Fridays for Future und die Atomenergie
Können wir den Atommüll ins All schießen?

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Fridays for Future - die Generation der 16jährigen geht für das Klima auf die Straße. Da kam einem Nachbarn die Idee, dass wir vielleicht die Atomkraft doch wieder aus der "Mottenkiste" holen sollten. Schließlich würden ja in anderen Ländern munter weiter Atomkraftwerke gebaut. Nur das Atom-Müll-Probem, das müsse noch gelöst werden. Die Hoffnung meines Nachbarn ist, dass wir den ganzen Müll doch noch  einfach ins All schießen können.

Seine Idee wurde tatsächlich vor rund 40 Jahren auch von der Wissenschaft in Betracht gezogen. Allerdings, sie wurde auch sehr schnell ad acta gelegt.

Warum?

Eines der Argumente war und ist die schiere Menge des Atommülls. Bis 2010 waren es weltweit rund 300 000 Tonnen. Hinzu kommt der gesamte Abbruchmüll aller riesigen, alten, abgeschalteten Atomkraftwerken, der dann so sehr zerkleinert werden müsste, dass er überhaupt in eine Rakete geladen werden könnte.

Bleiben wir aber bei den bisher veranschlagten 300 000 t Atommüll. Brächten wir sie mit der europäischen Ariane V – Rakete in den Weltraum , würde das 7800 Dollar pro Kg kosten, also 7 800 000 Dollar pro Tonne. 300 000 Tonnen würden also „kleine“ 2 440 000 000 000 Dollar kosten.

Mit der neuen Falcon 9 Rakete des amerikanischen Unternehmens SpaceX kostet das Kg 2630 Dollar, eine Tonne also 2 630 000 Dollar. 300 000 Tonnen Atommüll ins Weltall zu schießen, würde dann „nur“ noch 789 000 000 000  Dollar erfordern. Ein wahres Schnäppchen, nicht wahr?

Aber nicht nur die Kosten lassen die Idee fragwürdig erscheinen.

Die Nutzlast einer Ariane V Rakete beträgt 21 400 Kg. 1402 Raketen wären nötig, um 300 000 Tonnen in das All zu befördern. Überhaupt gebaut und geflogen sind seit 1987 bis heute, also innerhalb von 32 Jahren insgesamt 102 Ariane V Raketen, das macht pro Jahr rund 4 Raketen. Die Produktionskapazitäten für Raketen müssten also um den Faktor 350 erhöht werden, um innerhalb eines Jahres die 300 000 Tonnen Atommüll – mittlerweile befinden wir uns im Jahr 2019, es sind also weitaus mehr als die 300 000 Tonnen im Jahr 2000 – von der Erde zu bekommen.

Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ganz unwahrscheinlich, dass derart viele Raketen gebaut werden, selbst wenn sich die Anzahl dadurch verringern ließe, dass sie, wie von SpaceX geplant, wiederverwendbar wären. Selbst, wenn alle raumfahrenden Nationen sich zusammen tun würden – was angesichts der kommerziellen und militärischen Konkurrenz höchst unwahrscheinlich ist – würde es Jahre dauern, eine derart große Raketenflotte zu bauen, wie sie erforderlich wäre, um den sich ständig weiter anhäufenden Atommüll ins All zu schießen.

Das letzte und entscheidende Argument betrifft die Zuverlässigkeit der Raketen. Sie erreicht bei keinem Raketentyp die 100%, die erforderlich wäre, um Atommüll sicher ins All zu bringen. Selbst die als sehr zuverlässig geltende Ariane V gilt nur zu 99% als zuverlässig. D.H. bei einer von 100 Raketen ist mit einem Fehlstart /Explosion zu rechnen. Bei 1402 erforderlichen Raketen wären das immerhin 14 Raketenunglücke. Würde aber auch nur eine einzige Rakete beim Start explodieren, würde ein sehr großes Gebiet rund um das Abschussgebiet hochgradig verstrahlt werden und bei entsprechender Witterung und Winden die strahlenden Partikel in die weitere Umgebung hineingetragen werden.

Die Hoffnung meines Nachbarn, den ganzen Atommüll im All los werden zu können, entbehrt also jeglicher realistischer Grundlage. Und damit fällt auch sein Vorschlag, die Atomkraftwerke zu reaktivieren.
Fridays for Future muss auch in Zukunft ohne die Atomkraft auskommen. Besser so!

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Autor:

Drs. Pol. (NL) Monika Eskandani aus Essen-Süd

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