Die KILLER

Schöne Bescherung vor dem Leos Brötchencke, Frohnhauser Straße. Seit 3 1/2 Jahren steckt Klaus Leo Zedler mit seinem Geschäft nur in Baustellen. Wie lange er finanziell noch durchhält - er weiß es nicht. Foto: Schattberg
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  • Schöne Bescherung vor dem Leos Brötchencke, Frohnhauser Straße. Seit 3 1/2 Jahren steckt Klaus Leo Zedler mit seinem Geschäft nur in Baustellen. Wie lange er finanziell noch durchhält - er weiß es nicht. Foto: Schattberg
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Traum-Tram-Trassen-Strecke 109 wird zum Albtraum!

Das Eckgeschäft sieht von weitem einladend aus: Leos Brötcheneck, Frohnhauser Straße 127. Macht hungrig. Aber, wie kommt man da ran? Als Autofahrer unmöglich, kilometerlange Absperrungen. Sisyphusarbeit für Radfahrer. Fußgänger? Müssen sich an Barken, Barrieren entlang quetschen. Dann endlich. Der Empfangs-Chef? Nö. Vor dem Geschäft ein Monster-Container. Mahlzeit!

Ende Februar wurde die neue Tram-Trassen Strecke 109 mit viel Prominenz eingeläutet. Wir berichteten. Vertreter der Stadt, EVAG, VRR, Bezirksregierung, Thyssen Krupp lobten in höchsten Tönen das zwei-gleisige 14 Mio. Projekt. Moment! Nachdem sie alle aus ihren vierrädrigen Fahrzeugen gestiegen waren. Doch lange vor ihnen stand Klaus Leo Zedler in seinem kleinen, gut sortierten Geschäft. „Am 1.12.2014 werden es sechs Jahre. Aber ob ich bis dahin noch durchhalte, mit meiner Mutter, die mir hilft, wo sie nur kann…?“

Morgens, ab drei Uhr, werden Brötchen aufgebacken, geschmiert, Frikadellen, Koteletts, Schnitzel gebraten. Um 5.45 Uhr warten die ersten Kunden. Früher viele hungrige Lkw-Fahrer. Die Zeit ist längst vorbei. Wo sollen die in der Riesenbaustelle parken?

Klaus Leo Zedler ist auf Anhieb ein sympathischer Mann. Doch seine Fröhlichkeit weg. Verbittert zählt er auf: „Seit vier Monaten wird die Linie 109 wiederbelebt, zuletzt vor circa 15 Jahren. Der Zeitgewinn für die „Blitz-Bahn“ beträgt drei Minuten! Durch die Baustellen bedeutet das für mich bis zu 70% Einbußen.“

Die Nerven liegen blank. Auch bei seiner Mutter Kornelia Gereit. „Ich finde es empörend, dass ohne Rücksicht auf kleine Geschäftsleute Belange der Stadt ohne Entschädigung durchgesetzt werden. Mein Sohn hat sich aus der Arbeitslosigkeit mit viel Fleiß das Geschäft aufgebaut. Es kann nicht sein, dass er wieder in die Arbeitslosigkeit getrieben wird.“ Zumal den gelernten Gebäudereiniger schon mal ein schwerer Schicksalsschlag traf. Krankheitsbedingt musste er damals ausscheiden.

Feuchte Augen bekommt der 42-Jährige: „Am 1.12.2008 eröffnete ich mein Geschäft.“ Pause. „Immer wieder Baustellen.Vorher die Stadtwerke: Gas-Wasser-Rohre wurden gelegt – 2 ½ Jahre; in fast sechs Jahren 3 ½ Jahre Baustellen.“ Er zeigt er das neue „Highlight“: „Vor drei Wochen wurde vor dem Laden der Riesencontainer gestellt – für Strommasten Linie 109.“

Weiteres Kunden-Verwirrspiel führt er auf: „Die Kreuzung Ecke Schederhof-/Frohnhauser Straße war von Freitag bis Montag wegen Schienenlegung komplett gesperrt. Dafür die Borsigstraße geöffnet. Allerdings nur für drei Tage. Dann wieder dicht. Meine Kunden finden den Weg immer schwerer zu mir.“

Auch Hausbesitzer Theodor T. zeigt sich aufgebracht. „Früher sind wir hier immer absoffen. Der Diergardt-Schulhof war ohne Drainage. Abflussrohre der Stadtwerke über Jahrzehnte verkrustet, Wasser lief nicht mehr durch - dafür in Sturzbächen die Straße runter in unsere Häuser. Jetzt die Riesenbaustelle. Eine enorme Lärmbelästigung. Ich sehe alles als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Denn die Busse waren pünktlich; konnten auch mal eine Umleitung fahren. Aber Straßenbahnen? Passiert etwas, sind die Busse wieder dran.“

Zur mächtigen Geschäftseinbuße von Zedler? „Das ist sehr, sehr traurig. Die hohen Herren nehmen billigend in Kauf, dass er kaputt geht. Stammkunden bleiben weg. Auch bei mir kündigen langjährige Mieter.“

Kopfnicken von Thomas Schmidt. Der 34-Jährige bestätigt: „Zehn Jahre wohnte ich oberhalb der Frohnhauser Straße. Wegen der enormen Lärm-Schmutzbelästigung zog ich weg. Da wird man ja krank.“

Frank Müller arbeitet in der Schederhofstraße bei einer Autoaufbereitungsfirma. Seit vier Jahren macht er „Pause“ bei Klaus Leo. „Mittlerweile trifft sich hier zum Frühstück eine richtig verschworene Gemeinschaft. „Ich kenne nur ewig Baustellen vor seiner Tür. Mal wurden die alten Straßenbahnschienen asphaltiert. Dann Rohre erneuert. Danach Bauarbeiten von Telekom. Jetzt Schienen raus, rein. Kein Plätzchen mehr zum Parken. Hanebüchen!“

Zedler legt nach: „Laut EVAG-Mitarbeiter müssen die Bürgersteige noch gemacht werden. Es kann sein, dass ich dann den Laden auch schließen muss. Die Großbaustelle soll bis Oktober dauern. Ob ich es bis dahin finanziell schaffe…

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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