Ziviler Ungehorsam oder Verkehrsrowdytum?

Gefangen auf der A3

Wenden und Rückwärtsfahren auf der Autobahn werden aktuell wieder in der Presse thematisiert und die Polizei droht den "Tätern" mit bösen Strafen bis hin zu Gefängnisaufenthalten.
Aber wie kommt es zu solchen Reaktionen und ist unsere Polizei wirklich so unbeteiligt daran, wie sie tut?

Vor einiger Zeit war ich selbst in einer solchen Situation: Nachts und im Winter waren wir auf der Autobahn 3 zwischen den Abfahrten Solingen und Hilden in einem Stau gefangen. Wir hatten keine Informationen, was passiert war und ob und wann es weitergeht. Es war bitterkalt und die Mädels mussten aufs Klo - was aber wegen der Lärmschutzwände auch "provisorisch" nicht ging. Mit anderen Worten: Wir waren auf der A3 gestrandet.

Nach geschlagenen 3 Stunden ohne jegliche Informationen zockelte ein Polizeiwagen durch die Rettungsgasse neben mir und ich hatte die Chance, den beifahrenden Polizisten anzusprechen. "Ja, ja, weiter vorne sei ein Unfall und man habe alle Spuren gesperrt. Nö, nichts Schlimmes. Hauptsächlich Blechschaden ..."
"Ob man seitens der Polizei denn was tuen wolle? Verkehr ableiten oder so??" fragte ich zurück, erntete aber nur unverständliche Blicke.
"Ich muss aber dringend aufs Klo", seufzte eine unserer Mitfahrereinnen laut und vernehmlich, aber auch ihr Hilferuf verhallte ungehört. Der Fahrer des Polizeiwagens gab Gas und fuhr einfach weiter.

Ich habe dann die Einsatzleitstelle der Polizei im Innenministerium angerufen (ich war im Innenministerium beruflich tätig und kannte die Durchwahl) und die Hintergründe und Dauer der Sperrung erfragt. "Das dauert noch", sagte der Mitarbeiter der Polizei damals. "Dann sorgen Sie, verdammt nochmal, dafür, dass die Autobahnpolizei etwas unternimmt. Entweder uns an der Unfallstelle vorbei leitet oder von der Autobahn ableitet!"
Nur Minuten später kam der Polizeiwagen rückwärts die Rettungsgasse zurückgefahren und ein äußerst mürrisch blickender Polizist blaffte mich an: "Gleich geht´s zurück. Irgendein hohes Tier hat im Ministerium angerufen ..."
Tatsächlich erkläng wenig später eine Durchsage und die Polizei bat uns, vorsichtig zu wenden und die Autobahn über die Zufahrt(!) in Falschfahrt zu verlassen.

Welche Chance hat man als Autofahrer in einer ähnlichen Situation, wenn man die Telefonnummer der Leitstelle nicht kennt? Selbst wenn man, wie ich, kein "hohes Tier" ist?

Wenn sich Niemand kümmert?

Hilft dann nicht nur noch ziviler Ungehorsam?

Autor:

Uwe Kirchberg aus Duisburg

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