bürgerstiftung eine größere Anzahl von Aktivitäten entwickelt. Tauschbörsen, Beratungsstunden ("Gerade afrikanische Länder produzieren doch sehr viele Fälschungen!") und Fahrten zu Ausstellungen sind nur die angenehmsten, weil wenig arbeitsaufwendigen Veranstaltungen.

"Wir haben einen eigenen Raum im Kultur- und Stadthistorischen Museum," berichtet der Graf von Bissing. "Wir stellen dort Marken aus, aber auch Sonderausstellungen zur örtlichen und regionalen Postgeschichte."

Die klassische Verbandsarbeit (wie z. B. Kontakte zu Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden, Interessensvertretung bei weltlichen Einrichtungen) wird zwar nicht geleistet; die Stiftung ist aber in ständigem Kontakt mit der Stadtverwaltung.

"Wir kümmern uns um die städtische Infrastruktur. Es werden zwar immer mehr elektronische Briefe verschickt. Warensendungen, Pakete und Päcken gibt es aber immer noch. Die übriggebliebenen, privaten Poststellen sollten mehr sein als Briefmarkenverkaufstellen und Paketausgabestellen. Inzwischen gibt es in jedem Stadtteil eine Post. Oft ist sie auch ein Schreibwarenladen. Die Hauptpost bietet auf unsere Initiative hin mehr. Dort gibt es einen Stand für Sondermarken. Ein zweiter Stand beitet Sammlerservice. Es gibt einen Bestellservice für ausländische Marken."

Einige Mitglieder betreiben auch fachliche Forschung. Wie sieht die ideale Gummierung aus? Was sind beliebte Motive? Wie sehen die idealen Vertriebswege aus? Wie ermittelt man den Wert einer Sammlermarke? "Zwei unserer Sammler halten Vorträge an der Volkshochschule und schreiben Texte für Zeitungen und Zeitschriften. Sie haben sich so schon einen hervorragenden Ruf erworben."

Eigene Räumlichkeiten hat die Bürgerstiftung nicht. Ihre Mitgliederversammlungen, Treffen und Weihnachtsfeiern führt sie in einem Gesellschaftsraum einer Gaststätte durch. "Für uns reicht das. Wir sind da anders als Dagobert Duck - wir möchten nicht in unserem Reichtum schwimmen. Wir brauchen keine einbruchssicheren Panzerschränke für unsere Schätze aus Papier. Wir sind ja nur engagiert, unbedeutende Ehrenamtler..."

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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