Jazz-Papst Rolf Wagemann: Mit 68 Jahren ist nochlange nicht Schluss

Eine Vinylscheibe mit Historie: Zu den ersten Jazz-Tagen im Revier ließ der Jazz-Papst eine LP pressen, die auch durch ihr äußeres Erscheinen beeindruckt. Foto: SiSo
4Bilder
  • Eine Vinylscheibe mit Historie: Zu den ersten Jazz-Tagen im Revier ließ der Jazz-Papst eine LP pressen, die auch durch ihr äußeres Erscheinen beeindruckt. Foto: SiSo
  • hochgeladen von silke sobotta

Den wohlverdienten beruflichen Ruhestand genießt der Gelsenkirchener Jazz-Papst Rolf Wagemann schon seit einigen Jahren, in Sachen Jazz bleibt er aber weiter aktiv, auch wenn die 30. Jazz-Tage im letzten Jahr eigentlich seine letzten gewesen sein sollten.

Ein Grund für Wagemanns „Verlängerung“ ist sicher auch die Tatsache, dass der von ihm ins Leben gerufene „Hot House Jazz Club“ in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert. Der Jazz lässt ihn einfach nicht los.
Und das im wahrsten Sinne, denn bereits jetzt kurz nach dem Jahreswechsel fragen die ersten Bands schon wieder bei ihm an und erkundigen sich, was mit den Jazz-Tagen ist und wann sie in Gelsenkirchen stattfinden werden. „Ich bin nun mal der Ansprechpartner für die Bands aus England, Schweden, Niederlanden und Deutschland. Sie nutzen gern ihre Tourneen zu einem Gastspiel in Gelsenkirchen. Andersherum wären die Jazz-Tage aber auch gar nicht denkbar, wenn die Bands nicht im Rahmen ihrer Tourneen hier spielen würden, denn ansonsten wären sie unbezahlbar“, erklärt Wagemann.
Dabei ist der Gelsenkirchener eigentlich schon vor einiger Zeit ein wenig in das zweite Glied zurück gegangen und hat das Zepter der Jazz-Tage in die Hände der Stadtmarketing-Gesellschaft übergeben. Allerdings möchte die städtische Tochter nicht als Veranstalter auftreten und so steht Wagemann doch wieder an der Front.

Vom 31. August bis 2. September wird es jazzig

„Eigentlich wollte ich das nicht mehr, aber bevor die Jazz-Tage gar nicht stattfinden, würde ich weiter machen, wenn man mir einen Helfer an die Seite stellt, der sich der Dinge annimmt, die ich in meinem Alter nicht mehr leisten kann. Zum Beispiel auf dem Boden rumkriechen und Kabel miteinander verbinden“, lacht der rüstige 68-Jährige. Der Termin für die Jazz-Tage steht auch schon, und zwar finden sie in diesem Jahr vom 31. August bis 2. September statt.
Sein Wunsch wäre, dass er in diesem und dem nächsten Jahr noch enger mit der Stadtmarketing zusammenarbeiten könnte und diese dann in zwei Jahren, wenn Wagemann mit dem 70. rundet, das Zepter komplett übernimmt. „Es müsste ja auch nicht mehr unter Jazz-Tage laufen. Es könnte ja auch eine Musiknacht oder ein Musikfestival daraus werden, weil die Jazzer der alten Garde ja auch langsam aussterben. Die Hauptsache ist aber, dass etwas passiert in Gelsenkirchen, das den Menschen Spaß macht und sie hier in der Stadt hält.“

Der „Hot House Jazz Club“ feiert den 30.

Ehe der altehrwürdige „Hot House Jazz Club“ am 24. März seinen 30. Geburtstag feiert, sind dort schon am Samstag, 27. Januar, ab 19.30 Uhr „Boogie Connection“ aus Freiburg zu Gast und am Samstag, 24. Februar, wird der New Orleans Jazz of Mardi Grass mit der "New Orleans Jazz Band" aus Köln als verspäteter Karneval gefeiert.
Für den 30. Geburtstag hat sich der Jazz-Papst etwas ganz Besonderes ausgedacht: Dann ist mit der „Old Merry Tale-Jazzband“ aus Hamburg genau die Formation zu Gast, die vor 30 Jahren auch zur Premiere des Jazz-Clubs musiziert hat. Damals begeisterten sie ihr Publikum mit ihrem Klassiker aus dem Jahr 1961 „Am Sonntag will mein Süßer mit mir Segeln gehn“ und wer hätte das gedacht: Der Oldie gehört heute noch zum Repertoire der Band. Ein echtes Déjà-vu für alle Jazz-Fans.

Aus der Klamottenkiste des Jazz-Papstes

Wenn Rolf Wagemann mit seinen dicken Fotoalben und Erinnerungsstücken antritt, dann lebt ein Stück Stadtgeschichte auf. „Mir lag immer an erster Stelle die Stadt Gelsenkirchen am Herzen. Das war die Intention für die Jazz-Tage und ebenso für den 'Hot House Jazz-Club'. Und dafür habe ich mich gern engagiert“, berichtet Wagemann. So hat er passend zu den ersten Jazz-Tagen im Revier im Jahre 1988 eine eigene LP pressen und eine Musikkassette aufnehmen lassen. Die Jazz-Tage im Revier schafften es zehn Mal ins Fernsehen und waren unter anderem im WDR, ZDF und auf RTL zu sehen.
Er holte Stars wie Fats Domino, B.B. King und Ray Charles nach Gelsenkirchen und wurde für sein Engagement um den Jazz im Jahre 1995 zum Ehrenbürger der Stadt New Orleans ernannt. In Gelsenkirchen wurde er mit dem CDU-Bürgerpreis, dem City-Bürgerpreis der Stadt und der Verdienstmedaille ausgezeichnet.
Von 1995 bis 2015 veranstaltete er alljährlich ein Jazz-Festival auf Mallorca, der Lieblingsinsel der Deutschen.
Und all das ist eigentlich zurückzuführen auf einen Schicksalsschlag, der den kleinen Rolf im zarten Alter von neun Jahren ereilte, als seine Mutter verstarb. Sein älterer Bruder war bereits auf der Zeche, sein Vater als Handwerker tätig und keiner von beiden hatte groß Zeit um sich um den Kleinen zu kümmern.
Rolf Wagemann machte das Beste daraus, schloss sich den Pfadfindern an, genoss die Lagerfeuerromantik und lernte dafür das Gitarrenspiel. Mit 18 gründete er die Band "German Tramps" und absolvierte Konzerte, um ein Taschengeld dazu zu verdienen.
„Als die 'German Blue Flames' im Hans-Sachs-Haus aufgetreten sind, hat Hans von der Forst eine Vorband gesucht und die durfte gern auch aus Gelsenkirchen sein. Dabei stieß er auf uns, die German Tramps. Was er nicht wusste war, dass wir uns vorgenommen hatten den Blue Flames die Show zu stehlen. Wir haben extra geprobt und uns von Profis beraten lassen“, erinnert sich Wagemann noch immer mit einem verschmitzten Lächeln.
Mit 22 Jahren hängte er sein Musikequipment an den Nagel oder besser: Er machte es zu Geld. Denn er plante eine Familie zu gründen und war nicht bereit seine Wochenenden und Freizeit der Musik zu opfern.
Im Rückblick ist sich der Gelsenkirchener sicher: „Ich glaube, dass ich es richtig gemacht habe. Denn inzwischen bin ich seit 39 Jahren verheiratet, habe zwei tolle Kinder und zwei glückliche Enkel. Der Musik bin ich und sie ist mir ebenso treu geblieben, nur, dass ich nicht mehr selbst spiele, sondern sie organisiere. Damit kann ich leben, ganz verzichten könnte ich nicht auf die Musik.“ 

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

12 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.