The Pulse of Europe

Hier ein lesenswerter Artikel von Bettina Peipe, Stadtverordnete für DIE LINKE. im Rat Gelsenkirchen, zum Auftritt der Bewegung "Pulse of Europe" vor wenigen Tagen in Gelsenkirchen.

Eine Nachbetrachtung von Bettina Angela Peipe
Pulse of Europe – wirklich eine Graswurzelbewegung?
Wohl kaum!
Da war sie wieder die Bewegung Pulse of Europe und machte einen Stand in der Gelsenkirchener Innenstadt und dabei wieder die üblichen Verdächtigen von den Grünen, den Jusos, den Falken, der SPD, die immer so gern dabei sind, wenn die Fähnchen geschwungen werden, allerdings ohne groß über Hintergründe informiert zu sein.
Schon während der letzten beiden Europawochen in Gelsenkirchen bot man dieser Initiative zur Aufhübschung des arg lädierten und ramponierten Europagedankens eine Bühne. Offiziell wird diese Initiative immer als „Bewegung von unten für Europa“ dargestellt, es wimmelt nur so vor blauen Europa-Fähnchen und Luftballons und im Hintergrund wabert bei jedem Beethovens Hymne an die Freude im Kopf herum. Aber ist diese „Bewegung“ wirklich das, was sie zu sein vorgibt, oder ist sie nur eine perfekt orchestrierte Leuteverdummungsveranstaltung, ein PR- Gag, also Astroturfing im klassischen Sinne.
Dazu muss man wissen, wer diese „Bewegung“ gegründet hat. Gegründet wurde sie von Mitgliedern einer Frankfurter exklusiven Wirtschaftskanzlei, namens Greenfort, die eine Ausgründung von Freshfields, Bruckhaus und Deringer ist, eine der üblichen überbezahlten Berater- Klitschen, deren Beratung den Steuerzahler gewöhnlich viel Geld kostet.
Dr. Daniel Röder, einer der Gründer, dessen Herz angeblich so überquillt vor lauter Liebe zu Europa denkt dabei vorzugsweise jedoch wohl nicht an Europa, sondern eher an die für seine Kanzlei äußerst einträgliche EU und das sind, obwohl man es nur allzu gern vermengt, zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.
Schon Freshfields ist als einer der größten Player bei den Wirtschaftskanzleien weltweit in unschöne, den Steuerzahler schädigende Machenschaften verstrickt gewesen. Sie betreiben Lobbyismus, schreiben zum Nutz und Frommen ihrer privaten Auftraggeber an Gesetzen mit - haben das auch während der Finanzkrise getan - und sind auch im Bereich „Freihandels“abkommen tätig. Man war beim Toll Collect - Vertrag rührig, stand für Cross Border Leasing und war federführend bei der Ausarbeitung der Rechtskonstruktion ÖPP Deutschland AG, die Kommunen in PPP Projekte hineinschwätzt, tätig.
Aus diesem Umfeld stammt also die Ausgründung Greenfort, in der die Gründer von Pulse of Europe arbeiten. Diese Kanzlei befasst sich man höre und staune mit Private Equity/ Venture Capital, Mergers und Acquisitions, Konzernrecht, Kapitalmarktrecht, Joint Ventures, etc. mit anderen Worten, das sind Leute, deren Geschäftsgrundlage das Plündern von Staaten und der öffentlichen Daseinsvorsorge ist. Die Firma arbeitet als eine der berühmt –berüchtigten Heuschrecken, die Staatshaushalte und Steuerzahler ausnehmen. Und diese sauberen Herrschaften sollen jetzt für ein Europa der Erneuerung stehen? Für ein Europa der Bürger, in dem es keine massiven Demokratiedefizite mehr gibt? Für wie dumm müssen diese Leute die Bürger halten, da sie sich trauen, jetzt mit einer solchen Wir- lieben- Europa-Weichspülnummer um die Ecke zu kommen? Wie sehr müssen solche Leute die Menschen Europas verachten, um das zu wagen.
Aus diesem Grund sind wahrscheinlich auch die 10 Forderungen dieser „Bewegung“ so schön schwammig und wischi-waschi, dass sich jeder daraus das Gewünschte herauspicken kann. Besonderes Gewicht wurde deswegen auch auf die Wahl in Frankreich gelegt, in der es nach Aussagen der „Bewegung“ darum ging: „dass nach den Wahlen pro-europäische Kräfte mehrheitsfähig regieren können.“ Wobei pro-europäisch in diesem Fall hieß, dass man einem Marktradikalen wie Emmanuel Macron das Feld bereitete.
Für Menschen aus solchen Kanzleien würde ein demokratisches Europa bedeuten, arbeitslos zu werden. Solche neoliberalen Wirtschaftskanzleien würden dann schlicht nicht mehr existieren, wenn wir ein demokratisches Europa hätten. Solche Leute haben also keinerlei Interesse an einem Europa der Bürger, sie brauchen zum Überleben ein Europa der Konzerne, deswegen sind ihre „Initiativen“ wie Pulse of Europe auch vollständig unglaubwürdig. Der programmatische Schwerpunkt liegt für die „Bewegung“ somit auch folgerichtig auf der Erhaltung der Europäischen Union als Freihandelszone. Mit Europa hat das nichts zu tun, außer dass man mit dem Begriff „Europa“ besser auf Gimpelfang gehen kann.
Wer sich nämlich hinstellte, um für die Europäische Union in ihrer jetzigen Verfasstheit die Werbetrommel zu rühren, der würde wohl momentan eher mit den berühmten Obama‘schen Mistgabeln empfangen.
Kurz und gut: Bewegungen wie Pulse of Europe sind überflüssig wie ein Kropf, gefühlsduselig, inhaltsleer, dienen der Volksverdummung, der gezielten Begriffsverwirrung und der Bauernfängerei.
So war denn am letzten Sonntag auch nur ein kleines Häuflein Versprengter in der Innenstadt um den Pulse of Europe Stand versammelt, um sich die sonntägliche Erbauung abzuholen und die europäischen Werte hochleben zu lassen, während vermutlich zeitgleich wieder ein paar Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken sind, die sich posthum wohl nicht so sehr für die europäischen Werte erwärmen könnten.
Es gilt bei solchen oberflächlichen Events also immer noch die gute alte Weisheit:
Trau, schau, wem!
Aber Fähnchen- schwingen und Beethoven sind halt so schön - und andernfalls müsste man womöglich noch über Politik reden und das ist ja – igittigitt!
Erich Kästner lieferte zu derartigen Veranstaltungen einen unübertroffenen Kommentar:
Was auch immer geschieht:
Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!

Autor:

Brunhilde Michaelis aus Gelsenkirchen

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