en-reporter im Hattinger Amtsgericht
Traurig: 4-Jährige muss im Gericht Verurteilung ihrer Mutter miterleben

Eine 24-Jährige wurde heute vom Hattinger Schöffengericht wegen gewerbsmäßigen Betruges in acht Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Ihr Lebenspartner wurde freigesprochen.

Das Urteil schien die Angeklagte nicht sonderlich beeindruckt zu haben, denn draußen vor dem Gerichtsgebäude zeigte sie sich am Ende des heutigen Strafprozesses recht gut gelaunt.
Zuvor war sie mit ihrem 22-jährigen arbeitssuchenden Lebenspartner in Begleitung ihrer zwei gemeinsamen Kinder im Gerichtssaal erschienen. Ob das Mitleidsstrategie war oder ob wirklich keine Betreuungspersonen den Kindern den Auftritt ihrer Eltern vor den Strafrichtern ersparen konnte, blieb ungeklärt.
Staatsanwalt Björn Kocherscheidt beschuldigte die Hattingerin und ihren Lebenspartner, im Zeitraum März bis Juni 2020 bei 8 Betrugstaten Waren auf einer Internetplattform angeboten, dafür Gelder kassiert, die Waren aber nicht geliefert zu haben.

Rechtsanwalt Steffen machte "reinen Tisch"

Strafverteidiger Peter Steffen machte direkt zu Beginn der Hauptverhandlung „reinen Tisch“. „Meine Mandantin räumt die ihr zu Last gelegten Taten vollumfänglich ein“, sagte er. „Sie bedauere ihre Betrügereien in einer schwierigen Lebensphase, von denen ihr Lebenspartner allerdings nichts gewusst hat, obwohl die Geldbeträge seinem Konto gutgeschrieben wurden“, sagte der Rechtsanwalt.
Auf konkrete Nachfragen von Richter Johannes Kimmeskamp räumte dann der ebenfalls angeklagte Partner der 24-Jährigen ein, sich nie um finanzielle Angelegenheiten zu kümmern, das mache alles seine Freundin, die auch Vollmacht über sein Konto habe. Auch die regelmäßig per Post zugestellten Kontoauszüge seines Kontos habe er nicht angeschaut, obwohl er den ganzen Tag zuhause sei.
Strafverteidiger Tim Salewski plädierte daher am Ende der Beweisaufnahme auf Freispruch für seinen Mandanten, der nur durch Nutzung dessen Kontos durch die Angeklagte „ins Geschehen“ eingebunden wurde.
Und so hatte die Angeklagte auf einer „Internetplattform“ Babyartikel, Nahrungsergänzungsmittel sowie Spielzeugfiguren angeboten und dafür Geld erhalten, überwiegend kleine Beträge zwischen 35 und 110 Euro. Nur geliefert wurden von ihr die Waren nicht.
„Ich habe geheult, als ich merkte, dass ich auf eine Betrügerin reingefallen bin“, sagte eine 30-jährige Geschädigte zum en-reporter. Sie hatte allerdings Glück und erhielt ihr Geld zurück. Zuvor hatte die Angeklagte im März dieses Jahres, nachdem die Anklage bereits zugestellt war, mit ihr einen Deal absprechen wollen: Rücknahme der Strafanzeige gegen Geld zurück. Aber das war zu spät.
Und dann hatten die beiden Strafverteidiger, Rechtsanwalt Peter Steffen und Tim Salewski und Staatsanwalt Björn Kocherscheidt noch unterschiedliche Auffassungen, ob die acht Betrugstaten gewerbsmäßiger Betrug waren oder nicht, denn die Beträge waren ja nicht hoch. Um es kurz zu machen, bejahten die drei Richter*innen des Schöffengerichtes mit ihrem Urteilspruch die Gewerbsmäßigkeit aller angeklagten Betrugstaten. Gewerbsmäßiger Betrug wird höher bestraft.
Für die 24-jährige Angeklagte beantragte der Staatsanwalt für die 8 Betrugstaten an Einzelstrafen insgesamt 56 Monate Freiheitsstrafe, die er zu einer Gesamtstrafe von 18 Monaten zusammenfasste und diese für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt beantragte; zusätzlich eine Widergutmachung an die Geschädigten.
Strafverteidiger Peter Steffen beantragte tat- und schuldangemessen für seine bereits vorbestrafte Mandantin eine milde Bewährungsstrafe und war sich sicher, dass diese keine weiteren Straftaten begehen würde.
Nach längerer Beratungszeit verkündete dann Richter Johannes Kimmeskamp das Urteil des Schöffengerichtes für die Angeklagte: 14 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, Unterstellung an eine Bewährungshelferin, Erstattung der Beträge an die Geschädigten sowie straffreier Lebenswandel. Der Partner der Angeklagten wurde freigesprochen.
In seiner Urteilsbegründung erwähnte der Strafrichter, dass bei der Angeklagten nicht nur während der Betrügereien der Überblick verloren ging, sondern dass auch Vorsatz und kriminelle Energie vorgelegen habe.
Gegen das Urteil können noch innerhalb einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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