Volkstrauertag: Erinnerung und Mahnung

Das düstere Novemberwetter passte gut zum stillen Gedenken, das am Volkstrauertag viele Halterner zu den Mahnmalen der Seestadt führte. Die nach den Jahren verblassende Erinnerung an die Toten der Weltkriege wurde dabei durch neue Tragik ergänzt und gab dem Gedenktag eine erschreckende Aktualität.

"Die Toten brauchen keine Fahnen, sondern unser Gedächtnis“ zitierte Bürgermeister Bodo Klimpel den spanischen Autor und Widerstandskämpfer Jorge Semprún. Rund um das Ehrenmal an der Römerstraße hatten sich Menschen in dunkler Kleidung oder Uniform versammelt, die den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gedenken wollten. Vertreter aus Politik, Kultur und den Halterner Vereinen waren unter den Anwesenden. Der Bürgermeister hatte bereits in der Einladung zu der zentralen Gedenkfeier sehr deutlich gemacht, dass am Ehrenmal kein Platz für Revanchismus oder antidemokratisches Gedankengut war.

"Bis heute fehlen uns die Worte, um das Grauen zu ermessen, das die Vernichtungsstrategie der Nazis über die Menschen brachte. Bis heute ist es kaum fassbar, was Menschen damals ertragen mussten und wie viele um ihr Leben betrogen wurden", betonte Klimpel und würdigte so die Opfer des Nationalsozialismus. Ein Thema, dem man sich auch in der Seestadt stellen muss: "Auch Menschen aus Haltern sind von den Nazis vertrieben oder ermordet worden. Der braune Mob kannte auch hier keine Grenzen", so der Bürgermeister. Er erinnerte an die tausendfachen Morde an Juden, Homosexuellen, Behinderten, sogenannten "Zigeunern", politisch Andersdenkenden und anderen Menschen, die von den Nazis verfolgt wurden.

Auch dem Andenken an die Gefallenen der Kriege, an die Bombenopfer und Vertriebenen zollte Klimpel seinen Respekt. Hier wurde deutlich, dass das über die Jahrzehnte immer mehr ritualisierte Gedenken an die Kämpfer des Ersten und Zweiten Weltkrieges nun wieder um ein neues Kapitel erweitert werden muss. Mit Blick auf den Einsatz in Afghanistan betonte der Bürgermeister, dass es auch nun wieder Gefallene, Kriegsversehrte und traumatisierte Soldaten gebe. "Angesichts dieser Folgen des Kriegseinsatzes haben die Soldaten und ihre Angehörigen unsere Solidarität verdient", so Bodo Klimpel.

Schließlich warnte der Bürgermeister auch davor, Ewiggestrige könnten Gedenktage wie den Volkstrauertag für ihre Zwecke missbrauchen. Es gebe Menschen, so Klimpel, "die lieber Fahnen schwingen als auf die Botschaft der Toten zu hören". Ausdrücklich lobte er Menschen, die gegen Rassismus und Fremdenhaß einstünden und "für eine tolerante, eine bunte Gesellschaft eintreten".

Mit einer Mahnung für Frieden, Demokratie und Menschenrechte schloss Bodo Klimpel seine Rede. Mit Kranzniederlegungen und stillem Gedenken wurde die ernste, aber auch heute noch wichtige Veranstaltung beschlossen.

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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