Ein Hotel der besonderen Art

Ali Imram, Nadine, Marcel, Ozan, Salim Can, Martin, Kevin und Aljoscha präsentieren stolz ihr Werk mit ihren Projektbegleitern Hans-Jürgen Meissner und Thomas Brysch. Fotos: Silke Sobotta
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GE. „Ein Hotel ist ein Beherbergungs- und Verpflegungsbetrieb für Gäste gegen Bezahlung“, erklärt wikipedia und eigentlich weiß jeder, was mit dem Begriff „Hotel“ gemeint ist. Aber was soll denn ein Insektenhotel sein? Zahlen die Sechs- und Mehrfüßler auch dafür?

Von Silke Sobotta

Der Garten- und Landschaftsbauer Thomas Brysch, kann das Rätsel schnell lösen: „Ein Insektenhotel ist ein Quartier für solitär lebende Insekten. Damit meint man einzeln lebende, also nicht in Staaten oder Völkern lebende Insekten. Das können Wildbienen, Hummeln, Ohrwürmer oder Florfliegen sein oder ähnliches, die hier ihre Eier ablegen.“
So weit, so gut. Aber wie kommen SchülerInnen der Förderschule für geistige Entwicklung an der Hansastraße auf die Idee, ein Insektenhotel zu bauen?
„Die Idee kam von der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen, die das Projekt ‚Zurück zur Natur‘ als Mikroprojekt aus Mitteln der Aktion ‚Stärken vor Ort`des Europäischen Sozialfonds für Deutschland ins Leben rief“, erläutert Michael Hannrath-Hanasek, Geschäftsführer der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen.
„Wir sind jetzt seit einem guten Jahr Pächter dieser Parzelle im Kleingartenverein Bulmker Erlenkamp und die Schülerinnen und Schüler haben bisher schon sehr gut bewiesen, dass sie viel Freude an der Arbeit hier haben. Denn der Garten war bei der Übernahme sehr verwildert und musste zunächst strukturiert und neu angelegt werden“, schildert Schulleiter Josef Schaper von der Hansaschule.
Dank Mitteln aus dem Stadtteilerneuerungsprogramm Gelsenkirchen Süd-Ost konnte die Schule die Parzelle nicht nur pachten, sondern auch mit Pflanzen bestücken. Heute, nur ein Jahr später, findet man dort mehrere Hochbeete mit Gemüse, junge Obstbäume, Gemüsebeete und eben auch das Insektenhotel. „Menschen in Bewegung bringen“ lautet das Motto unter dem die Finanzierung steht und es funktioniert, wie die Besuche der Lebenshilfe, der Caritas und vieler anderer Einrichtungen in dem Schul-Garten beweisen.
„Die Schülerinnen und Schüler durchlaufen in ihrer Schullaufbahn auch eine Berufspraxis-Stufe, dabei können sie wählen zwischen Technik, Hauswirtschaft und eben Garten- und Tierpflege. Dazu passt dieser Kleingarten natürlich ganz wunderbar und auch das Insektenhotel. Darum war ich von der Idee der Ehrenamtsagentur gleich angetan“, freut sich der Schulleiter.
Denn sein Ziel ist es, seine Schüler zu qualifizieren für ein Berufsleben in den für Menschen mit geistiger Behinderung bestehenden Werkstätten, aber auch in sozialversicherungspflichtigen beschäftigungen. „Der Integrationsfachdienst ist sehr aktiv und sucht Arbeitsplätze für unsere Schüler und es gibt auch schon jede Menge Praktikumsplätze im Pflegebereich, der Gastronomie und sogar auf dem Bau. Aber es wäre wünschenswert, dass es noch viel mehr Arbeitgeber gäbe, die eine wiederkehrende Struktur und feste Ansprechpartner für die jungen Leute bieten könnten“, wünscht sich Josef Schaper.
Beeindruckt von dem, was die Schüler in Sachen Insektenhotel geleistet haben, zeigen sich auch die Projektbegleiter Thomas Brysch und Hans-Jürgen Meissner, der früher selbst am Jugendamt tätig war und in seinem Ruhestand immer wieder gern mit jungen Leuten arbeitet.
„Für uns war diese Zusammenarbeit eine neue Erfahrung, wie ich zugeben muss. Aber sie hat sehr viel Spaß gemacht. Schon die ersten drei Stunden, die wir in der Schule verbracht haben, um Ideen der Schüler zu sammeln und ein Modell des späteren Insektenhotels zu entwerfen, haben uns begeistert“, erzählt Meissner.
Dem kann Brysch nur zustimmen, denn seiner Ansicht nach decken sich die damit gemachten Erfahrungen überhaupt nicht mit der sonstigen Wahrnehmung, dass sich Jugendliche nicht für Natur interessieren.
Und Hans-Jürgen Meissner und Thomas Brysch nehmen auch eine neue Erfahrung mit aus dem Projekt: „Man muss vor allem Geduld haben, das ist ganz wichtig. Aber umso schöner ist es dann, wenn sich die jungen Leute, die unterschiedliche Behinderungsgrade haben, gegenseitig helfen. Auf diese Weise konnte jedes nötige Werkzeug zum Einsatz kommen, ohne dass irgendetwas dabei passiert ist, weil einfach jeder auf jeden geachtet hat.“
Zum Abschluss des Projektes erlebten elf von 13 beteiligten SchülerInnen einen spannenden Tag, zu dem die Ehrenamtsagentur eingeladen hatte. „Wir waren heute morgen schon bei Thomas Brysch zu Hause und haben seine Imkerei besucht. Anschließend haben die Jugendlichen die Trendsportanlage auf Consol und die Ausstellung Thiel besucht. Das passte ja auch gut, denn dort gibt es jede Menge Exponate zum anfassen und begreifen im wahrsten Sinne des Wortes. Nun sind wir hier und präsentieren den Medien das neue Insektenhotel und die Schüler erhalten ein Zertifikat über ihre Teilnahme am Projekt ‚Zurück zur Natur‘. Gleich geht es noch weiter zum Integrationszentrum der Awo an der Paulstraße, wo den Schülerinnen und Schülern ihre Lieblingsspeise Pizza serviert wird“, freut sich ein begeisterter Johannes Mehlmann, Geschäftsführer der Ehrenamtsagentur, über eine gelungene Idee und ein tolles Projekt.

Ali Imram, Nadine, Marcel, Ozan, Salim Can, Martin, Kevin und Aljoscha präsentieren stolz ihr Werk mit ihren Projektbegleitern Hans-Jürgen Meissner und Thomas Brysch. Fotos: Silke Sobotta
Jennifer freute sich über ihr Zertifikat über die Teilnahme am Projekt.
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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