Abzocke

Abzocke per Telefon, Terror, Frechheiten, Druck in schriftlicher Form... die Liste läßt sich endlos verlängern.
Bislang haben wir selber nicht allzu viel darunter leiden müssen. Ich kenne es aber zur Genüge von meiner Mutter.
Als sie noch lebte, Jahrgang 1924, wurde sie massiv telefonisch und auch schriftlich bombardiert sowohl von obskuren Unternehmen wie auch namhaften Gesellschaften. "Kind, lies du doch mal, ich weiß gar nicht..."
Sie hatte Abos am Hals, ungenießbare Weine und hoffte auf den sicheren, versprochenen Gewinn eines dicken BMWs ( den sie uns schenken wollte) oder die Reise für zwei in die Türkei ("für euch, Kind!") .
Ich hatte viel damit zu tun, zu lesen, zu widersprechen, zu stornieren. Die Telefonate, selbst mitten in der Nacht, musste sie selber durchstehen.
Schon damals war sonnenklar, dass sie auserwählt war als Opfer, weil sie alt war. Vielleicht auch schon senil und bestimmt auch ängstlich und vor allem gutgläubig.

Jetzt sind wir selber anscheinend alt genug, um in den Fokus der Abzocker zu geraten.
Vor ein paar Tagen ein Anruf von 0180ger Nummer. Ein agressiver Mann überrumpelte meinen Mann.
"...wissen Sie das noch, Herr Wismans?... Haben Sie das vergessen?... Sie haben nicht gekündigt... "
Fast 800 € sollten offen stehen wegen eines nicht gekündigten Abos. Die sollten jetzt eingeklagt werden. Und immer wieder: " Wissen Sie das nicht mehr, Herr Wismans?"

Dann stellte sich heraus, sie wollten die offene Rechnung stornieren, wenn wir ein Gerät bestellen würden, das solche Anrufe abblocken würde.
Und es stellte sich heraus, dass die SKL dahinter steckte.
Mit der wir absolut nichts zu tun haben und hatten.

Jetzt war alles klar. Mein Mann sagte: "Schicken Sie mir die ausstehende Rechnung und alle Unterlagen zu, ich sehe sie durch und gebe sie dann entweder der Polizei oder meinem Anwalt."
Klack.
Ende des Gesprächs. Funkstille.

Gestern Abend läutete das Telefon und kündigte mir "Anonym" an.
Ich meldete mich. Eine Frauenstimme am anderen Ende fragte mich, ob ich Christel Wismans bin und meinen Müll korrekt trenne.
Ich fragte, wer sie ist.
Da sagte die Stimme: "Das geht Sie nichts an."
Ich drückte die AUS-Taste.
Frechheit ohne Manieren. Geht's denn noch besser?

Gestern schrieb mich die Frankfurter Verlagsgruppe an, der ich im vorigen Jahr im Zuge einer Ausschreibung ein Gedicht eingereicht hatte.
Angeblich sollte es auserwählt und in der jährlichen Frankfurter Bibliothek unter zeitgenössischer Lyrik publiziert werden. Nach Möglichkeit sollte ich eines der heißbegehrten Exemplare für schlappe 100,--€ kaufen.
Ich bin nicht Rockefeller.
Ob ich trotzdem in dem Buch vertreten bin? Keine Ahnung.

Gestern bekam ich wieder Post von dem Lektorat des Verlages.
Mein tolles Gedicht war aus etwa 16000 Gedichten auserwählt worden für die Klassikerausgabe Die besten Gedichte.
Ich wollte mich schon freuen.
Dann las ich weiter. Der Autor muss selber 30 Exemplare für den Ladenpreis von je 14,80 abnehmen, bekommt dafür ein einmaliges, pauschales Autorenhonorar von € 50,--. Mit der Aussicht, dass später vielleicht einmal dicke Gelder fließen werden, wenn mein Gedicht hierhin und dahin übernommen wird.
Wenn ich aber bis in zwei Wochen nicht bezahle, wird die für mein Gedicht reservierte Seite anderweitig vergeben.
Das ist Erpressung. Ich werde nicht bezahlen. Was soll ich mit 30 Lyrik-Bänden anfangen? Mich auf den Markt stellen?

Und tschüss!

Schreib ich doch lieber weiter beim Lokal-Kompass.

Autor:

Christel Wismans aus Emmerich am Rhein

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