Fragen Sie den Arzt zum Thema: Burnout

Professor Martin Schäfer im Gespräch mit einer Burnout-Patientin.
  • Professor Martin Schäfer im Gespräch mit einer Burnout-Patientin.
  • hochgeladen von Dirk Bütefür

„Ich war nur noch ein Roboter mit leeren Akkus“, sagt Michael heute rückblickend. Als Außendienstler hetzte er jahrelang von Kunden zu Kunden. Das Privatleben blieb auf der Strecke und die Arbeit bestimmte das Leben des 59-Jährigen. Warnsignale ignorierte er aus Angst um seinen Arbeitsplatz. Das Ergebnis: ein Burnout. Professor Martin Schäfer, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Suchtmedizin an den Kliniken Essen-Mitte steht den LOKALKOMPASS-Lesern hier Rede und Antwort:
Jeder dritte Deutsche fühlt sich Studien zufolge dauergestresst und ein Burnout ist längst keine Ausnahme mehr. Das psychosomatische Leiden ist ein neues Phänomen unserer leistungsorientierten Gesellschaft.
„Wichtige Anzeichen für einen Burnout sind Schlaflosigkeit, innere Unruhe, ein anhaltender Erschöpfungszustand und Stimmungsschwankungen“, erklärt Professor Martin Schäfer, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Suchtmedizin an den Kliniken Essen-Mitte. „Auch fällt es den Betroffenen schwer, sich zu konzentrieren; Worte fehlen und das Gedächtnis lässt nach. Auf Dauer kann es zu depressiven Verstimmungen und einer immer pessimistischeren Grundhaltung kommen.“
Durch die ständige Anspannung und Arbeitsbelastung fällt es zunehmend schwer, Arbeit, Haushalt und Familie unter einen Hut zu bringen. Der anhaltende Stress wirkt sich auch auf die physische Gesundheit aus - angefangen bei Muskelverspannungen bis hin zu Migräne, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Gastritis oder Magengeschwüren. Darüber hinaus leiden viele unter Ängsten und Panikattacken - alltägliche Abläufe werden immer schwieriger, bis schließlich gar nichts mehr gelingen mag.
Das sind dann oft schon Anzeichen sich entwickelnder Depressionen, die man allein nicht mehr in den Griff bekommen kann.
Burnout-gefährdet sind Menschen, die ihre Ziele zu hoch stecken, dauerhaft ein zu hohes Arbeitspensum
fahren, gar nicht mehr abschalten können. Totale Flexibilität örtlich und zeitlich, zunehmend weniger Sicherheit im Job, erhöhte Belastung durch eine Informationsflut z. B. über die neuen Kommunikationsmedien - Faktoren, die mittlerweile für viele Bestandteil des Lebens sind. Doppelbelastungen durch Familie und Haushalt, chronische Krankheit und schwierige oder in die Brüche gegangene Partnerschaften begünstigen das komplexe Krankheitskonstrukt „Burnout“, das irgendwann in einen Zustand totaler geistiger, emotionaler und körperlicher Erschöpfung mündet.
Prof. Schäfer erklärt: „Die Behandlung eines ‚Burnout‘-Betroffenen beginnt mit einer umfassenden Diagnose. Oft zeigen sich viele Symptome und schwerwiegende Gesundheitsstörungen als Folge- oder Begleiterscheinungen, die zunächst behandelt werden müssen. Die eigentliche Ursache, die Antriebsstörung und der Erschöpfungszustand, bedarf einer langfristigen Therapie. Neben einer Schlafregulation werden in Einzel- und Gruppengesprächen Veränderungsmöglichkeiten erarbeitet und eintrainiert. Bei stärkeren depressiven Syndromen ist auch zur Normalisierung der Stresshormone eine medikamentöse antidepressive Therapie ratsam, die zudem die Stressbelastbarkeit von Körper und Psyche erhöht.
Ergotherapie, Bewegungstherapie, aber auch neuere Techniken wie die Ordnungstherapie, das Achtsamkeitstraining oder die Genussgruppe, in der Menschen ermöglicht wird, wieder genussvoll mit ihren Sinnen wahrzunehmen und zu erleben, helfen nachhaltig dabei, ein neues und gesünderes Gleichgewicht zu schaffen.
„Ich habe mich ganz neu kennengelernt“, sagt Michael rückblickend.
„Heute weiß ich, dass man achtsam mit sich umgehen und einen gesunden Egoismus entwickeln muss, um sich nicht selbst zu verlieren. Ich schaffe mir Freiräume, wenn ich merke, dass ich überfordert bin und tue etwas für mich.“

Autor:

Dirk Bütefür aus Mülheim an der Ruhr

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