Soll eine Straße an von Seeckt erinnern?

Die Von Seeckt-Straße soll nach dem Willen einer knappen Mehrheit der zuständigen Bezirksvertreter wieder ihren alten Mädchennamen erhalten, weil ihre Umbenennung im Dritten Reich erfolgt war. M.E. genügt das als Grund nicht, man muss vielmehr fragen, ob auch dann eine Straße nach von Seeckt benannt worden wäre, wenn er in der Zeit der Weimarer Republik gestorben wäre.
Vermutlich hätte auch die Weimarer Republik eine Straße nach von Seeckt benannt, weil er sich um Deutschland sehr verdient gemacht hat.
- Er schuf die Reichswehr als Elitetruppe. Ohne sie hätte die schwache Republik bei den vielen Aufständen kaum bis 1933 Bestand gehabt.
- Er stellte Ende 1923 - vom Reichspräsidenten Friedrich Ebert mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet - im Reich die Ordnung wieder her. Damals wurden von ihm sowohl die KPD als auch die NSDAP verboten.
- Vor allem aber weigerte er sich beim Kapp-Putsch im März 1920, der Reichswehr den Befehl zu geben, den Putsch mit militärischer Gewalt niederzuschlagen ("Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr" bzw "Truppe schießt nicht auf Truppe"). Das ist in meinen Augen sein größtes Verdienst.
Denn was wären die Folgen gewesen, wenn er der Reichswehr befohlen hätte. die in Berlin am Brandenburger Tor aufmarschierten bewaffneten Putschisten anzugreifen? Mit Sicherheit am Brandenburger Tor ein Blutbad. Und mit großer Wahrscheinlichkeit in ganz Deutschland ein Bürgerkrieg, den die Republik möglicherweise nicht überlebt hätte. Denn sowohl die Putschisten als auch ihre Gegner hatten viele bewaffnete Sympathisanten. Es ist nicht einmal sicher, ob alle Soldaten der Reichswehr gegen die Putschisten gekämpft hätten oder ob nicht viele zu ihnen übergelaufen wären.
So musste die Reichsregierung einen anderen Weg finden, um der Putschisten Herr zu werden. Sie rief den Generalstreik aus. Als die Putschisten von Seeckt dagegen um Hilfe baten, lehnte er die Hilfe ab. Die Putschisten gaben nach wenigen Tagen auf.
Daher ist es unverständlich, warum gerade die Grünen sich so sehr über von Seeckt aufregen. Sie haben einmal als Friedensaktivisten angefangen. Dann müssten sie doch eigentlich einem Mann, der Blutvergießen verhindert hat, ein Denkmal setzen!
Noch ein Wort zu dem Vorwurf, von Seeckt sei sich mit Hitler über die Ziele einig gewesen. Was waren denn das für Ziele?
Innenpolitisch wollten die Menschen in Deutschland in den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wieder Arbeit haben und außenpolitisch wollten sie die Fesseln des Vertrags von Versailles zerreißen. Beides versprach ihnen Hitler. Das billigten damals viele Menschen, nicht nur Herr von Seeckt. Die Grünen sollten einmal die großartige Rede von Otto Wels, dem Vorsitzenden der SPD, nachlesen, die er im März 1933 im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz hielt. Otto Wels lehnte den Weg, den Hitler innenpolitisch einschlagen wollte, ab, bot aber Hitler für seine außenpolitischen Ziele ausdrücklich die Unterstützung auch der SPD an.
Festzuhalten bleibt: Die Befürworter der Umbenennung setzen sich mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit in der Bezirksvertretung II nicht nur über den Willen der meisten Anwohner der beiden Straßen hinweg und verursachen unnötige Kosten, sie gehen auch zu wenig behutsam mit der Geschichte um. Hoffentlich zeigen ihnen die Bürger von Rüttenscheid, Stadtwald, Rellinghausen und Bergerhausen am 03.02. die Rote Karte!

Autor:

Helmut Krautschneider aus Essen-Ruhr

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